EGOciety – 365 DAYS | 365 SHORT POEMS | 365 VIDEO BLINKS
A work-in-progress video art diary by Ina Kutulas, Hanna von Beeskov and Asteris Kutulas
EGOciety | Ina, Hanna and Asteris, the three main protagonists of EGOciety, merge their individual diaries into a video manifesto of subjectivity.
Ina writes a tristichon – a three-liner – every day for a year, 365 short poems in total, while Hanna and Asteris record their impressions on film every day. All three are self-confessed creative egoists, nervous and restless, each for himself, each in company. Walking down the street, crossing squares, working at the table and in the sky, sound material, plastic, rice, Immortelle, screen, housewares, plaster, sleep, acrylic, fibers, scissors, spray, liquid … control room door.
Not a well-rehearsed team moving through the months, weeks and days, through changes of weather, light and mood. Each in their own space, but all three in Berlin, the city where they express themselves and where their individual artistic languages permeate and connect with each other.
EGOciety | A poetry-movie-installation with 365 video blinks on 365 short poems (German, English & Greek versions)
The common, invisible point of the EGOciety project is like something out of a fairy tale: The three gather, stick three knives into a tree stump, walk away, and when one or another of them returns, the knife blades are shiny or rusty. The process involves selective reassurance of each other, otherwise the three scatter in all four directions, in all four seasons, in the United States of Love.
EGOciety – the very own thing, the relationship box, the power room of existence and being here.
CREDITS Poems by Ina Kutulas Concept by Asteris Kutulas Films by Hanna von Beeskov & Asteris Kutulas Directed by Asteris Kutulas & Hanna von Beeskov
Many thanks to WestBam, Georgios Kolios, Achilleas Gatsopoulos, Malvina Lorida, Marcell Besir, Patrick Barleben, Mike Geranios, The Greek Film Festival in Berlin and many others
THE GREEK FILM FESTIVAL IN BERLIN work-in-progress preview: 21.-23.3.2024 | 6pm to midnight | Babylon, Mirror Room, Rosa Luxemburg Square, Berlin
EGOciety – 365 Video-Blinks mit 365 Kurzgedichten für alle und niemand
Ina fängt seit mehr als einem Jahr ihre ganz persönlichen Impressionen eines jeden Tages in lyrischen Tristichen und in Bildern ein. Hanna fotografiert, filmt und plastiziert ebenfalls täglich, genauso wie Asteris Tag um Tag fotografiert, filmt, schneidet, designt, produziert, schreibt.
Alle Drei bekennende schöpferische Egoisten, nervös und rastlos, täglich unterwegs, jeder für sich, jeder in Gesellschaft. Wege-Gehen, Straßen-Ablaufen, Plätze-Überqueren, Arbeit am Tisch und am Himmel, Klangmaterial, Kunststoff, Reis, Immortellen, Bildschirm, Homeware, Gips, Schlaf, Acryl, Fasern, Schere, Spray, Liquid … Regieklappe Zimmertür.
Kein eingespieltes Team, das sich hier durch alle Monate, Wochen, Tage bewegt, durch Wetter-, Licht- und Stimmungswechsel. Jeder in seinem Aktionsraum, doch alle Drei in Berlin, in der Stadt, in der sie sich ausagieren und ihre individuellen Kunst-Sprachen sich durchdringen und miteinander verbinden lassen. Permanente Anfremdungen und Versammnisse.
Was der gemeinsame, unsichtbare Punkt bei diesem Work-In-Progress-Projekt ist, das mutet an wie in einem Märchen: Die Drei versammeln sich, stecken drei Messer in einen Baumstumpf, gehen fort, und wenn eine oder einer von ihnen dorthin zurückkehrt, glänzen die Messerklingen oder sie sind rostig. Der Prozess beinhaltet das punktuelle Einander-Rückversichern, ansonsten verstreun sich die Drei in alle vier Himmelsrichtungen, in allen vier Jahreszeiten, in den United States of Love.
EGOciety – das ganz eigene Ding, die Beziehungskiste, der Kraftraum des Daseins und Hierseins.
EGOciety by Ina Kutulas, Hanna von Beeskov & Asteris Kutulas
Many thanks to WestBam, Georgios Kolios, Achilleas Gatsopoulos, Malvina Lorida, Marcell Besir, Patrick Barleben, Mike Geranios, The Greek Film Festival in Berlin and many others
Niki Eideneier: Asteris und Ina Kutulas: Die Horen, „Ich suche nicht, ich finde“ – Sogar dann, wenn Griechenland verloren zu sein scheint (fotopedia.de)
Jeder, der sich auch nur elementar für die neugriechische Literatur und allgemein für die neugriechische Kultur interessiert, dürfte wissen, wer Ina und Asteris Kutulas sind und was ihr Beitrag zur Verbreitung derselben im deutschsprachigen Raum, im Osten wie im Westen dieses Landes, bedeutet: Übertragungen und Nachdichtungen von zeitgenössischen Klassikern, aber auch von jüngeren, die es noch werden könnten, Essays und Beiträge in renommierten Zeitschriften, Organisierung von Lesungen und Diskussionen mit Musikbegleitung – unvergessen die poetische Nacht des Gedenkens an Jannis Ritsos zu seinem 100. Geburtstag im b-Flat in Berlin – erstklassige Konzerte mit und von Mikis Theodorakis und Maria Farantouri und anderen berühmten Interpreten oder das monumentale Buch: „Mikis Theodorakis, Ein Leben in Bildern“, Filme über Theodorakis und über Jannis Ritsos, und das Filmskript zu „Recycling Medea“, ein Projekt, das 2013 realisiert wurde, und, und, und …
Doch die Zusammenstellung der Texte für die Anthologie mit dem vielsagenden Titel: „Sogar dann, wenn jeder Himmel fehlt – Auf der Suche nach einem verlorenen (Griechen) Land“ als 249. Band der „Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik“ die horen (Wallstein Verlag 2013) ist eine Errungenschaft der beiden und ein besonderes Ereignis.
Die Zeitschrift die horen wurden 1795 von Friedrich Schiller gegründet und nach den Töchtern von Zeus und Themis (Göttinnen der Jahreszeiten) genannt: Thalia, Göttin des Blühens, Auxo, Göttin des Wachsens, Karpo, Göttin der Früchte; nach Hesiod: Dike (Gerechtigkeit), Eunomia (Ordnung) und Eirene (Frieden). Die Zeitschrift erschien bis 1798 drei Jahre lang. 1955 wurden die horen von Kurt Morawietz in Hannover neu gegründet.
Bereits dreimal haben sich bis jetzt „die horen“ mit der neugriechischen Literatur und deren Autoren intensiv beschäftigt, sowohl in Krisen- als auch in Hoch-Zeiten Griechenlands. Das erste Mal mit einer Doppel-Edition: Griechenland I+II (Band 86/87 – 1972), also während der Junta Diktatur 1967-1974, ab dann sporadisch mit einzelnen Beiträgen; das zweite Mal mit dem Titel: „Rückkehr und Ankunft – Griechische Literatur aus zwei Jahrhunderten“, ausgewählt von Niki Eideneier und Torsten Israel, zusammengestellt vom Herausgeber Johann P. Tammen im Jahr 2001, als Griechenland Ehrengast der Internationalen Frankfurter Buchmesse gewesen war. Zwei Jahre später, 2003, kam erneut ein zweisprachiger dt./gr. Lyrikband: „Atmen lang von Babel her – Poesie aus Griechenland“, in der Reihe vis-à-vis – Blicke zum Nachbarn, herausgegeben von Gregor Laschen, und übersetzt von deutschen Dichtern nach einer Interlinear- Übersetzung und mit einem Nachwort von Torsten Israel. Und nun, 2013, zu Zeiten der höchsten ökonomischen und moralischen Krise des Landes, dieser Band, – die Zeitschrift befindet sich im 58. Jahrgang – in der Redaktion des jetzigen Herausgebers Jürgen Krätzer. Der Band kann sich stolz schätzen: „Literatur, Kunst und Kritik“, die Intentionen der Zeitschrift sehen sich hier voll erfüllt. Dreißig – wenn ich richtig zähle – griechische Dichter und Prosaschriftsteller, vom ältesten, Konstantinos Kavafis, geb.1863 in Alexandria/Ägypten, bis zum jüngsten, Jazra Khaleed, geb. 1979 in Grosny/Tschetschenien, und ihre vielen Übersetzer, elf Essayisten und ein Künstler, Ilan Manouach, mit seinen provokant-aktuellen Tuschzeichnungen (geb. 1980 in Athen).
Im Zentrum der globalen Einsamkeit
Der Band ist thematisch in zehn Kapitel gegliedert: 1) Das griechische Gen der Selbstzerstörung; 2) Immer aufs Neue der Untergang; 3) Und frei meine Seele, ohne Scheu … Kavafis zum 150 Geburtstag; 4) Die inwendige Seite – Maria Polydouri und Kostas Karyotakis; 5) Weil die Statuen keine Relikte mehr sind; 6) Hochgemute Nachrichten aus einer fernen Zeit – Verbannungsinsel Makronisos 1948-50; 7) Eine andere Art von Rückkehr – Die Generation der Niederlage; 8) Kaffeehäuser und Kometen nach Mitternacht; 9) Durch transparentes Dunkel; 10) Im Zentrum der globalen Einsamkeit. Verstreut am Anfang oder innerhalb der Kapitel die Zeichnungen von Ilan Manouach, der auch für das Titelblatt zuständig war, wie ein Spiegel der Worte. Dazu kommt eine ausführliche Einleitung von Asteris Kutulas, verfasst zu diesem Band unter dem Titel: „Schießt nicht mit Tränengas auf uns – wir weinen auch so“ (entliehen einem Brief der Freunde von Alexis Grigoropoulos, dem 17jährigen Schüler, der 2008, am Anfang der Jugend-Aufstände in Griechenland, durch eine Polizeikugel getötet und der beim Begräbnis des Getöteten verteilt wurde), und am Schluss Biografisches zu den Autoren, Künstlern und Übersetzern.
Allein die fein ausgewählten Titel der Kapitel fügen sich in die Poetik des gesamten Bandes. Er fängt an mit einem wohl nur bei Insidern bekannten Dichter, Jazra Khaleed, und endet mit der wohl bekanntesten zeitgenössischen Dichterin Griechenlands, Kiki Dimula. Der Essay von Ina Kutulas mit dem erfinderischen Titel: „Dimoularkationslinien“ ist eine Perle nicht nur des Kapitels „Im Zentrum der globalen Einsamkeit“, sondern überhaupt. Nur Dichter können sich so vielfältig und so tief einem anderen Dichter nähern und den Leser in Erstaunen versetzen, wie viel er übersieht, mit was für Blicken anderer Künstler er konfrontiert wird, um das Un-gesehene und Un-gehörte zu entdecken. Dazwischen die weltberühmten Klassiker: Kavafis, Seferis, Elytis, Ritsos, Engonopoulos, Theodorakis; dazu gesellen sich andere „Klassiker“, etwas verkannt zwar, aber deswegen nicht unwichtig, wie Karyotakis und Poliduri, Ludemis, Livaditis. Dann die Dichter der sogennanten und viel diskutierten „Generation der Niederlage“: Sinopoulos, Kambanellis, Anagnostakis, Rena Chatzidaki, Patrikios. Und Petros Markaris natürlich, der heutige griechische Star auch in der deutschen Literaturlandschaft. Aus dem Kreis der Jüngeren – interessant auch, dass dazu erneut Griechen des Auslands mit aufgenommen wurden, Aris Fioretos z.B. – Dionisis Karatzas, Sakis Serefas, Amanda Michalopoulou, Lefteris Poulios, Michalis Michailidis, Lila Konomara, Christos Chryssopoulos, Agoritsa Bakodimou und Antonis Fostieris. Zu diesen vielen Namen könnte man auch die Essayisten des Bandes und die Übersetzer hinzufügen, aber das hätte wirklich jeden Rahmen gesprengt. Zu bemerken wäre außerdem dass, sofern nicht anders angegeben, alle Texte Erstübertragungen sind bzw. für diese Ausgabe grundlegend revidiert wurden, wie die Herausgeber notieren.
„Schießt nicht mit Tränengas auf uns – wir weinen auch so“
Ich denke, dass die Einleitung eines Sammelwerks, wie des vorliegenden, erst nach der Lektüre des Inhalts gelesen werden sollte, quasi als Nachwort. Sonst ist man recht voreingenommen, der Gliederung des Verfassers aufs Wort zu folgen und die Zeitepochen, die die Historie bestimmen, auf die Werke bzw. deren Autoren so eng zu beziehen, dass man nicht frei bleibt für eigene Erkenntnisse. Denn das Leben und das Schaffen eines jeden Literaten sind von längerer Dauer als die historischen Ereignisse, die oft plötzlichen Wendungen unterliegen. Wie dem auch sei; eine vollkommene Objektivität dabei zu erwarten, wäre nicht möglich und dem Autor würde man Unrecht tun.
Für so eine Anthologie eine Einleitung zu verfassen, ist also eine große Herausforderung. Asteris Kutulas, der diese Aufgabe übernahm, hat eine Verbindung von Geschichte und Literatur gewagt. Er hat dazu eigens zueinander Beziehungen hergestellt, die wiederum auf Aussagen und allgemeinen Ansichten beruhen, hauptsächlich aber seine eigene Meinung zum Ausdruck bringen. Meistens würde man ihm beipflichten, manchmal tauchen aber auch Zweifel auf: Ich glaube z.B. nicht, dass „… das Volk insgesamt für die Regierenden zum Feind wurde, es musste kampfunfähig gemacht werden. Dazu gehörte auch, den Wert seiner kulturellen Traditionen mit Geringschätzigkeit zu bemessen und das Nationalbewusstsein der Griechen zu untergraben und zu zerstören. Also ihre gemeinschaftliche Erinnerung und Kultur auszulöschen. All das bekam das Etikett “Nationalismus“ aufgedrückt“. Aber nicht jeder Fortschritt steht der Tradition feindlich gegenüber.
Auch das Zitat von einem Theaterkritiker und Publizisten, Vertreter der älteren Generation, woher diese Aussage Kutulas’ ihren Bezug nimmt, ist bedenklich: „ … Universitätsprofessoren und diverse andere Intellektuelle bezeichneten in öffentlichen Verlautbarungen die Fahnen, die die Menschen auf der Straße getragen hatten, als ‚Lappen’, als ‚nationalistische Symbole’, als ‚Idole der Götzenanbetung’. Dieselben ‚Theoretiker’ wollen uns nun weismachen, dass die Nationen ‚Konstrukte’ seien, die Staaten ‚Gewaltmaschinen’ und die Geschichte unseres Volkes ein Szenarium für eine nachmittägliche Seifenopernserie im Fernsehen. Diese Meinungen werden jetzt tatsächlich in den Vorlesungen vertreten, sie sind in den Schulbüchern zu lesen, und zu großen Teilen wird die Bevölkerung ruhig gestellt mit Kulturgütern aus Staaten, die im Niedergang sind …“. Solche Äußerungen gehen an der Realität vorbei. Richtig dagegen ist, dass die jüngeren Historiker die lang erwünschte und notwendige Aufklärung betreiben und verschiedene „Mythen“ der griechischen Geschichte anhand der neu gelesenen Quellen richtigstellen, indem sie Götzenbilder vom Sockel herunterholen. Die Massendemonstrationen der Jugend sind aus der Ausweglosigkeit ihrer Situation – im Übrigen einem internationalen Phänomen – entstanden und nicht mit einer angeblichen Abkehr von den Traditionen und der „glorreichen“ Vergangenheit zu erklären. Aber das sind Themen, die nicht in einer Buchpräsentation zu behandeln sind.
Andererseits finde ich eine weitere Aussage Kutulas’ neu und besonders interessant, da sie in der Tat im Zusammenhang mit der neugriechischen Geschichte zu sehen ist: „Der vorliegende Band ist unter anderem das Zeugnis einer permanenten Literatur im Widerstand anzusehen.“ Natürlich könnte man entgegnen, dass jede gute Literatur, von jedem Land, Dichtung wie Prosa, ein wie auch immer begründeter Widerstand ist; den Verhältnissen gegenüber, der Politik, der Gesellschaft, dem Elternhaus, dem „Anderen“, dem eigenen Ich schließlich. Sie möchte wachrütteln, protestieren, mit dem Wort kämpfen, zu verstehen und zu erklären versuchen – was wäre denn sonst die viel gerühmte „Katharsis“! Aber: „Dieser Band offenbart zumindest, dass Griechenland sich seit jeher im „Kriegszustand“ befunden hat und dass bis heute Menschen mit Worten und Taten darauf reagieren und Widerstand leisten. Menschen vor allem, die sich auf ihr „inneres Griechenland“ berufen und Mittler sind zwischen diesem und allen Orten „draußen“, an denen es sich wieder findet.“ Wie wahr, lieber Asteris! Solange es solche Menschen gibt wie dich und Ina, ist Griechenland „kein verlorenes Land“.
Niki Eideneier
»Sogar dann, wenn jeder Himmel fehlt …« – Auf der Suche nach einem verlorenen (Griechen)Land, Zusammengestellt von Asteris und Ina Kutulas Reihe: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik (Hg. von Jürgen Krätzer); Bd. 249, 58. Jahrgang 240 S., 13 Abb., brosch.,15,5 x 23,5, ISBN: 978-3-8353-1235-7 (2013)
Seine Laufbahn als Komponist begann Mikis Theodorakis Anfang der 40er Jahre in der arkadischen Stadt Tripolis als Hymnenschreiber für die griechisch-orthodoxe Sonntagsliturgie in der Kirche „Agia Triada“. Seine zwei wichtigsten Werke der damaligen Zeit waren die „Hymne an Gott“ sowie die Liturgie „Kassiani“. Genauso wie seine etwa 30 anderen liturgischen Kantaten aus jener Zeit beruhten diese auf Texten griechisch-orthodoxer Kirchenväter bzw. der Priesterin Kassiani.
1943 geht Theodorakis als 18jähriger ans Athener Konservatorium und hat im Gepäck seine „1. Sinfonie“, ein Oratorium, dessen Worte er selbst verfasste. Darin bricht er seine religiös inspirierte Suche nach Gott in eine Dualität auf, was sich darin zeigt, dass er eine gleichberechtigte Ansprache formuliert – auf der einen Seite an das Licht und auf der anderen Seite an das Dunkel.
Seine zwei Hauptwerke auf dem Gebiet der Kirchenkomposition entstanden viel später in den 80er Jahren, als Theodorakis schon beinah 60 war. Es sind die „Totenmesse“ und das „Requiem“, die beide auf Texten zweier Kirchenväter aus dem 4. und 5. Jahrhundert basieren. Für Theodorakis gehören die Verse des „Requiem“, geschrieben von Johannes Damaskinos im 6. Jahrhundert zu den schönsten griechischen Texten überhaupt. Unter anderem vertonte er 1982 folgenden Abschnitt:
„Lasst uns heraus kommen und in den Gräbern wahrnehmen, dass der Mensch nur das ist: Knochen, Fraß für die Würmer und Gestank. Lasst uns erkennen, was Reichtum, Schönheit, Kraft und Anstand wirklich sind.“
In Tripolis hatte Theodorakis als Gymnasiast die Seminare von Evangelos Papanoutsos besucht, des damals bedeutendsten griechischen Philosophen. Und während der Zeit bei ihm wurde für den jungen Theodorakis das zur Passion, was ihn zeitlebens begleitete: seine tiefe Liebe zu den Schriften der antiken Autoren.
Das Altgriechische perfekt beherrschend, verschlang der 15- bis 17-jährige Theodorakis alles, was die Antike an Schriftgut zu bieten hatte. Nicht nur die Tragiker, sondern auch alle Philosophen, Mathematiker und Astronomen. Beim Pythagoräer Philolaos las Theodorakis, dass die Entfernungen zwischen den Planeten gemessen werden können im Verhältnis zum „zentralen Feuer“, also dem Feuerkern des Alls, den Philolaos auch als „Mutter der Götter“ oder auch als „Altar“ und „Ordnung“ der Natur apostrophiert hatte, um den herum sich zyklisch drehten: die Anti-Erde, die Erde, der Mond, die Sonne, die Planeten und schließlich, in der äußeren Sphäre des Alls, die „unsteten Sternenhimmel“. Für den Vorsokratiker Philolaos ist das Feuer der Ursprung des Lichts und die absolute Quelle der Energie des Absoluten. Und laut Philolaos sind Feuer und Musik Geschenke an die Menschen.
Die Musik als Ausdruck des planetarischen Klangs auf Erden bringe einen Widerhall des Universums hervor, und dieser Widerhall versetze den Menschen in einen rein geistigen Zustand, genauso wie andererseits das Feuer auf der materiellen Ebene zu Reinheit in unseren irdischen Sphären führe.
Diese Gedanken inspirierten Theodorakis und bildeten den Ausgangspunkt für die Entwicklung seiner Theorie von der Universellen Harmonie.
Seine Liebe zu den Vorsokratikern und ihrer Musik- und Zahlentheorie hatte ihren Ursprung gehabt in den Nächten unter freiem Himmel, die der fünfjährige Mikis auf der Ägäis-Insel Chios mit seinem Vater verbrachte, der ihm stundenlang – und das über Monate – den Sternenhimmel erklärte. Diese himmlische Ordnung prägte sich dem Kind ein und ließ es den Widerspruch zwischen dem Makrokosmos und dem Mikrokosmos, zwischen Harmonie und Chaos schon sehr früh erkennen. Im Kreis der Familie die heile Welt, außerhalb der Familie Gefahr und Leid. Und später dann: Ruhe im Innern, Tod und Folter im Außen.
Theodorakis, der als Komponist seit seiner Kindheit, wie er schrieb, den „Klang“ als Auslöser musikalischer Schöpfung erfuhr, machte in einem Aufsatz vom November 2006 darauf aufmerksam, dass es nur ein kleiner Schritt sei von dem Gedanken der Vorsokratiker bezüglich der Harmonie und der Musik der Sphären bis zu seinem eigenen Gefühl, in sich einen überwältigenden Klang zu hören, bevor dieser die Gestalt der Musik annahm. Diese beiden Dinge seien nur zwei Seiten derselben Medaille – wobei die zweite nur eine Widerspiegelung der ersten bedeuten kann: irdische Musik also als Widerspiegelung des Klangs des Universums.
Viel später, Ende der 90er Jahre, bei seiner Auseinandersetzung mit dem Antigone-Stoff erkannte Theodorakis, dass der Widerspruch zwischen Chaos und Harmonie sich im Zyklus von Theben widerspiegelt: Iokaste als Mutter des Chaos, die das antinomische Paar Eteokles und Polineikes zur Welt bringt, deren Einander-Bekämpfen schließlich zu Iokastes Tod führt, das heißt zum Tod des Chaos. Aus ihm heraus entsteht eine neue Harmonie, die abermals ein neues Chaos hervorbringt: in Gestalt von Kreon. Was einen weiteren Konflikt auslöst und schließlich durch Antigones Tod zu einer neuen Harmonie mit Ödipus in Kolonos führt.
Ödipus, den Sophokles im heiligen Wald von Kolonos verschwinden lässt, als wollte er die Erlösung von Ödipus als eine endgültige festschreiben, also als die schöne Illusion: dass hinsichtlich des menschlichen Schicksals ein harmonisches und endgültiges Finale existieren könnte. Theodorakis weist darauf hin, dass diese finale Harmonie allerdings nur als Wunsch des Dichters Sophokles zum Ausdruck kommt, der einen versöhnlichen Schluss gestalten wollte, angesichts seines bevorstehenden Todes und in Erwartung einer ewigen Ruhe, die nach Theodorakis’ Meinung aber niemals auf Erden zu haben ist.
Und Theodorakis stützt sich bei der Komposition seiner drei Opern auf das dialektische Prinzip von These, Antithese und Synthese, ohne einen Schlusspunkt setzen zu wollen, und er lässt die Begriffspaare Macht und Gewalt, die sich mit dem Chaos verbinden, entgegenstehen dem Begriffspaar der Liebe und der Pflicht, wobei dieser Antagonismus zur Opferung des Lebens und nur dadurch zu einer neuen Harmonie führen kann. In dieser Weise verdeutlicht er in seinen Opern, als Teil seiner philosophischen und politischen Weltanschauung, wie eng die Beziehung zwischen Himmel und Erde, zwischen universellem Chaos und universeller Harmonie und zwischen all diesen und dem Schicksal des Menschen ist.
Der Roman „Einheit 18“ ist ein Actionthriller im realen Umfeld des Nahostkonflikts. Militär- und Geheimdienstoperationen, Verfolgungsjagden, Terroranschläge, menschliche Beziehungsdramen, Sex zu Spionagezwecken und wahre Liebesgeschichten laufen wie in einem Film ab, der spannender nicht sein könnte. Der Autor fördert Geschehnisse ans Licht, die den Top Secret-Akten des Mossad, der CIA und des GRU entnommen sein könnten, wird dabei in der Sprache aber immer literarischen Ansprüchen gerecht. Die fast unglaublichen Ereignisse finden in Israel, im Gazastreifen, dem Libanon, in Syrien, im Iran, in Russland und den USA, in die Tiefen des Atlantiks und des Mittelmeers und am Himmel darüber statt. Bis zum Schluss folgen sie einem unerwarteten, aber logischen Handlungsablauf.
Skizzenhaft lässt Alexander Günsberg die Biografien fast aller Romanfiguren einfließen, die oftmals über mehrere Generationen hinweg verfolgt werden. Diese Fäden kreuzen, aber verwirren sich nicht. Der Autor behält sie alle in der Hand. Er erzählt von der Besonderheit einer jeden Begegnung und davon, was daraus entsteht. Und er erschafft zugleich, wie nebenbei, ein faszinierendes Kompendium jüdischer Geschichte, Bräuche, Denkungsart und Kultur.
Die Helden des Romans sind Mitglieder der Jechida 18, einer kleinen Elitetruppe der legendären Aufklärungs-Einheit Sayeret Matkal innerhalb der israelischen Armee. Sie werden als Kriegshelden dargestellt, allerdings als solche, die nicht nur siegen, lachen und tanzen, sondern auch leiden und sterben können. Eines lassen sie jedoch nicht zu: dass ihre Heimat Israel tödlich getroffen wird. Die Gefahr der völligen Vernichtung, in der sich der Staat Israel befindet, schwebt wie ein Damoklesschwert über der Handlung. Alexander Günsberg verwebt auf existenzialistische Art die romanhafte Fiktion eines Kampfes auf Leben und Tod mit der blutigen und gnadenlosen Realität des Nahostkonflikts, bei dem es jeden Tag um Sein oder Nicht-Sein geht.
Der Roman erzählt vom permanenten Überlebenskampf Israels, der Heimat nicht nur des jüdischen Volkes, sondern – und das führt der Roman dem Leser wiederholt vor Augen – aller Israelis, gleichgültig ob es Juden, Araber, Christen oder Moslems sind. Aus diesem Buch spricht sowohl die Liebe des Autors zu dieser HEIMAT Israel als auch des Autors Bewunderung für diejenigen, die dieses Land schützen. Zionismus, schreibt Alexander Günsberg, „ist der Wunsch der Juden, in die Heimat zurückzukehren“, und diese Heimat Israel strahlt „auch in höchster Bedrängnis als Licht von Menschliebe, Toleranz und Gleichberechtigung durch die Finsternis der Welt“. Alexander Günsberg offenbart durch sein Buch, dass gerade aus diesem humanistischen und demokratischen Grundansatz heraus die Kraft, die Zuversicht und die Lebensfreude der Verteidiger Israels erwächst.
Als mir klar geworden war, dass „Einheit 18“ nicht nur ein Action-Thriller, sondern vor allem ein Anti-Hass-Buch ist, erinnerte ich mich an den Festakt zum 50. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen am 7. Mai 1995. Tausende Menschen, unter ihnen viele Überlebende mit ihren Familien, waren zum Appellplatz gekommen, wo Mikis Theodorakis seine Mauthausen-Kantate für sie dirigierte, gesungen von Maria Farantouri, live übertragen vom österreichischen Fernsehen. Neben Mikis stand Simon Wiesenthal, der in seiner Rede unmittelbar vor dem Konzert sagte: „Der Nationalsozialismus, der die Welt beherrschen und versklaven wollte, bestand de facto aus einer Komposition aus Hass und Technologie. Hass ist etwas Furchtbares. Hass ging dem millionenfachen nationalsozialistischen Verbrechen voraus. Wir müssen diese Verbrecher verachten, nicht nur, weil sie unsere Familien hingemordet haben, sondern weil sie die Würde des Menschen zertreten haben und damit auch die Würde Gottes, der die Menschen nach seinem Ebenbild erschuf.“
Diese Sätze berührten mich zutiefst, und ich konnte nicht umhin, Simon Wiesenthal nach dem Konzert zu fragen, warum er in seiner Rede den Hass noch über das Verbrechen des Tötens gestellt hat. Seinen durchdringenden Blick werde ich nicht vergessen, ebenso nicht seine Antwort: „Mit dem Hass fängt es an. Er frisst sich in die Seele des Menschen und macht aus ihnen Verbrecher.“
Weil es im Roman von Alexander Günsberg um die Bewahrung genau dieser Würde des Menschen und zugleich um den Kampf gegen den Hass im Inneren wie im Äußeren geht, rufe ich dem Autor in griechisch-jüdischer Verbundenheit zu: Am Jisrael chaj!
Verlagsnotiz zum Buch: Israels tödlichster Krieg. Nur die Geheimdienste wissen von ihm.
Die gefährlichsten Militäroperationen gegen seine, von den iranischen Mullahs gesteuerten Todfeinde führen die israelische Elitetruppe Sayeret Matkal nach Gaza, Teheran, Beirut, Ramallah, New York und auf eine U-Boot-Fahrt durch den Nordatlantik und das Mittelmeer, bei der sich ein Unterwasserkrieg mit Russland entwickelt. Durch die Kämpfe schimmert die Geschichte Israels und seines unglaublich anmutenden Erfolgs. Aus der Asche von 6 Millionen Ermordeten im Holocaust entstand eine Nation, die nichts und niemanden mehr zu fürchten braucht. Hinter der Härte der Männer und Frauen der Einheit 18 aber kommen Menschen zum Vorschein, die leben und lieben wollen.
(Ich danke der Online-Plattform GRIECHENLAND AKTUELL, dem Griechischen Aussenministerium und Thanassis Lambrou für dieses Interview. A.K.)
Thanassis Lambrou von Griechenland Aktuell sprach mit Asteris Kutulas über seine Pläne und die laufenden Projekte.
Griechenland Aktuell: [Als Sohn griechischer politischer Flüchtlinge wurde Asteris Kutulas in Rumänien geboren und zog später mit seiner Familie in die DDR. Er studierte Germanistik und Philosophiegeschichte an der Universität Leipzig, übersetzte zahlreiche Werke bedeutender griechischer Autoren ins Deutsche, so z.B. von Konstantinos Kavafis, Giorgos Seferis, Jannis Ritsos und Odysseas Elytis, sowie die Autobiographie, verschiedene Schriften und Gedichte von Mikis Theodorakis.
1980 begann Asteris Kutulas seine Zusammenarbeit mit dem Komponisten Mikis Theodorakis, für den er weltweit Konzerte organisierteund über 30 Alben produzierte.
Als Regisseur war er zunächst im Dokumentarfilmbereich tätig und schlug dann einen ganz eigenständigen Weg ein mit den hybriden Filmen „Recycling Medea“ und „Dance Fight Love Die – With Mikis on the Road“. Asteris Kutulas‘ Filmschaffen hat einen direkten Bezug zu Griechenland und wendet sich an ein internationales Publikum.
2015 initiierte Asteris Kutulas zusammen mit Ina Kutulas das Filmfestival „Hellas Filmbox Berlin“.
Basierend auf einem reichen Erfahrungsschatz aus der Zeit seiner Zusammenarbeit mit dem Lichtarchitekten Gert Hof und aus seiner dramaturgischen Tätigkeit im Entertainment-Bereich entwickelte Asteris Kutulas mit Liquid Staging eine neue Eventform und reagiert so auf die Bedürfnisse und Sehgewohnheiten jüngerer Generationen. Seine Film-Raum-Installationen sind allerdings Erlebnisfelder für ein Mehrgenerationen-Publikum.] – Griechenland Aktuell
GR Aktuell: Erzählen Sie uns von Ihren jüngsten Projekten ELECTRA 21 und MEDEA 21.
Asteris Kutulas: Diese beiden Projekte vereinen auf sehr moderne Weise Musik, Tanz, Lyrics, Film und Installation. Stellen Sie sich das so vor: Das Publikum in der Mitte, vier große Leinwände drum herum. Bei anderen Produktionen könnten es mehr oder auch weniger Screens sein. Bei den Hofer Filmtagen habe ich das zusammen mit meinem Team bereits zweimal realisiert. Also: In einem großen Raum vier Leinwände, auf jeder ein Film, alles gleichzeitig, absolut synchron zur Elektra- bzw. zur Medea-Musik von Mikis Theodorakis. Ich wollte mit diesem neuen Show-Format die Geschichten der beiden faszinierenden Frauengestalten neu und anders erzählen, wobei die Zahl 21 für das 21. Jahrhundert steht.
Wir haben 2011 die Ballettaufführung der „Medea“ und 2018 die der „Electra“ mit der fantastischen Musik von Mikis Theodorakis und der großartigen Choreografie von Renato Zanella im Apollo-Theater auf Syros gefilmt. Maria Kousouni als Medea und Sofia Pintzou als Elektra sind Weltklasse, und sie tanzen „auf Leben und Tod“. Das muss man einfach gesehen haben … auch wie unsere Cinematographer Michalis Geranios die Medea und James Chressanthis (ASC) die Elektra gefilmt haben.
2021 und 2022 verschmolz ich das „Electra“- und das „Medea“-Filmmaterial mit meinem Liquid-Staging-Konzept, und so entstanden ELECTRA 21 (63 Minuten) und MEDEA 21 (45 Minuten): Da das Publikum bei jedem der beiden Projekte jeweils vier verschiedene Filme gleichzeitig erlebt, sieht jeder Zuschauer einen anderen Film, weil jeder jeden Augenblick entscheidet, wohin er schaut und welchen „Film“ er sieht. Jeder im Publikum macht im Kopf seinen eigenen Filmschnitt. Am Schluss hat kein Zuschauer dasselbe gesehen. Es ist ein neues, ein „polydimensionales Sehen“. Ein immersives Kino-Erlebnis.
GR Aktuell: Sie gehören zu den Schöpfern des innovativen Kinos und benutzen dabei Themen aus antiken Dramen. Warum sind diese Stoffe für Sie immer noch interessant?
Asteris Kutulas: Für mich sind sie aktuell, relevant, brisant. Die Storyline des Sophokles-Thrillers „Elektra“: Es geht um Macht. Agamemnon, der Vater, opfert seine Tochter Iphigenie, um in den Krieg gegen Troja ziehen zu können. Seine Ehefrau erschlägt ihn darum zehn Jahre später. Ihre beiden Kinder Elektra und Orest töten wiederum viele Jahre danach die Mutter. Ein Kreis des Hasses und der Rache, der zur Vernichtung der Institution der Familie führt. Ein zeitloses Thema.
Bei der „Medea“ von Euripides führt derselbe Teufelskreis zur Vernichtung jeder Hoffnung auf Zukunft. Auch das hochaktuell. Aus Liebe zu Jason verrät Medea ihre Familie, erschlägt ihren Bruder und flieht aus der Heimat. Sie und Jason haben bald zwei Söhne, aber Jason bleibt nicht bei Medea, die in seinem Land eine Fremde ist. Glauke, die Tochter des Königs, ist eine wesentlich bessere Partie. Medea will sich mit Jason nicht arrangieren; sie tötet aus Rache ihre Rivalin Glauke, und dann tötet sie ihre beiden Söhne, um Jason auf ewig leiden zu lassen. Medea, die ihren Status verlor – eine Kindsmörderin. Wäre sie „einfach vernünftig“ geblieben, wäre das alles nicht passiert. Jason, der Ehemann und Vater, ebenfalls in einem Macht- und Dreieckskonflikt gefangen.
Schließlich die Kinder, die von der eigenen Mutter erschlagen werden – die unschuldigen Opfer der ungelösten Erwachsenen-Konflikte. Genauso wie die Elterngeneration von heute ihre Kinder und Enkel nicht in die Klubs zum Feiern, sondern auf das Schlachtfeld zum Sterben schickt.
Wie in vielen Netflix-Serien handeln „Medea 21“ und „Electra 21“ von Hass, Tod, Verlust der Identitäten, von Heimat, Liebe, Familie und Gemeinschaftlichkeit. Das Zerstörerische tritt immer deutlicher zutage. Wir alle erfahren dies heute weltweit in vielen Krisen und Kriegen. Diese Geschichten zeigen wir in „Medea 21“ und „Electra 21“ auf neue Art und Weise. Durch die Liquid-Staging-Ästhetik ist ein viel spannenderes und emotionaleres Storytelling möglich, das zudem dem „neuen Sehen“ der jüngeren Generationen entspricht, desillusioniert und dynamisch.
Die Zuschauer müssen sich orientieren: Wo läuft welcher Film? Welcher „Film“ läuft insgesamt ab? Mehrere in einem Raum parallel ablaufende visuelle Erzählstränge, die ein neues cineastisches Erlebnis schaffen, fordernd und überwältigend zugleich. Ich empfinde das als der dramatischen Gegenwartssituation mit ihren vielen Umbrüchen angemessen. Ich habe Schwierigkeiten, in einem Sessel zu sitzen und auf einen Bildschirm zu schauen. Ich bin nicht so drauf in diesen Zeiten. Ich will sie anders packen.
GR Aktuell: Mikis Theodorakis ist vor einem Jahr gestorben. Wann haben Sie ihn kennengelernt? Wie konnte Ihre Freundschaft und Zusammenarbeit so lange dauern?
Asteris Kutulas: Ich habe Mikis 1980 kennengelernt, als ich Germanistik und Geschichte der Philosophie in Leipzig studierte. Ich traf auf einen Mikis Theodorakis – durch und durch Künstler. Wach, genial, belesen, humorvoll, total offen, neugierig. Von ihm ging eine unbändige Energie aus – das hat mich an ihm am meisten fasziniert. Dieses Pulsierende, Lebendige, Anarchische. In seiner Gesellschaft tankte ich ununterbrochen „Poesie“ und atmete das existentielle „Gefühl von Freiheit“. Es traf auf das, was ich studierte und wofür ich mich interessierte. Es war eine Art von Doping.
Unsere langjährige Freundschaft und Zusammenarbeit beruhten darauf, dass Mikis Theodorakis mich von Anfang an als „Künstlerkollegen“ akzeptierte, obwohl uns 35 Jahre Altersunterschied trennten und ich noch am Anfang stand. Das war eine seiner faszinierenden und beglückenden Grundeigenschaften: Mikis hatte diese Offenheit, dieses starke Interesse. Für ihn war das Leben ein permanenter Workshop. Wir kooperierten künstlerisch und tauschten uns aus über Dichtung, Philosophie, Musik, Politik, bildende Kunst, Film, Tanz. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden viele Bücher, einzigartige Alben, Filme, Interviews, Konzept-Touren, exklusive Musik-Produktionen, Ausstellungen und vieles mehr.
GR Aktuell: Welche Zukunftspläne haben Sie noch im Hinblick auf all das, was Theodorakis‘ als vielfältiges und überreiches Werk hinterlassen hat?
Asteris Kutulas: Ich kannte Mikis Theodorakis als einen sehr authentischen, wirklichkeitsnahen Menschen, sehr „bodenständig“, wie man im Deutschen sagt. Das blieb er bis ins hohe Alter hinein. Er sagte: „Das Alter muss gezeigt werden, filme, fotografiere mich so, wie ich bin.“ Und so stellte er sich auch vor „sein“ Publikum, im Rollstuhl, ohne Angst und Eitelkeit, konzentriert auf die Musik, die ihn in diesen Momenten zusammen sein ließ mit den tausenden Menschen, die da waren. Das war so etwas wie die „Honigpumpe“ von Beuys – ein sehr alter Mann in einem Rollstuhl, aber es geht nicht darum, sondern man ist im Lied, in der Melodie, im Text, in etwas, zu dem man sagt: Ich komme von da. Mikis ist aus der Lyrik gekommen, und dann hat der Klang ihn eingeholt.
Als ich in den Neunzigerjahren Mikis‘ drei „Lyrischen Tragödien“ – wie Mikis seine Opern nannte – „Medea“, „Electra“, „Antigone“ hörte, beschloss ich, eine „Thanatos-Trilogie“ zu machen: Über „Killing the Children“ in Medea, „Killing the Parents“ in Electra und „Killing Democracy“ in Antigone. Zusammen mit meiner Ko-Autorin und Ko-Produzentin Ina Kutulas arbeiten wir seit 2018 an diesem Konzept, das Mikis sehr gefallen und unterstützt hat. Dieses Konzept haben wir „in verschiedene Formate gegossen“. Ein Format ist das Liquid-Staging-Kino-Format. Ein weiteres Format ist eine Live-Bühnen-Version: Zusammen mit Renato Zanella und Ina Kutulas habe ich eine Ballett-Tetralogie entwickelt. Der Titel: „Thanatos Trilogy + Epilogue: Make Love not War“. Das bedeutet: Medea – Electra – Antigone – Lysistrata in einem Tanz-Film-Event. Mikis‘ Musik in diesen vier Werken ist sehr cineastisch, sehr modern. Rhythmisch, dramatisch, lyrisch – und dann diese Theodorakis-Melodien, die einfach einzigartig sind.
Aktuell arbeiten wir mit Achilleas Gatsopoulos, Michalis Argyrou, Ina Kutulas und weiteren Künstlern am SATELLITE CLIPS PROJECT, das auf innovative und spezifische Weise bildende Kunst und Film miteinander verbindet. Es zeigt, wie man durch einen dramaturgischen Ansatz aus einer Reihe von Video-Clips und grafischen Kunstwerken, die zu Film-Grafiken wurden, ein immersives Show-Format entwickeln kann. Wie bei den anderen hier beschriebenen Projekten ist das ein Schritt hin zum polydimensionalen Sehen, zum Kino 2.0.
MEDEA 21 – 1 Soundtrack. 4 Filme auf 4 Screens gleichzeitig. Die Zuschauer mittendrin. Polydimensionales Sehen als neues Show-Format. Ein immersives „Kino 2.0“ Erlebnis für das 21. Jahrhundert.
Eine Liquid Staging Installation von Asteris Kutulas zu einem Soundtrack von Mikis Theodorakis
MEDEA 21 Verlust von Heimat und Identität. Liebe, Eifersucht, Mord. Die Mutter tötet ihre Kinder. Verstörende Schönheit. Keine Zukunfts-Perspektive. Rebellierende Jugendliche.
MEDEA 21 (Synopsis) Out of love for Jason, Medea betrays her family, slays her brother, and flees her homeland. She and Jason soon have two sons, but Jason does not marry Medea, who is a stranger in his country. He takes as his wife Glauke, the daughter of the king. Medea kills Glauke and the king in revenge, and then she kills her two sons to make Jason suffer forever eternally.
Aus Liebe zu Jason verrät Medea ihre Familie, erschlägt ihren Bruder und flieht aus der Heimat. Sie und Jason haben bald zwei Söhne, aber Jason heiratet nicht Medea, die in seinem Land eine Fremde ist. Er nimmt Glauke zur Frau, die Tochter des Königs. Medea tötet aus Rache Glauke und den König, und dann tötet sie ihre beiden Söhne, um Jason auf ewig leiden zu lassen. Medea – ein zeitloser Thriller, neu erzählt in vier parallellaufenden Filmen, alle vier absolut synchron zur Soundtrack-Musik von Mikis Theodorakis.
Film 1: Liebe, Eifersucht, Mord. Die Mutter tötet ihre Kinder. Ein Tanzfilm – die Aufführung des MEDEA-Balletts von Renato Zanella im „Apollo“-Theater in Hermoupolis auf Syros mit der extraordinären Maria Kousouni als Medea. Eine Mischung aus klassischem Ballett und modernem Ausdruckstanz.
Screen 1: Love, jealousy, murder.The mother kills her children. A dance film – the performance of the MEDEA ballet by Renato Zanella at the „Apollo“ theater in Hermoupolis on Syros with the extraordinary Maria Kousouni as Medea. A mixture of classical ballet and modern expressive dance.
Film 2: Verstörende Schönheit. Die 15-jährige Bella in einer „heilen Welt“ – wie nicht von dieser Welt –, verstörend idyllisch, verstörend schön. Beinahe unwirklich erscheint sie, eine Fiktion. Keine Fiktion dagegen das Buch, das sie gerade liest, die Worte der 1944 in einem Amsterdamer Hinterhaus-Versteck untergetauchten Anne Frank.
Screen 2: Disturbing beauty. 15-year-old Bella in an „ideal world“ – as if not of this world – disturbingly idyllic, disturbingly beautiful. It seems almost unreal, a fiction. Not a fiction, however, is the book she is reading, the words of Anne Frank, who went into hiding in a backhouse in Amsterdam in 1944.
Film 3: Energie und Freiheit des Schöpferischen. Der Dokfilm zum Tanzfilm – die spannenden Proben für die Ballett-Aufführung mit den Tänzern und dem Choreografen Renato Zanella.
Screen 3: Energy and freedom of the creative. Making-of for the dance film – the exciting rehearsals for the ballet performance with the dancers and the choreographer Renato Zanella.
Film 4:Keine Zukunfts-Perspektive. Rebellierende Jugendliche. Die Jugendaufstände zwischen 2010 und 2014 in Griechenland als Sinnbild des Widerstands der jungen Generation gegen eine gewalttätige und menschenverachtende Gesellschaft. Mittendrin in diesen Aufständen auch der über achtzigjährige Komponist Mikis Theodorakis. Jugendliche, voller Wut und Verzweiflung. Gestalten aus einer anderen, trostlosen und traumatischen Welt, die sich der Alltagsrealität bemächtigt hat.
Screen 4: No future perspective. Rebellious youth. The youth uprisings between 2010 and 2014 in Greece as a symbol of the resistance of the young generation against a violent and inhuman policy. The composer Mikis Theodorakis, who is over eighty years old, is also in the midst of these uprisings. Young people, full of rage and despair. Figures from another, bleak and traumatic world that have taken over everyday reality.
Director’s Statement Die Präsentation der Liquid-Staging-Werke 2022 bei den 56. Hofer Filmtagen bietet einen Ansatz, über „Kino 2.0“ sowohl in der realen Welt als auch im Metaversum nachzudenken. MEDEA 21, ELECTRA 21 und das SATELLITE CLIPS PROJECT – hier ist der Wechsel hin zum polydimensionalen Sehen vollzogen, das in der hybriden Lebenswelt der jüngeren „postmodernen“ Generationen längst stattfindet. Medea, Jason, Bella und Anne Frank, der Komponist Theodorakis, die Tänzer, die rebellierenden vermummten Jugendlichen, vorrückende vermummte Polizisten, der Choreograph Renato Zanella – sie alle sind die Akteure, freiwillige und unfreiwillige, in dieser komplexen, zeitübergreifenden Tragödie „Medea“. Theodorakis‘ dramatische Musik, die packend elementare Choreografie von Renato Zanella, die fulminante Tanzkunst von Maria Kousouni und Sofia Pintzou, die kinematografische Meisterschaft von James Chressanthis und Mike Geranios sowie der künstlerische Input aller an diesem Projekt beteiligten Künstler machen aus unserer Liquid-Staging-Produktionen ELECTRA 21 und MEDEA 21 innovative und hochemotionale Werke. Asteris Kutulas, Oktober 2022
Composer’s Statement zum Medea-Projekt von Asteris Kutulas aus Anlass der Fertigstellung der ersten Filmfassung 2014 (Recycling Medea) Das tragische Element in der Musik hat mich von Anfang an stärker in seinen Bann gezogen als jedes andere. Zweifellos entspricht es meinem Charakter. Es war also nur zu natürlich, dass ich mich dem antiken Drama zugewendet habe, zuerst als ein Liebhaber dieser Kunstgattung, dann als Komponist. Ich begann, Theater- und Filmmusik zu antiken Tragödien zu schreiben, um letztendlich zur Lyrischen Tragödie, also zu meinen Opern, zu kommen. Renato Zanella entdeckte für sich die Musik meiner Lyrischen Tragödie “Medea”, und sie wurde die Basis seiner gleichnamigen Ballett-Choreografie. Und dann kommt Asteris Kutulas und erschafft ein neues Kunstwerk, das sich seinerseits auf alles soeben von mir Genannte stützt. Aber er filmt das Ballett nicht einfach ab, sondern er kreiert etwas vollkommen Neues und verleiht dem Ganzen dadurch eine zutiefst gesellschaftliche und politische Dimension. … Ich denke, wir haben es hier mit einem wahren Kunstwerk zu tun, das dazu auffordert, Verantwortung zu übernehmen. Ein Werk, das zugleich eine Hymne ist für den Kampf der Menschen und Völker für deren Unabhängigkeit und Freiheit. Mikis Theodorakis
Music Credits „Medea“ (Opera in two acts, dedicated to Giuseppe Verdi) Composed by Mikis Theodorakis | Text by Euripides Published by Schott Music | CD Published on WERGO Recorded digitally at the Capella Concert Hall St. Petersburg by Gerhard Tsess and Alexandros Karozas | Music Edited by Mikis Theodorakis and Alexandros Karozas Emilia Titarenko (Medea) | Nikolai Ostrofsky (Jason) | Peter Migounov (Aegeus) | Wladimir Feljaer (Creon) | Irina Liogkaja (Nurse) | Eugeni Witshnewski (Messenger) | Daria Rybakova (Coryphaea) | Juri Worobiow (Paedagogus) St. Petersburg State Academic Capella Orchestra & Choir Conducted by Mikis Theodorakis
Ballet Credits Choreography by Renato Zanella Maria Kousouni as Medea | Danilo Zeka as Jason | Franziska Hollinek-Wallner as Glauce | Eno Peci as Aegeus | Sofia Pintzou as Coryphaea | Nicky Vanoppen as Creon Lighting Design by Vinicio Cheli | Assistant Choreographer by Alessandra Pasquali | Chorus Choreographer Angeliki Sigourou | Musical Assistant Jiri Novak Akropoditi Dance Theater | Anna Vaptisma, Pigi Lobotesi, Maria Mavri, Filia Milidaki, Anna Ouzounidou, Eleni Pagkalia, Nadia Palaiologou, Adamantia Papandreou, Vivi Sklia, Georgia Stamatopoulou, Antigone Choundri Ballet performances filmed at the „Apollo“ Theater of Hermoupolis (Syros) International Festival of the Aegean | Presented by MidAmerica Productions of New York and the Municipality of Syros-Hermoupolis | General & Artistic Director Peter Tiboris | Festival Production Coordinator Dimitris Yolassis | Stage Manager Lena Chatzigrigoriou
Film Installation Credits Featuring Maria Kousouni & Bella Oelmann Music by Mikis Theodorakis Choreography by Renato Zanella Cinematography by Mike Geranios Edited by Babette Rosenbaum & Asteris Kutulas Music Production, Editing & Mastering by Alexandros Karozas Art Direction by Achilleas Gatsopoulos Scenography & Production by Georgios Kolios Executive Producers Brigit Mulders & Christopher Kikis Co-Produced by Schott Music, Klaus Salge & Rafaela Wilde Written & Produced by Asteris & Ina Kutulas Created & Directed by Asteris Kutulas
Featuring Bella Oelmann Special guest André Hennicke Nicolaus Kausch, Kat Voltage, Rosa Merino Claros, Inka Neumann, Marie-Sophie Brugsch, Michelle Pais, Lois Christmann, Lara Schlesinger, Victor Kausch, Benedict Fritsche, Alexander von Jost, Alessandra Oelmann, Tatjana Schenk, Stella Kalafati, Cyra and Kyra Casting Director & Assistant Film Director Marcia Tzivara Sound Recording by Klaus Salge Sound Editing by Sebo Lilge Graphic Design by Frank Wonneberg Text Design by Tino Deus Colorist Antonia Gogin Online Editor Neil Reynolds Assistant Online Editor Felix Bester Gaffer Vassilis Dimitriadis Make Up Artist Saretta Rosa Production coordination in Greece by Dimitris Koutoulas Additional Photography by Stefanos Vidalis, VROST, Lefteris Eleftheriadis, Ioannis Myronidis, Vasilis Nousis, Zafeiris Haitidis, James Chressanthis (ASC) Second camera (ballet) & additional photography by Asteris Kutulas Textes & Artistic Consultancy by Ina Kutulas
Special thanks to Strecker Stiftung, Internationale Hofer Filmtage, Rafaela Wilde, Dimitris Koutoulas, Dr. Tim Dowdall, Rena Parmenidou, Margarita Theodorakis, George Theodorakis, Thorsten Schaumann, Nana Trandou, Nikos Vlachakis, Jan Perray and many others
With the kind support of Peter Hanser-Strecker, Angelika Oelmann, Andreas Rothenaicher, John Hansen, Florian Staerk, Katrin Zillinger and Optix Berlin GmbH Anita & Uwe Förster, Mousse T., Peter Tiboris, Alexandros Tsoupras, Tino Deus, Katharina Krist, Daniel Höferlin & The Asphalt Club Berlin Team
Many thanks to Nina Hof, Guy Wagner, Peter Zacher, Alexander Koutoulas, Barbara Eldridge, Ingo Rehnert, Janek Siegele, Jessica Schmidt, Silke Spalony, Christopher Wohlers, Marcus Lenz, Frauke Sandig, Eric Black, Rainer Schulz, Nicolaus Kausch, Marie-Sophie Brugsch, Michelle Pais, Lois Christmann, Lara Schlesinger, Victor Kausch, Benedict Fritsche, Alexander von Jost, Alessandra Oelmann, Fotis Geranios, Velissarios Kossivakis, Eva Kekou, Michalis Adam, Wassilis Aswestopoulos, Tzeni Foundoulaki, Alexandros Karamalikis, Stefanos Kyriakopoulos, Nikos Tzimas, Caroline Auret, James Chressanthis
Eine Liquid Staging Bewegtbild-Ausstellung Part I von Asteris Kutulas & Achilleas Gatsopoulos
Das SATELLITE CLIPS PROJECT (Part I) verbindet auf innovative und spezifische Weise bildende Kunst und Film miteinander. Es zeigt modellhaft, wie man durch einen dramaturgischen Ansatz (Liquid Staging) aus einer Reihe von Video-Clips und grafischen Kunstwerken, die zu Film-Grafiken wurden, ein immersives Show-Format entwickeln kann. Wie bei den Projekten MEDEA 21 und ELECTRA 21 wird auch mit dem SATELLITE CLIPS PROJECT ein Schritt hin zum polydimensionalen Sehen, zum Kino 2.0 vollzogen.
SATELLITE CLIPS PROJECT Musik von Mikis Theodorakis + 10 Videoclips von Asteris Kutulas & Co. + 10 Digitalgrafiken von Achilleas Gatsopoulos + Liquid Staging Show-Format
SOUNDTRACK | Die Musik aller Videoclips stammt von Mikis Theodorakis, hier vorwiegend in diversen Interpretationen und Arrangements junger MusikerInnen (u.a. als Ethno-, Jazz-, Rock-, Klassik- und Electro-Version).
+ VIDEO CLIPS | Die 10 Satellite Clips entstanden als Zusammenarbeit von etwa 20 KünstlerInnen aus sechs Nationen. Die vor allem Jüngeren unter ihnen (Grafiker, Musiker, Filmemacher, Modedesigner, Kostümbildner, Tänzer, Maler, Choreografen, Autoren, Videokünstler, DJs, Schauspieler, Regisseure, Sänger, Komponisten) haben bei der Gestaltung vieler der Video-Clips ihre eigene Ästhetik eingebracht. Zusammengehalten wird das Ganze durch den gesamtkünstlerischen Ansatz des Berliner Konzept-Künstlers und Filmemachers Asteris Kutulas.
+ FILM-GRAFIKEN | Die auf den Leinwänden 2/3/4 gezeigten 10 x 3 Film-Grafiken von Achilleas Gatsopoulos sind bearbeitete Still-Frames aus dem Filmmaterial der SATELLITE CLIPS. Achilleas Gatsopoulos hat die zehn Grafiken gestaltet, anschließend digitalisiert und filmkünstlerisch umgesetzt.
+ LIQUID STAGING | Beim Satellite Clips Projekt laufen auf dem Hauptscreen (Leinwand 1) nacheinander 10 Videoclips (die Satellite Clips) und auf den anderen 3 Screens (Leinwände 2/3/4) filmische Umsetzungen von 10 grafischen Werken, wobei die Gestaltung des jeweiligen grafischen Werks von Screen zu Screen variiert. 10 Satellite Clips + 10 x 3 filmgrafische Umsetzungen ergeben 40 Clips. Die Länge der Clips variiert zwischen 30 Sekunden und 3 Minuten. Die Gesamtlänge des Satellite Clips Project Part I beträgt ca. 13 Minuten.
4 Filme auf 4 Screens gleichzeitig. Die Zuschauer mittendrin.
Satellite Clips Project – Das Konzept Das ungenutzte Musik- und Filmmaterial
Der in Berlin lebende Autor, Produzent und Konzept-Künstler Asteris Kutulas entwickelte die Idee zu den Satellite Clips (2014-2022), als er zusammen mit Ina Kutulas 2014 das Drehbuch zum Film „DANCE FIGHT LOVE DIE – With Mikis on the Road“ schrieb, der 2017 bei den Hofer Filmtagen Weltpremiere hatte.
Basis für die Satellite Clips war das für DFLD nicht genutzte Filmmaterial von ca. 600 Stunden aus 30 Jahren sowie das Fiction- und Making-of-Material, das während der Shootings mit den SchauspielerInnen und den jungen MusikerInnen zwischen 2014 und 2018 entstand.
So wurden aus dem für den Hauptfilm DANCE FIGHT LOVE DIE nicht genutzten Material bislang über 30 Satellite Clips produziert, die um den „DFLD-Mutterfilm-Planeten“ kreisen.
Die Satellite Clips tragen die Namen der an der Entstehung des jeweiligen Clips maßgeblich beteiligten KünstlerInnen bzw. der MitarbeiterInnen des Regisseurs, weshalb die Titel der Clips oft den Namen der Co-Kreateure entsprechen: z.B. „Stella“, „Alexia“, „Cleopatra“, „Sandra“, „Melentini“ etc.
Satellite Clips Project – Das historische Filmmaterial 30 Jahre. 40 Länder. 4 Kontinente. 600 Stunden Film. 54.000.000 Frames.
Asteris Kutulas hat den griechischen Komponisten Mikis Theodorakis zwischen 1987 und 2021 sehr häufig besucht, er begleitete ihn regelmäßig auf Tourneen und ließ dabei seine Videokamera laufen.
Kutulas filmte Theodorakis bei Konzerten, während diverser Proben mit Orchestern, Solisten, Chören, Bands, on Stage und Backstage, bei CD-Aufnahmen in Studios, bei Opern- und Ballett-Produktionen, in Hotellobbys und auf Hotelzimmern, in Bussen und Lokalen, meist in mehreren Städten nacheinander, aber auch bei einzelnen Veranstaltungen, auf Ausflügen und während privater Treffen.
Das in all diesen Situationen aufgezeichnete Material bildet einen umfangreichen Fundus von etwa 600 Stunden. Aufgenommen wurde es in Berlin, Athen, St. Petersburg, Verona, Santiago de Chile, Sydney, Tel Aviv, Budapest, Wien, Kopenhagen, Malmö, Pretoria, Çeşme, Amsterdam, Montreal, London, Brüssel, Luxemburg, Barcelona, Zürich, Oslo, Paris, Jerusalem, auf den griechischen Inseln Chios, Kreta und Syros und und und …
ASTI MUSIC & HYPNAGOGIA present an Asteris Kutulas & Achilleas Gatsopoulos production with the music of Mikis Theodorakis
A Liquid Staging Installation film art exhibition of four movies by Asteris Kutulas & Achilleas Gatsopoulos with Mikis Theodorakis, Air Cushion Finish, Alexia, Rosa Merino Claros, Stella Kalafati, Maria Kousouni, Johanna Krumin, Ilze Liepa, Melentini, Eltion Merja, Sofia Pintzou, Henning Schmiedt, Jocelyn B. Smith, Renato Zanella a.o.
Artistic Consultancy by Ina Kutulas Edited by Cleopatra Dimitriou, Achilleas Gatsopoulos, Antonia Gogin, Stella Kalafati, Asteris Kutulas Filmed by Achilleas Gatsopoulos, Mike Geranios, Stella Kalafati, Asteris Kutulas Scenography & Production by Georgios Kolios Art Direction by Achilleas Gatsopoulos Music Editing & Mastering by Alexandros Karozas Co-Produced by Schott Music
Music by Mikis Theodorakis Directed by Asteris Kutulas & Achilleas Gatsopoulos Created by Asteris Kutulas
Achilleas Gatsopoulos (www.hypnagogia.com) Coming from a Fine Arts background, Greek born Achilleas Gatsopoulos moved to the UK to study VFX and Production Design for Film, finishing with distinction in both degrees. Achilleas worked in the Art Department of films such as the upcoming Knives Out 2, The Lost Daughter, Harry Potter III, Charlie and the Chocolate Factory, Two Faces of January etc while simultaneously creating stage and motion design for big events in London and Germany. Clients include Mercedes Benz, Volkswagen, Stolichnaya, Vodafone, Warner Bros, Dom Perignon and Absolut. Achilleas has been directing videos since 2002 for artists such as Pet Shop Boys, James Blunt, Solomun, Steven Wilson, FAUN, Erick Morillo & SKIN (Skunk Anansie) to name a few. His work has also been screened & awarded at international film festivals.
DANCE FIGHT LOVE DIE, Gert Hof, ELECTRA 21 und das „Neue Sehen“
Ein Gespräch von Thorsten Schaumann (Künstlerische Leitung Internationale Hofer Filmtage) und Asteris Kutulas (Autor, Filmemacher und Produzent)
Thorsten Schaumann: Asteris, dir wurde bei den 55. Internationalen Hofer Filmtagen der Hans-Vogt-Filmpreis verliehen. Hans Vogt war entscheidend an der Erfindung des Tonfilms beteiligt und sorgte damit für eine absolut neue Ära nicht nur in der Geschichte des Kinos. Er kam aus Rehau bei Hof und war einer der treibenden Entdecker, die diese Gegend geprägt haben. Damit dieser Mann geehrt wird, vergeben wir gemeinsam mit der Stadt Rehau den Hans-Vogt-Filmpreis an Filmschaffende, die innovativ und sorgfältig im Ausdruck und Qualität ihres Filmtones arbeiten. 2021 hast Du diesen wichtigen Preis, unter anderem für dein Liquid-Staging-Projekt ELECTRA 21 bekommen. Die Musik, die bei ELECTRA 21 zu hören ist, stammt von der Komponisten-Legende Mikis Theodorakis.
Bereits vor vier Jahren, 2017, konnten wir hier bei den Internationalen Hofer Filmtagen die Weltpremiere deines Films „DANCE FIGHT LOVE DIE – With Mikis on the Road“ feiern. Mikis Theodorakis ist eine unglaubliche Persönlichkeit, die ich durch deinen Film noch mal neu für mich entdeckt habe. Wie bist du auf dieses sehr spannende Konzept von DANCE FIGHT LOVE DIE gekommen?
Asteris Kutulas: Ich habe drei Jahrzehnte lang mit verschiedenen Amateur-Kameras – ohne jemals an eine Filmproduktion zu denken – sehr viele Situationen mit Mikis auf Reisen, während der Konzerte, während seiner Bühnenauftritte, viele Augenblicke hinter der Bühne etc. auf allen Kontinenten als Video-Tagebuch festgehalten. Insgesamt rund 600 Stunden in etwa 30 Jahren.
Ina Kutulas, meine Ko-Autorin und Ko-Produzentin, hat mich 2015 mehrfach gedrängt, daraus einen Film zu machen. Hier mussten zwei Dinge zusammengebracht werden. Es ging um den riesigen vielfältigen, musikalischen Kosmos von Theodorakis, den er als die Persönlichkeit mit einem so bewegten, dramatischen Leben in die Welt trug. Mikis suchte den Dialog mit dem Publikum, das gemeinsame Erleben, eine Art von Zusammensein beim Hören der Sinfonien, der Opern, beim Singen während der Konzerte. Mich begeisterte schließlich die Idee, diese Energie durch einen Film miterlebbar zu machen. Und sah mich zugleich vor die Herausforderung gestellt, eine Struktur dafür zu entwickeln. Als ich dafür die Lösung gefunden hatte, konnte der Film gemacht werden.
Ich habe dann später auch einige fiktionale Szenen gedreht, mit Sandra von Ruffin und Stathis Papadopoulos als Hauptdarsteller. Für mich und Ina gehörte das unbedingt dazu, denn in Theodorakis‘ Autobiografie z.B. tauchen immer wieder Passagen voller Fantastik auf. Grotesk, bizarr, dramatisch, schräg, kurios. Alles zusammen ergab schließlich 60 Stories auf 60 verschiedene Musiken in 87 Minuten. Für mich war das „die Geburt des Films aus dem Geiste der Musik“.
Thorsten Schaumann: Ihr habt mit Mikis Theodorakis zahlreiche verschiedene Produktionen realisiert, Konzerte, Filme, Opern und auch Ballette. Das konnte man sehr gut in DANCE FIGHT LOVE DIE miterleben, wo Tanz eine große Rolle, wie schon aus dem Titel zu erfahren ist. Das künstlerische Material wiederum für dein Projekt ELECTRA 21, das 2021 bei den Hofer Filmtagen Weltpremiere hatte, kommt größtenteils von einer ELECTRA-Ballettaufführung. Du hast dich offenbar sehr viel mit der Verschmelzung von Tanz und Film beschäftigt.
Asteris Kutulas: Ich war in unterschiedlicher Funktion bei vielen Ballett-Produktionen von Mikis Theodorakis dabei, beim „Zorbas“ in der Arena di Verona, im australischen Perth bei der Weltpremiere des „Axion Esti“-Balletts, bei der Tanz-Version des „Canto General“ in Berlin, an der Moskauer Bolschoi-Oper bei einer Zusammenarbeit mit Vladimir Vassiliev und Ilse Liepa – und dann natürlich ab 2011, bei meiner Zusammenarbeit mit Renato Zanella …
Thorsten Schaumann: … dem italienischen Choreografen …
Asteris Kutulas: … ja, Renato Zanella gehört zu den bekanntesten Choreografen in Europa. Er hat 2011 das „Medea“-Ballett choreografiert, und das habe ich aufgenommen und meinen ersten „Ballett-Film“ RECYCLING MEDEA realisiert, der im Oktober 2022 in die deutschen Kinos kommt.
Electra, Medea, Antigone. Geplant ist eine Film-Tetralogie, zu der RECYCLING MEDEA, ELECTRA’S REVENGE und LOST ANTIGONE gehören, sowie – als cineastisches „Satyrspiel“ nach antikem Vorbild – DANCE FIGHT LOVE DIE. Man hat bereits im antiken Griechenland das „Serien“-Prinzip gehabt: An einem Tag wurden hintereinander drei Tragödien und eine Komödie gespielt. Da in den drei Tragödien gemordet und geschändet wurde, vergleichbar mit den heutigen Horror-Thrillern, zeigte man abschließend eine Polit-Komödie, damit die Zuschauer „entspannt“ nach Hause gehen und schlafen konnten …
Thorsten Schaumann: Und du bist von einem Film-Projekt, also von ELECTRA’S REVENGE, auf diese innovative Kino-Installation ELECTRA 21 gekommen. Wie war das?
Asteris Kutulas: Ich habe 2018 mit James Chressanthis als DOP die Ballettaufführung „Electra“ in der Choreografie von Renato Zanella auf Syros gefilmt. Eigentlich wollten wir Ende 2021 den Film ELECTRA’S REVENGE als zweiten Teil der Tetralogie fertigstellen. Als ich aber im Juli 2021 den 96jährigen Mikis Theodorakis in Athen besuchte, ging es ihm gesundheitlich so schlecht, dass ich spontan beschloss, ihm noch ein „letztes Geschenk“ als Künstler zu machen, das zukunftsgerichtet sein sollte.
Innerhalb von drei Tagen entwickelte ich ELECTRA 21, wobei ich das Electra-Filmmaterial mit meinem Liquid-Staging-Konzept verschmolz: Vier Filme spielen gleichzeitig auf vier verschiedenen Leinwänden, absolut synchron zum Electra-Soundtrack.
Ich stellte Mikis dieses Konzept vor. Er bat mich, ihm am nächsten Tag meine Musikauswahl zu erläutern, denn aus dem musikalischen Material der 2,5-stündigen Oper hatte ich ja „nur“ eine Stunde Musik ausgewählt – ELECTRA 21 hat eine Dauer von 63 Minuten. Nachdem sich Mikis meinen Soundtrack angehört hatte, wollte er ganz genau wissen, warum ich wo welche Schnitte gemacht hatte, warum ich welchen Teil aus der Opernmusik ausgewählt hatte und wie ich das Material dann einsetzen wollte. Er wollte eine genaue Vorstellung davon bekommen. Als er sich vergewissert hatte, dass meiner Vision für dieses Film-Raum-Projekt ein ganz klares Konzept zugrunde lag, gab er mir dafür grünes Licht, nicht, ohne sich vorher im Detail auch darüber zu informieren, wie ich die vier gleichzeitig laufenden Filme gestalten wollte und wie das Ganze aussehen sollte. Mikis war wahrhaftig ein KÜNSTLER, bis zum letzten Augenblick. Er war bei unseren letzten Treffen Ende Juli 2021 schon sehr schwach und trotzdem total neugierig zu erfahren, was künstlerisch entstehen würde. Er starb sechs Wochen später, am 2. September.
Thorsten Schaumann: Das ist eine unfassbare und sehr berührende Geschichte …
So stand das filmische Konzept: „Electra“, das Ballett mit der Musik von Mikis Theodorakis und in der Choreografie von Renato Zanella, gefilmt 2018. Dann hast du daraus 2021 eine Liquid-Staging-Produktion gemacht. Man könnte von einer „fließenden Bühne“ sprechen: vier Kino-Leinwände, die locker an verschiedenen Stellen im Raum drapiert sind, vier Leinwände, die das Publikum, das im Raum ist, umgeben, so dass das Publikum vier verschiedene Filme gleichzeitig erlebt …
Asteris Kutulas: So ist es. Du kannst dich, wenn du willst, auch auf nur einen Film konzentrieren, wobei jeder der vier Filme absolut synchron zum selben Soundtrack ist. Du entscheidest dich als Zuschauer jeden Augenblick, welchen „Film“ du siehst, je nachdem wie du dich bewegst, den Kopf drehst, was du vom Ganzen erfassen willst, erfassen kannst. Das Partizipationslevel ist dadurch sehr hoch, weil du jede Sekunde deinen eigenen „Schnitt“ machen kannst. Am Schluss hat kein Zuschauer dasselbe gesehen, was ich sehr spannend finde.
Thorsten Schaumann: Du hast bei deiner Liquid-Staging-Masterclass im Oktober 2021 in Hof gesagt, dass du das „eindimensionale Sehen“ durch ein „polydimensionales Sehen“ ablösen willst.
Asteris Kutulas: Das „eindimensionale Sehen“ – also, dass man sich hinsetzt und nach vorn auf eine Handlung schaut –, dieses Zuschauen, wie es das seit der Antike gibt und das sich seit dem 18./19. Jahrhundert etablierte, hat meiner Meinung nach kaum noch etwas mit den Seh- und Lebensgewohnheiten der postmodernen Generationen zu tun. In zwei, drei Jahren wird sich durch die Mixed-Reality-Brillen und durch neue virtuelle Produktionen ohnehin ein ganz anderes „Sehen“ herausbilden. Außerdem kommt es zu einer totalen Verschmelzung von Live-Erlebnis und digitaler Welt, was sich z.B. für die Generation Alpha in ihrem TikTok-Universum bereits tagtäglich abspielt.
Thorsten Schaumann: Was passiert dann mit den traditionellen Entertainment-Formaten, was passiert mit dem Kino?
Asteris Kutulas: Theater, Oper, Kino, Konzert etc., also all diese traditionellen Live-Formate, die wird es weiterhin geben. Aber mit der Zeit werden sie immer „musealer“ und „nischiger“, was nichts Schlechtes ist, sondern schlicht der Lauf der Zeit. Jede Epoche bringt nun mal ihre eigenen Formate hervor.
Mit meinem Liquid-Staging-Konzept – wobei ELECTRA 21 ein spontanes „Nebenprodukt“ darstellt – mache ich ein Angebot für polydimensionales Sehen als Alternative zum bislang herrschenden eindimensionalen Sehen. Zugleich könnte es ein Konzept für das „Kino 2.0“ sein.
Thorsten Schaumann: ELECTRA 21 war für mich eine sehr spannende und neue Erfahrung. Ich stehe in einem Raum, umgeben von diesen vier Leinwänden. Die Musik setzt ein. Schon die ist was Besonderes. Du fragst dich sofort: Was ist das für Musik? Dann muss man sich umschauen: Wo sitze ich denn gerade? Viele verschiedene Eindrücke prasseln auf dich ein. Du versuchst erstmal zu sortieren: Wo läuft welcher Film? Beziehungsweise: Welcher „Film“ läuft insgesamt ab? Schon das ist packend. Und in gewisser Weise auch sehr lustig. Dann drehst du dich weiter herum. Wer ist hinter mir, wer ist vor mir … Lara, Christian, Asteris … Ich schau von einem Film zum anderen. Dann entscheidet man sich manchmal länger für eine Leinwand, um dann wieder hin und her zu switchen.
Es ist auf alle Fälle ein neues Erlebnis, sehr fordernd und zugleich sehr mitreißend. Etwas, das in Erinnerung bleibt … Für mich haben sich viele Eindrücke nach der Vorführung sortiert, da man nicht auf alle vier Leinwände gleichzeitig schauen kann.
Asteris Kutulas: Nein, das geht nicht. Das muss man auch nicht … Man kann sich einfach „fallen lassen“ in diesen „Raum“ und genießen, sich dem hingeben. Man kann aber auch aktiv werden und sich sagen: Ich experimentiere jetzt, wo ich diese Möglichkeit habe, ich schaue hin und her, mal sehen, was mit mir passiert … So entsteht eine lebhafte Collage im Kopf oder Chaos oder eine strenge Struktur. Vielleicht erlebt man Überraschungen. Du bist umzingelt von Filmen, die alle zu einer Musik passen und thematisch stringent sind …
Thorsten Schaumann: Die fünfte Ebene, die der Musik, ist sehr wichtig. Hinzu kommt der Raum, das Raumempfinden: Wer sitzt neben mir? Wo passiert gerade was? Ich liebe solche Sachen und bin sehr glücklich, dass wir hier in Hof die Weltpremiere feiern durften! Wir haben viele begeisterte Reaktionen gehabt. Das ist das Wichtigste, denn diese Installation ist fürs Publikum gemacht, ein Angebot an das Publikum.
Asteris Kutulas: Ja, es ist ein Angebot an das Publikum. Und nur eine Möglichkeit, wie man das Liquid-Staging-Konzept anwenden kann. ELECTRA 21 ist ganz spontan entstanden, weil ich, wie schon erwähnt, Mikis ein Geschenk machen wollte, das er noch erleben sollte. Er hatte mir zwar bereits im Juli schon gesagt: „Wenn du im September wiederkommst, werde ich nicht mehr da sein“, aber ich hatte gehofft, dass wir es vielleicht noch schaffen und ihm das Werk präsentieren könnten.
Thorsten Schaumann: Wie bist du eigentlich auf dieses neue Liquid-Staging-Show-Format gekommen?
Asteris Kutulas: Ich habe zusammen mit dem Künstler Gert Hof – angefangen mit dem Millennium-Event in Berlin – zwischen 1999 bis 2010 weltweit über 40 große Produktionen gemacht. 1999 haben wir die Outdoor-Lichtshow erfunden und waren dadurch gewissermaßen zu Pionieren einer neuen Art von Events geworden. Vor 1999 gab es das nicht, weil nichtmal die Hardware dafür existierte.
Thorsten Schaumann: Wer war Gert Hof, fast schon ein richtungsweisender Nachname für den Ort der Weltpremiere Deines Projektes …?
Asteris Kutulas:Gert Hof kam vom Brecht-Theater und hatte sich intensiv mit dem Medium Licht und mit Musik beschäftigt, u.a. inszenierte er viele Rammstein-Shows.
Gert hatte 1998 die Vision, die Konzert- und Theaterbühne zu verlassen und Lichtarchitektur am Himmel zu machen, um Hunderttausende Menschen mit „Art in Heaven“ zu entertainen. Genau das taten wir. Ich war Gerts Partner und Produzent. Gert starb 2012 an Krebs.
Ich beschäftigte mich also zwölf Jahre lang mit den visuellen Medien des Entertainments, mit Pyro-Kunst, Video-Content, Nebel-Ästhetik, Laser, Licht, Aerials, Projektionen etc. In dieser Zeit habe ich sehr viel gelernt und mit großartigen Künstlern zusammengearbeitet wie z.B. mit dem Projektionskünstler Ross Ashton aus London.
Dann war ich bis 2019 zehn Jahre lang bei der Pferdshow „Apassionata“, zuerst Executive Producer und dann Dramaturg, was eine ganz andere Schule bedeutete.
Ich habe versucht, angeregt durch all diese Erfahrungen, die Welt der „Hochkultur“ mit der Welt des „Show-Entertainments“ zusammenzuführen. Daraus resultierte für mich permanent die Frage nach neuen Showformaten fürs 21. Jahrhundert. Und so entwickelte ich vor etwa 10 Jahren mein Liquid Staging Konzept. Das beinhaltet für mich auch ein räumliches Produzieren für ein räumliches Sehen. Für mich war das immer – und zwar bis heute – auch ein Prozess der Forschung.
Thorsten Schaumann: Stillstand ist das Ende. Natürlich soll man auch innehalten, um sich bewusst zu werden: Was mache ich gerade? Wie geht es mir damit? Das ist wichtig, um wieder Kraft zu schöpfen, weiterzugehen und Neues zu vollbringen. Es braucht beides. Das ist unser Prinzip bei den Internationalen Hofer Filmtagen: Wir sind stets bestrebt, neue Dinge auszuprobieren, neue Formate zu entwickeln, technisch neue Wege zu gehen. Darum fand ich dieses Kino-Erlebnis beim Liquid Staging Projekt ELRCTRA 21 so interessant. Es gibt den klassischen Raum und während der Vorführung entscheidet jede Person im Publikum spontan, ob und wann sie ihre Aufmerksamkeit auf welchen der vier Screens richtet. Die Änderung des Blickwinkels kann beliebig oft erfolgen. Somit sieht niemand im Publikum den gleichen Film. Das ist eine neue Art des „Sehens“, eine neue Art von „Kino“.
Danke Thorsten Schaumann für dieses Gespräch und danke Internationale Hofer Filmtage für die Inspiration und die Unterstützung!
I first met Gert in 1998 at a Mikis Theodorakis project in Berlin.At the time he seemed both aloof and down to earth, arrogant, an earthy labourer, unfriendly, persuasive, very strict in his ideas, a bit of a prima donna, a genius.
Gert impressed me with his inimitable talent for analysis and his consistent thought structures.He turned out to be a control freak, a seismograph for human behavioural patterns.No matter if it was negotiations with our various partners or the planning of an upcoming event – he taught me to clearly recognise the panoply of human inadequacies, and especially my own.His persistent and merciless questions on each and every detail, his analytical brain soon revealed the true abilities – and particularly inabilities – of many of our partners.I hated him for this bluntness and soon got used to being thrown back on myself in my work.The air in the world we were about to conquer, I soon realised, was very thin indeed.
Spurred on by Gert I made many decisions that would change my later life.During the first few months of our collaboration I often thought of him as a megalomaniac – until I made his megalomania into my own.I literally surrendered to the creative potential of his anguished brain and its architectural visions of light.
„Millennium Bells“ in Berlin with Mike Oldfield (Dec 1999)
The invitation to stage the Berlin millennium celebration came out of the blue and at very short notice.For us the period between September and December 1999 became a baptism of fire, especially on an interpersonal level.I physically found out that success is married to war, separation and complete exhaustion – and all of this right up to the limits of endurance.Gert behaved as if he cherished this grey area, as if he meant to take on the whole wide world.He directed his pent-up anger – most of the time unfairly – at anyone around him and often himself.But at the same time he managed to inspire complete dedication in everyone working on the event.
In Mike Oldfield I found the ideal musician for the project who, after intensive work together with Gert, composed the „Millennium Bell“ – a suitable musical backbone for our mega event.This was the birth of a new form of art from the spirit of Light.
The international press named both the Berlin event and our simultaneous New Year’s extravaganza on the Acropolis in Athens as two of the global Top 5 millennial events.
Millennium Event, Berlin, December 31st 1999 Music composed & performed by Mike Oldfield Artistic Direction, Light & Pyro Design by Gert Hof | Event General Management & Production by Asteris Kutulas | Produced by Achim Perleberg & Egon Banghardt
Acropolis Millennium Event (New Years Eve 2000)
At the same time as the Berlin millennium celebration, our second mega-event was taking place on the Acropolis, Europe’s most important historical edifice.I had received this commission after many months of negotiations with the Greek Government.Greece wanted to make a statement both nationally and internationally – in this respect hiring a German director and me as a Greek producer from Berlin was both a courageous and, for those politically responsible, „risky“ decision.But this wasn’t the only reason why the Acropolis posed a very special challenge for Gert and for me.We had the greatest respect for what the Parthenon symbolised for European civilisation, we wanted to create something truly special and unique.
Gert had „moved“ the Acropolis, showing it in a new light while at the same time paying homage to it.I remember how, two months before the event, he said to me on the holy hill: „here one has to practice humility.“For months we were working day and night.The exertions were about to pay off: during the event the Acropolis was like a giant ship, gliding through a huge, dark Athens and time itself.Gert’s and my vision – our vision – had become reality.
Acropolis, December 31st 1999 Music composed and conducted by Mikis Theodorakis Light & Pyro Design Gert Hof | Artistic Direction by Gert Hof & Asteris Kutulas | Produced by Asteris Kutulas for the Greek Ministry of Culture & the Municipality of Athens
Ferropolis – City of Steel (Opening Event, July 2000)
Ferropolis, Gert and Mikis:The best possible combination.This city of iron, this tiny island within a huge landscape torn apart by gigantic diggers, perfectly reflected the aesthetic and philosophical background of Mikis Theodorakis and Gert Hof.On our first visit Gert was absorbed by Ferropolis, it was like an addiction that kept drawing him back to prepare the event.Here he had found something he had not experienced during the other events: He felt at home.Rusty monsters of steel, ubiquitous traces of hard human labour, the location’s East German history, an all-pervasive melancholy, the fleeting loneliness – in July 2000 landscape, music and light formed an unrivalled unity.
Ferropolis, July 16th 2000 Music composed and conducted by Mikis Theodorakis Artistic Direction, Light & Pyro Design by Gert Hof | Produced by Asteris Kutulas for the Expo 2000 Sachsen-Anhalt GmbH & the Government of Sachsen-Anhalt
1000 Years of Hungary Millennium Event (August 2000)
Gert was immediately fascinated by Budapest, the Danube and the Parliament. In early 2000 we flew to Hungary for initial discussions and I noticed how, from day one, Gert began to „see“ images.I was woken by his call at 2am and soon I was sitting in his hotel room, looking down onto the Chain Bridge and listening to his description of the future event.In moments like these Gert is lost in another world, until his „longing for prison“ manifests itself again, this dark strife for a soothing yet painful loneliness.It is in moments like these that I think of something Mikis once said: „Somehow, we were freer in prison than we are now in our bourgeois everyday lives“.But such moods – hidden, invisible – never alter Gert’s approach, characterized by strict discipline and a resolute rejection of compromise. Even if it seems to be a contradiction in terms: Gert Hof is a hermit who teaches the „art of warfare“.
It turned out to be a long and winding road until the contract was finally signed with the Hungarian government.Diplomatic snares wherever we turned. The conflicts of interest overwhelming.We, the „foreigners“, were constantly confronted with distrust, envy and scepticism.For on the 20th of August 2000 Hungary not only celebrated the turn of the millennium but also 1000 years since the inauguration of their first ever king – a millennium show twice over, in a way.Gert saw the event as a sign for Hungary’s cultural entry into the European Union, symbolized by a Chain Bridge shrouded in blue neon light – a striking image that went all around the world.
Budapest, August 20th 2000 Music by Robert Erdesz Artistic Direction, Light & Pyro Design by Gert Hof | Event General Management & Production by Asteris Kutulas | Produced by Asteris Kutulas, Happy End Kft. & Art in Heaven GmbH for the Government of Hungary
China Millennium Event (Beijing, Dec 2000)
To us, China was a foreign world, and we were a foreign world to China.The Chinese experience was that of a „positive nightmare“.Our Chinese partners had to learn to overcome their yes-to-everything attitude, we our stubborn negativity.In the Chinese language „no“ does not exist, and most high-level functionaries could not even fathom the idea of refusal.But China was on the verge of opening up, it wanted to get into the WTO and to stage the Summer Olympics 2008.Well, it has accomplished both.Our event was one of those „declarations of openness“.Our collaboration was therefore similar to an arranged marriage, but I had the impression that the Chinese had to try a lot harder than us – which, in the end, they did, and I think they even did it gladly.
In China Gert suffered because he constantly had to adjust to changing circumstances.We often had to react quickly to new realities.It then paid off that Gert had managed to convey this pitiless yearning deep inside himself to his closest employees.I noticed that they possessed that little bit more than their usual professional motivation which enabled them to master such extreme situations as in China.
Klaus Schulze (the former member of Tangerine Dream) wrote the music for our production.The Chinese delegates accepted the Schulze-Soundtrack without further ado.This was important to Gert because he kept an eye on his cooperation with the „official China“, but I think he also acknowledged the complete artistic freedom he had been given and considered himself a living proof of the world’s largest country’s will to finally open up.After the Chinese event I realised that we had accomplished something that no-one had expected to work out and that had only existed in the back of our mind. The birth of an entirely new event format from the spirit of Light.
Beijing, January 1st 2001 Music by Klaus Schulze Artistic Direction, Light & Pyro Design by Gert Hof Event General Management & Production by Asteris Kutulas | Produced by Beijing Gehua Cultural Development Co., Beijing Television, Shanghai Eastern Television, Art in Heaven GmbH & Asteris Kutulas for the Chinese Government
Centrum Modernes Griechenland & Freie Universität Berlin präsentieren: CeMoG-Newsletter vom 17.11.2021
CeMoG-Editorial: Im Gespräch mit Bart Soethaert geht Asteris Kutulas als beteiligter Akteur und Zeitzeuge näher ein auf die Produktions-, Wahrnehmungs- und Rezeptionsbedingungen für die Musik von Theodorakis, insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren in der DDR.
Das Gefühl der Freiheit. Mikis Theodorakis und die DDR: eine Annäherung
Bart Soethaert: In seinem Nachruf auf Theodorakis für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (02.09.2021) schrieb Gerhard R. Koch, dass dessen Erfolg und anhaltende Wirkung einer „quasi Dreizack-Ästhetik von elaborierter Komposition, aktivem gesellschaftlichem Widerstand und überaus erfolgreicher Popularisierung“ zu verdanken ist. Herr Kutulas, Sie haben als Produzent und Freund über viele Jahre sehr eng mit Theodorakis zusammengearbeitet. In welchem Sinn stellt er für Sie einen „Ausnahmekünstler“ dar?
Asteris Kutulas: Zunächst gilt festzuhalten, dass Mikis Theodorakis ein unglaubliches Talent hatte. Die Musik floss aus ihm als brausender Strom heraus – und das bis 2009, als er seine letzte Komposition „Andalusia“ für Alt und Sinfonieorchester fertigstellte.
Zudem war er ein Energiebündel. Sein umfangreiches Werkschaffen ergab sich aus diesem musikalischen Talent und daraus, dass er ständig arbeitete, ständig komponierte, arrangierte, dirigierte, auf der Bühne stand, bei Aufnahmen in Studios war und so weiter und so fort. Theodorakis wirkte auf mich immer wie ein schöpferisch pulsierender Künstler.
Ein weiteres Element, das sein Wesen ausmachte, war – und das mag anfangs vielleicht banal klingen – dass er alle Menschen bedingungslos liebte, sozusagen mit „Haut und Haar“. Diese positive emotionale Grundeinstellung gegenüber anderen Menschen traf bei Theodorakis mit einer ausgesprochen libertären Gesinnung zusammen. Er war ein Freigeist, ein absoluter Anti-Opportunist, der mit keinen Dogmen – politischen, moralischen, religiösen usw. – zurechtkommen konnte.
Den dritten Aspekt hat, so meine ich, der Künstler Joseph Beuys am besten auf den Punkt gebracht, als er über Theodorakis sagte, dieser sei für ihn eine „soziale Plastik“.
Theodorakis wurde zu dem, der er mit seiner Musik und seiner Persönlichkeit für Griechenland und die Welt geworden ist, weil er aus diesen Grundzügen heraus als personifiziertes „Gesamtkunstwerk“ gesellschaftlich agieren und auf die jeweiligen Verhältnisse einwirken konnte.
Bart Soethaert: Worin sehen Sie die soziokulturelle Leistung der Musik von Theodorakis in der griechischen Nachkriegsgesellschaft?
Asteris Kutulas: Weil durch den Bürgerkrieg eine „unnatürliche Entzweiung des griechischen Volkes“ – dieser Ausdruck stammt von Theodorakis selbst – erfolgte, sah er als Komponist und Künstlerpersönlichkeit seine Rolle darin, über die Musik eine Verständigung der sich feindlich gegenüberstehenden politischen Lager herbeizuführen. Dieses Anliegen wird bereits in der Widmung seiner Ersten Sinfonie deutlich. Die Komposition begann er während seiner Verbannung und Haft auf Ikaria und Makronisos 1948, mitten im griechischen Bürgerkrieg, und er beendete sie einige Zeit danach. 1955 wurde die Erste Sinfonie in Athen uraufgeführt. Theodorakis hatte das Werk zwei Freunden gewidmet, Makis Karlis und Vassilis Zannos, die im Bürgerkrieg auf der jeweils anderen Seite – „gegeneinander“ – kämpften und 1948 kurz nacheinander umgekommen waren.
Auch seine Liedkompositionen der 1960er Jahre bewirkten in dieser Hinsicht sehr viel. Er vertonte nicht nur Gedichte des Kommunisten Jannis Ritsos, dessen Werke 20 Jahre lang verbotene Lektüre waren, sondern z.B. auch von Giorgos Seferis, zur selben Zeit Diplomat im Staatsdienst. Es fasziniert mich, dass durch Theodorakis‘ Vertonungen nicht nur die hehre Poesie alsbald in aller Munde war und von den Menschen verinnerlicht wurde, sondern dass Theodorakis darüber hinaus seine Liedkompositionen als ein gesellschaftspolitisches Mittel der Verständigung einzusetzen vermochte. Dieses Engagement zur Aussöhnung der Bürgerkriegsparteien hat ihm stets – jahrzehntelang – Kritik von beiden Seiten eingebracht.
Bart Soethaert: Ihre Familie siedelte 1968 aus Rumänien in die DDR über. In welchem Kontext entstand Ihr Interesse an Mikis Theodorakis? Wie kamen Sie mit seiner Musik in Berührung?
Asteris Kutulas: Ich war mit den Schallplatten von Theodorakis aufgewachsen; seine Musik gehörte seit den 1960er Jahren zu unserem Familienleben, Werke wie z.B. Axion Esti haben meine Eltern und ich „rauf und runter“ gehört.
Dadurch hat es mich 1980 einfach mitgerissen, als ich als Zwanzigjähriger Theodorakis zum ersten Mal im Berliner Palast der Republik begegnet bin. Die Erstaufführung des Canto General in der DDR, das war für mich ein sehr besonderer Abend: Theodorakis stand da ganz in meiner Nähe als Dirigent. Ich war damals Dolmetscher für die Sängerin Maria Farantouri. 1981 kam er wieder, um die endgültige Fassung des „Großen Gesang“, basierend auf den Texten von Pablo Neruda, aufzuführen, wo ich dann als sein Dolmetscher arbeitete. Wir freundeten uns an und unsere Zusammenarbeit begann.
Immer, wenn man mit ihm zusammen war und an seiner Energie teilhaben konnte, lebte man wie in einer pulsierenden Wolke aus Musik, Poesie, Philosophie, Geschichte, Politik, darstellender Kunst und einem unbändigen Gefühl von Freiheit. Ich wollte aus dieser Energiewolke nicht mehr raus. Dieses künstlerisch-anarchistische Leben wollte ich unbedingt führen.
Sie müssen wissen, ich bin ein Kind der „politischen“ Diaspora, die aufgrund des Bürgerkriegs (1946-49) ab 1950 auch in der DDR entstand. In diesem Kontext hatte Theodorakis für mich „gesellschaftspolitische Relevanz“, und zwar vor allem durch diese Verbindung, ein Linker und zugleich ein Freigeist zu sein, was die Linken sehr oft irritierte.
Bahnbrechend war für mich darüber hinaus, dass Mikis als „ernster Komponist“ Lieder geschrieben hat, deren Melodien sich mit der höchsten Dichtung der literarischen Moderne Griechenlands verbanden, wobei sich die Popularität dieser Lyrik in Griechenland und auch die internationale Bekanntheit bis heute erhalten haben. Die Trias seiner Ästhetik – Musik, Poesie und Freiheitsanspruch – ist so wirksam, weil sie eine Synthese darstellt.
Bart Soethaert: Die Aufführung des Canto General 1980 in Berlin-Ost markierte einen Neubeginn für Theodorakis in der DDR, nachdem seine Musik zehn Jahre (1970-1980) nicht mehr im Rundfunk gespielt werden durfte und die in den Lagerbeständen noch vorhandenen Theodorakis-Schallplatten auf Befehl der DDR-Führung zerstört worden waren. Wie kam es dann dazu, dass die DDR in den Achtzigerjahren weder Zeit noch Mühe scheute, Theodorakis eine Bühne zu geben? Er ist einige Jahre lang immer wieder zu Arbeitsaufenthalten in die DDR eingeladen worden, konnte mit den besten Chören, Orchestern und Dirigenten arbeiten und seine Werke aufführen.
Asteris Kutulas: Dass Theodorakis ab 1980 in der DDR wieder präsent war, dass wieder Werke von ihm auf Schallplatte veröffentlicht wurden, dass es zu den ersten Theodorakis-Konzerten überhaupt in der DDR kam, das alles war der Hartnäckigkeit und dem Engagement von Peter Zacher zu verdanken, einem angesehenen Musikkritiker aus Dresden, der stark in die Singe- und Folklorebewegung der DDR involviert war. Peter hatte sich seit 1975 unermüdlich um eine Aufführung des Oratoriums „Canto General“ in der DDR bemüht. Das wurde erst 1980 möglich, als Theodorakis als Parteiloser wieder mit der Kommunistischen Partei Griechenlands kooperierte. Da hob man in einigen sozialistischen Ländern, wie z.B. in der DDR, das Verdikt gegen ihn auf. Peter Zacher konnte dann 1980 die Aufführung des „Canto General“ im Palast der Republik bewirken und später durch seine Vernetzung mit der Musikwelt der DDR u.a. mit Persönlichkeiten wie Herbert Kegel, Kurt Masur, Udo Zimmermann sowie mit Institutionen wie den Dresdner Musikfestspielen, der Halleschen Philharmonie und dem Dresdner Kreuzchor weitere Aufführungen von Theodorakis-Werken initiieren. Auf Vermittlung von Peter Zacher kam es zu den Uraufführungen u.a. der Liturgie Nr. 2, der Frühlingssinfonie, der Sadduzäer-Passion und der 3. Sinfonie. Wenn Peter Zacher nicht gewesen wäre, hätte es das alles nicht gegeben. 1986 haben Peter Zacher und ich auch den Band mit Schriften, Essays und Interviews von Theodorakis gemeinsam übersetzt und bei Reclam herausgegeben. [Mikis Theodorakis, Meine Stellung in der Musikszene, erschienen 1986 in Reclams Universal-Bibliothek]
Kennengelernt hatte ich Peter Zacher 1976, als ich an der Dresdner Kreuzschule – heute heisst sie Kreuzgymnasium – Schüler war, weil zu dieser Schule seit dem 15. Jahrhundert auch der weltberühmte Kreuzchor gehörte, und Peter Zacher hat mit dem Kreuzchor zusammengearbeitet. Mit der Musik von Theodorakis war er Mitte der sechziger Jahre in Berührung gekommen, weil im nahen Radebeul seit dem Ende des griechischen Bürgerkriegs 1949 eine griechische Gemeinde existierte. Ab 1966 und bis in die 1970er Jahre betreute Peter Zacher an der TU Dresden (TUD) ein Ensemble junger Musiker, die zu den griechischen Emigranten gehörten, und diese hatten auch viele Theodorakis-Lieder im Repertoire.
In der Zeit, als Theodorakis in der DDR von offizieller Seite totgeschwiegen wurde, brachte 1975 ein junger Dresdner Grieche, Nikos Kasakis, das Theodorakis-Doppelalbum „Canto General“ aus Griechenland mit und lieh es Peter Zacher. Der war schon länger ein Bewunderer von Maria Farantouri, und als er dann den „Canto General“ hörte, verliebte er sich sofort auch in dieses Werk und wollte es unbedingt in die DDR holen. Von da an hat er das wieder und wieder versucht, bis dann schließlich 1980 Theodorakis zum ersten Mal nach Berlin-Ost kommen konnte und mit dem „Canto General“ im Palast der Republik sein erstes Konzert in der DDR gab. Bis dahin hatte es schon hunderte Theodorakis-Konzerte in der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Jetzt begann sich auch in der DDR eine Fangemeinde zu bilden.
Bart Soethaert: Maria Farantouri, Heiner Vogt und der Rundfunkchor Berlin interpretierten an dem Abend im Rahmen des 10. Festivals des politischen Liedes die sieben bis dahin vorliegenden Sätze des Canto General. Bei dieser Gelegenheit lernten Sie, wie vorhin schon erwähnt, Mikis Theodorakis persönlich kennen. Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an diesen Abend zurückdenken, nach dem Theodorakis in der DDR dann wieder in aller Munde war? Was vermittelte der „Canto General“ im vollen Saal im Palast der Republik?
Asteris Kutulas: Der „Canto General“ offenbart einen unikalen melodischen Fingerabdruck; er zeugt von kompositorischer Größe und ist eines der schönsten Chorwerke des 20. Jahrhunderts. Hinzu kommt diese spanischsprachige, meisterhafte Poesie Nerudas! Kurz gesagt: An diesem Abend, im geteilten Berlin, in der DDR, in der es keine Reisefreiheit gab, aus der die meisten Bürger also nie rauskamen, atmete die Aufführung das, was hinter der Grenze lag: „Welt“. Dass Theodorakis‘ und Nerudas Werk – die Werke zweier utopischer Kommunisten – so im Palast der Republik zusammenkamen, das war für viele junge Menschen und Intellektuelle in der DDR ein Glücksfall sowie ein Zeichen der Hoffnung im Hinblick darauf, dass das Ideal eines humanistischen Kommunismus‘, also eines Ideals von Freiheit, Würde und Naturverbundenheit, zumindest gedacht und geträumt werden konnte.
Bart Soethaert: Es ist eine ironische Wendung der Rezeptionsgeschichte, dass Theodorakis erst 1980, am selben Abend im Palast der Republik, die Urkunde der Ehrenmitgliedschaft der Akademie der Künste der DDR – eine Ehrenmitgliedschaft, die ihm bereits 1968 zugesagt worden war – feierlich überreicht worden ist. Wie war es dazu gekommen, dass Theodorakis 1967-1970 in der DDR außerordentlich große Bekanntheit erlangt hatte?
Asteris Kutulas: Als sich im April 1967 in Griechenland das brutale Militärregime an die Macht putschte, musste Theodorakis in die Illegalität gehen; er wurde im August desselben Jahres verhaftet. Am 1. Juni 1967 trat ein Armeebefehl in Kraft, der das Hören, die Wiedergabe oder das Spielen von Theodorakis‘ Liedern und sogar den Besitz von Tonträgern mit Theodorakis-Liedern verbot.
International bekannte Persönlichkeiten wie z.B. Arthur Miller, Harry Belafonte und Dmitri Schostakowitsch gründeten ein Komitee und forderten seine Freilassung.
In der DDR hat sich Mitte November 1967 der Schriftsteller Hermann Kant mit einem Aufruf in der Zeitung Neues Deutschland an alle Kinder der Republik gewandt, Theodorakis auf Postkarten gemalte bunte Blumen zu schicken. Angela Merkel berichtete in einem Interview, dass auch sie damals eine Blume mit dem Aufruf „Freiheit für Theodorakis“ an das Gefängnis Averof in Athen geschickt hatte.
Der Druck der gewaltigen internationale Solidaritätswelle führte dazu, dass Theodorakis aus der Haft entlassen wurde und im April 1970 nach Paris ausreisen konnte.
Bart Soethaert: Aus dem Dezember 1967 stammt auch das Sonderheft Mikis Theodorakis mit einer Auswahl von Gedichten von Giannis Ritsos in der deutschen Nachdichtung von Bernd Jentzsch und Klaus-Dieter Sommer und mit Liedtexten, inklusive Noten, von Theodorakis. Das Sonderheft erschien in einer Auflage von 50.000 Exemplaren in der ebenfalls 1967 gegründeten und sehr populären Lyrikreihe Poesiealbum beim Berliner Verlag Neues Leben, dem Verlag der DDR-Jugendorganisation „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ). Im Verlagsgutachten, das zusammen mit dem Manuskript zur Erlangung einer Druckgenehmigung bei der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im DDR-Ministerium für Kultur eingereicht wurde, begründete der Lektor Klaus-Dieter Sommer u.a., dass diese Sonderausgabe nicht nur „unsere Solidarität mit den griechischen Patrioten bekundet“, sondern insbesondere auch „Jugendlichen, vor allem den Singeklubs, ein gutes Material in die Hände gibt“, denn Theodorakis hat mit seinen „außerordentlich einprägsamen, leicht sangbaren Vertonungen“ und „volkstümlichen Kompositionen ein Beispiel dafür geschaffen, wie man mit Liedern, mit politischen Liedern, breite Schichten erreichen kann“. Was sagt aus Ihrer Sicht die Argumentation über den Versuch aus, den Komponisten zu vereinnahmen?
Asteris Kutulas: Es wird hier deutlich, dass Theodorakis’ Musik das Publikum der DDR in mehreren Wellen erreichte und dass die erste Popularitätswelle in der DDR (1967-1970) qualitativ differenzierter zu betrachten ist als die Situation ab 1980. Das Verlagsgutachten macht m.E. klar, wie in der ersten Welle die Aussage der Texte und der Freiheitsanspruch an zweiter Stelle standen und an erster Stelle die etwas unbeholfen als „volkstümliche Kompositionen“ bezeichneten Melodien. Diese – politisch bedingte – „einseitige“ Theodorakis-Rezeption war bereits der Vorbote dessen, dass die DDR-Staatsführung den Komponisten und seine Musik bereits zwei Jahre später schon wieder verboten hat.
Während Theodorakis‘ Lieder im Westen immer wieder zu Hits wurden und die Charts stürmten, wurde in sehr vielen sozialistischen Ländern seine Musik überhaupt nicht gespielt.
Wie vorhin ausgeführt, änderte sich das 1980. Die DDR-Politiker haben in den 80er Jahren zwar nicht direkt etwas für Theodorakis‘ Werk getan, aber sie haben es zumindest nicht mehr blockiert, denn die ideologische Haltung war etwas lockerer geworden. Außerdem haben sie stets versucht, Theodorakis’ Präsenz in der DDR propagandistisch für sich zu nutzen. Theodorakis war allerdings nur schwer zu vereinnahmen – das wussten die DDR-Oberen, und sie waren ihm gegenüber auch stets vorsichtig. Sie misstrauten ihm bis zum Schluss.
Hermann Axen war Mitglied des Politbüros der SED, galt als sehr gebildet, er sprach Französisch, war von den Nazis verfolgt worden, nach Paris geflohen, da hatte er mit Theodorakis einen Berührungspunkt, Paris als Exil; er lud im Januar 1989 Theodorakis zu einem Essen ein. Kaum hatte Mikis eine DDR-kritische Frage zur Inhaftierung von jugendlichen Demonstranten gestellt, fing Herr Axen über alles mögliche zu reden und hörte nicht mehr auf, bis das Treffen beendet war. Zu einem weiteren Treffen kam es nie mehr.
Es gab immer mehr Fans in der DDR, die Theodorakis sprechen wollten, die ihn im Konzert erleben wollten oder denen es teilweise Spaß machte, ihm eine Zigarre zu besorgen oder ihm Fotos zu schenken, Bilder, Grafiken, Texte etc. Das waren die Leute, für die Theodorakis in die DDR kam, diese jungen Leute, die sich dachten: „Die Gedanken sind frei …“ Und dann waren da noch die Leute, die sich aus kompositorisch-musikalischer Sicht für seine Werke begeisterten wie z.B. Günter Mayer, Udo Zimmermann und etliche andere. Dazu gehörte auch Konrad Wolf, der damals den Plan hatte, einen großen Film über die REVOLUTION zu machen auf der Grundlage des Soundtracks von „Canto General“. Es gab mehrere diesbezügliche Gespräche zwischen Theodorakis und Wolf, bei denen ich dolmetschte. Konrad Wolf ist früh gestorben. Das hätte ein interessanter Film werden können. Konrad Wolf war völlig klar, dass Mikis nichts mehr beweisen muss und dass diese Musik, diese Poesie, dieser Freigeist für viele vor allem Inspiration bedeutete, Hoffnung, Energie, und darauf kam es an.
Bart Soethaert: Während in Paris andere prominente Exilanten wie Melina Mercouri, Maria Farantouri und Costa-Gavras auf Theodorakis warteten, um mit ihm vereint den Kampf für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit fortzuführen und es zwischen 1970 und 1974 allein schon in West-Europa hunderte von anti-diktatorischen Konzerten gab, wurde es in der DDR 1970 still um Theodorakis. Was war passiert?
Asteris Kutulas: 1970 war erstmal Schluss, weil Theodorakis sich öffentlich gegen den Einmarsch der Sowjetunion in die Tschechoslowakei aussprach und sich zum Euro-Kommunismus bekannte, der sich vom Moskauer Führungsanspruch lossagte und für die Kommunistischen Parteien in mehreren westeuropäischen Ländern politische und ideologische Selbstständigkeit beanspruchte.
1972 wurde Theodorakis in die Sowjetunion nach Jalta eingeladen, und dort hat Leonid Breschnew ihm angeboten – so erzählte mir Theodorakis –, der nächste Generalsekretär der Kommunistischen Partei Griechenlands zu werden. Theodorakis lehnte ab, weil er die Entscheidung darüber, wer die Führungsperson der griechischen KP sein wird, nicht in der Zuständigkeit des Moskauer Politbüros sah. Außerdem ist Theodorakis zu dieser Zeit nicht Mitglied der KP gewesen; er war aus der Partei ausgetreten. Innerhalb von Stunden musste Theodorakis in Jalta das Hotel wechseln und am Tag darauf die Sowjetunion verlassen.
Drei Jahre, nachdem in der DDR Paul Dessau den vorhin erwähnten Armeebefehl Nr. 13, der „die Wiedergabe oder das Spielen der Musik des Komponisten Mikis Theodorakis“ verbot, zu Ehren von Theodorakis für Sprecher, gemischten Chor und neun Instrumente musikalisch umgesetzt hatte, um in der Deutschen Demokratischen Republik diese Maßnahme des Militärregimes zu verdeutlichen, die u.a. das Ende der Freiheit der Musik bedeutete, wurde Theodorakis auch in der DDR zur persona non grata.
Mikis Theodorakis, Meine Stellung in der Musikszene. Schriften, Essays, Interviews 1952–1984, hrsg. und übersetzt durch Asteris Kutulas und Peter Zacher, Leipzig, Verlag Philipp Reclam jun., 1986.
Asteris Kutulas ist Autor, Filmemacher, Übersetzer, Musik- und Eventproduzent. Sein neuestes Werk Electra 21feierte bei den 55. Internationalen Hofer Filmtagen am 30. Oktober 2021 Weltpremiere.
Bart Soethaert ist Neogräzist und Postdoc am Exzellenzcluster 2020 „Temporal Communities“ der Freien Universität Berlin. Derzeit erforscht er die Rezeption der Romane von Nikos Kazantzakis in globaler Perspektive (1946–1988).
*** *** ***
Nachtrag: Mikis Theodorakis zu Peter Zacher
„In Ost-Berlin lernte ich 1980 Peter Zacher aus Dresden kennen, der sich während der ganzen Zeit, als ich in der DDR verboten war, für mich und mein Werk und vor allem für den „Canto General“ eingesetzt hatte. Schließlich wurde der „Canto General“ 1980 in Berlin im „Palast der Republik“ aufgeführt. Das Konzert war so ein Riesenerfolg, dass ich danach gleich einen Auftrag für ein sinfonisches Werk bekam. So kehrte ich nach Paris zurück und legte los. Die „2. Sinfonie“ entstand. Sie basierte auf dem Material aus der Pariser Zeit der 50er Jahre. Ich brauchte nicht immer noch mehr und mehr zu schreiben, denn ich hatte bereits einen ganzen Koffer voll fertiger Sachen, so dass ich gar nicht wusste, was ich damit zuerst machen sollte; und so verarbeitete ich dieses Material u.a. in der „2. Sinfonie“. Sogar aus den 40er Jahren, als ich in den Verbannungslagern gewesen war, gab es noch genügend Material.“ (Mikis Theodorakis)
Electra 21 Four movies. One Soundtrack. No happy end.
ELECTRA 21, a Liquid Staging show consisting of four films running synchronously to one soundtrack with the music of Mikis Theodorakis. In the center, the audience.
4 films, played simultaneously on 4 different screens that are placed around the audience area
ELECTRA 21 – An immersive cinematic experience of the 21st century.
Director’s Statement
For a long time, I’ve had a vision of combining the worlds of cinema, ballet and show – in a work of art for the 21st century. Hence the title ELECTRA 21.
The Liquid Staging project, ELECTRA 21, consists of four films, played simultaneously on four different screens that are placed around the audience area, showing different dance scenes, rehearsals, and fantasies based on the Electra ballet performance by choreographer Renato Zanella.
The four films are played synchronously to the same musical recording of the Electra opera by Mikis Theodorakis.
This cinematic show installation moves away from the one-dimensional view of the 19th century and offers the audience the polydimensional perspective, which corresponds far better to the complexity of our epoch.
I was extraordinarily lucky to be able to use the phenomenal music of Mikis Theodorakis as the basis for ELECTRA 21, and to work with him personally on the soundtrack in July 2021.
The music of Mikis Theodorakis, the gripping elemental choreography of Renato Zanella, the fantastic dance artistry of Sofia Pintzou, the mastery of the cinematographer James Chressanthis (ASC) and the artistic input of Achilleas Gatsopoulos and of all the other artists involved in this project, make our liquid staging production, ELECTRA 21, an impressive, highly emotional and innovative work.
The father sacrifices his eldest daughter for power and fame. Years later, his wife takes revenge and slays him. Their children, Electra and Orestes, kill her to avenge their father. A circle of hatred and destruction. No happy ending.
Mikis Theodorakis on Electra & Clytemnestra
Agamemnon kills his daughter Iphigenia: in doing so, he violates the law of universal harmony; Clytemnestra kills her husband Agamemnon in revenge: she also violates this law; their children Electra and Orestes ostensibly follow this law, but when they kill their mother Clytemnestra, this continues the act of tragic entanglement and begins a new cycle of criminal action.
Electra is a young girl, beautiful but lonely, a princess who has „married“ the shadow of her father Agamemnon, the daughter who loves her murdered father above all else. As a result, there is something magical about this character.
Electra hates her mother Clytemnestra, and this hatred is something unnatural.
Electra loves her father’s shadow, she loves her brother Orestes, the liberator, but she is also an example of harshness and bloodshed. Orestes has returned out of love for his sister and for his father, whom he wants to avenge; but by actually doing so, he himself becomes a victim.
But one must also understand Clytemnestra. She was a witness when her husband murdered Iphigenia, the youngest daughter. There is a lot of talk about Clytemnestra, but there is silence about Cassandra. Agamemnon is in Troy for ten years, waging war. And when he finally returns to Mycenae, he brings Cassandra with him to the palace as his mistress.
For me, Electra or Clytemnestra are not characters from a time two thousand years ago; rather, they represent our world, the torn world of today. The feelings that moved Elektra or Orestes have moved people at all times; their dramas are the same as those that take place today.
Presented are four simultaneously running films, all based on the same musical recording of the Electra opera by Mikis Theodorakis.
Precisely synchronized with this ELECTRA 21 music, the four films representing the following four levels (layers) of the complete work, ELECTRA 21, will be shown on four screens:
Screen 1: ballet film | the (cinematic) recorded ballet performance, ELECTRA, in the „Apollo“ theater in Ermoupolis on Syros
Screen 2: genesis of the ballet, rehearsals | recording of the rehearsals for this ballet performance at different locations in Austria and in Greece, with the dancers and the choreographer Renato Zanella
Screen 3: genesis of the text & associations | „fictional scenes“ with the people involved in this ballet production, combined with graphically designed insertions of the Sophocles text passages, each of which can be seen synchronously with the music feed
Screen 4: genesis of the music and the recording | Mikis Theodorakis conducts the musical recording of the opera, ELECTRA, in the studio in St. Petersburg, which was used as the basis for the Electra ballet performance. These film recordings are mixed with video clips of young conductors conducting the 22 scenes of the ELECTRA 21 soundtrack.
Polymedial vision as a new show format for Cinema 2.0. ELECTRA 21 redefines the audience experience. Visitors can decide at any moment what they want to see and where to focus their attention. In the process, the viewer will always perceive more than one thing at once, and no two people see the same thing.
ELECTRA 21 CREDITS (INSTALLATION)
A Liquid Staging Installation by Asteris Kutulas on the Music by Mikis Theodorakis
Choreography by Renato Zanella | Cinematography by James Chressanthis ASC, GSC | Art Direction by Achilleas Gatsopoulos | Music Production, Editing & Mastering by Alexandros Karozas | Scenography & Production by Georgios Kolios | Associated Producer Christopher Kikis | Co-Produced by Schott Music | Concept & Produced by Asteris & Ina Kutulas | Created & Directed by Asteris Kutulas
Featuring Sofia Pintzou, Alexandra Gravilescu, Tamara Alves Dornelas Souza, Eltion Merja, Valentin Stoica, Florient Cador
Special appearance by Katherina Markowskaya, Maria Zlatani, Lefteris Veniadis, Phaidra Giannelou, Clément Nonciaux, Leandros Zotos, Ariadne Koutoulas
Special thanks to Peter Hanser-Strecker, Tim Dowdall, Rafaela Wilde, Thorsten Schaumann, Oliver Schulze & Frank Wunderatsch
Interview mit dem Choreographen Renato Zanella zum Ballettfilm „Recycling Medea“
_________________________________
RECYCLING MEDEA | Medea tötet ihre Söhne. Auf Euripides’ Theaterwerk beruht die Ballett-Story von der Ermordung zweier Kinder durch die eigene Mutter, die Musik stammt von Mikis Theodorakis, die Choreographie von Renato Zanella. Text, Musik und Tanz vereint in einem Film, der die Trostlosigkeit einer Gesellschaft reflektiert, die tagtäglich ihre Kinder zu denen gemacht hat, die zur Verlorenen Generation von heute gehören.
RECYCLING MEDEA | Liebe, Eifersucht, Mord. Verstörende Schönheit, rebellierende Jugendliche, Tanz und Musik. Ein Ballett-Film.
Asteris Kutulas: Renato, warum tötet Medea ihre eigenen Kinder?
Renato Zanella: Für Medea ist das der Schritt, den sie machen muss, um danach überhaupt noch weiterleben zu können. Dem voraus geht die Phase, da sie zu ihrem Mann sagt: „Verlass mich doch! Aber du hast Kinder. Du hast Kinder – du kannst mich nicht verlassen, wenn du Kinder hast.“ Für mich ist das eine Schlüssel-Szene: „Willst du frei sein?! Gut, dann verlierst du deine Kinder.“ Medea sieht das als die einzige Lösung für sich und ist der Überzeugung, so handeln zu müssen. Ich würde sagen, auf ihre Art war sie sehr konsequent. Ja, und dann hat sie das durchgezogen. Wie auch immer man das beurteilen mag …, sie hat das wegen des Mannes getan, der ihr alles bedeutete. Das Wichtigste in ihrem Leben drohte sie zu verlieren. Wie wir wissen, trifft Medea eine brutale Entscheidung: Sie wird diejenigen töten, die sie am meisten liebt – ihre eigenen Kinder. Aber sie sah darin die einzige Möglichkeit, seelisch zutiefst verwundet, am Leben bleiben zu können, jeden Tag konfrontiert mit der grausamen Demütigung, die ihr Mann ihr zufügte, der ihr sein Leben und seinen Erfolg zu verdanken hatte, seinerseits die Partnerschaft aber später beenden wollte.
Asteris Kutulas: Warum tötet sie nicht ihren Mann? Warum tötet sie ihre beiden Söhne?
Renato Zanella: Ja, das ist eine gute Frage … Ich glaube, die Rache ist wahrscheinlich das Einzige, was bleibt, wenn man so geliebt hat und so verletzt wurde. Ihren Mann umzubringen …, das wäre auch eine Lösung gewesen. Aber wahrscheinlich hätte das auch Medeas Ende bedeutet, vermutlich wäre dann auch sie gestorben. Medea wäre daran zugrunde gegangen, wenn dieser Mann nicht mehr existiert hätte. Sein Leben auszulöschen, zog sie wahrscheinlich gar nicht in Erwägung. Medea sah in Jason den Mann, der sein Leben lebt, aber mit einer anderen. Daher beschäftigte sie vielmehr die Frage: ‚Wie soll ich in dieser unerträglichen Situation weiterleben?’ Medea gebraucht das Wort „Rache“ recht häufig. Sie operiert damit. Sie findet, der Mann müsse büßen und sein ganzes Leben an diesem Schmerz leiden. So zumindest stellte sie auch sicher, dass er jeden Tag an sie denken würde. Und schließlich hat sie ihr Vorhaben dann in die Tat umgesetzt.
Ich wollte diese Tragödie in die heutige Zeit herüber holen, ich wollte, dass sich das in der Gegenwart abspielt, damit man sich mit diesen Fragen auseinander setzt: Wenn so etwas heute passiert – wie … warum geschieht das?
„Nein, das hab ich nicht getan.“
Würde man „Medea“ als ein Zuschauer sehen, der ein Stück aus weit zurückliegender Zeit anschaut, da ginge einem dieses und jenes durch den Kopf. Wie waren die Verhältnisse damals? Und so weiter und so fort. Aber wenn man das wahrnimmt als ein Geschehnis, das in der heutigen Zeit Brisanz hat, dann ist uns das viel näher, wir bekommen unmittelbar damit zu tun und reagieren unmittelbar darauf, weil es uns etwas angeht.
Heute bringen Mütter ihre Kinder um, und diese Mütter vergessen, blenden aus, verdrängen. Das ist eine unglaubliche psychologische Situation. Für eine Mutter ist es oft sehr schwer anzuerkennen, was sie getan hat. Vor der Tat gibt es keinen Zweifel mehr. Sie ist davon überzeugt: „Ich muss das tun. Ich weiß, ich muss das tun.“ Und nach der Tat kann sie sich an nichts mehr erinnern. Sie wird immer sagen: „Nein, das hab ich nicht getan.“
Asteris Kutulas: Was denkst du – hat Medea eine Wahl? Muss sie das wirklich tun? Muss sie ihre eigenen Kinder töten?
Renato Zanella: Sie hat keine Wahl. Für sie ist das, was Jason ihr anbietet, keine Alternative. Weiterzuleben ohne den Mann, den sie über alles liebt … das ist für sie unvorstellbar. Für Medea gibt es nur eine Lösung: „Dann muss ich jetzt so handeln.“ So hat Theodorakis Euripides’ Medea-Stoff aufgefasst. Für diese Frau war das die einzige Lösung, die sie sah. Dieser Mann bedeutete ihr alles. Sie hatte sogar einige Jahre zuvor für ihn getötet. Und dabei war Medea kein Killer, sondern sie war eine Prinzessin, die Tochter des Herrschers. Sie fühlte sich sehr hohen moralischen Werten verpflichtet. Sie war bestrebt, Leben zu retten. Und diese Frau trifft dann so eine Entscheidung.
Das war die „Storyline“ aus alter Antike. Die Verhältnisse waren damals so. Wenn man diese Geschichte jetzt aber herüberholt in die Gegenwart und sich damit auseinandersetzt, dann ist das ein hochaktuelles Thema.
Für mich war diese Erkenntnis sehr wichtig für meine Arbeit mit den Tänzern. Ich sagte mir: Ich muss von etwas „erzählen“, das konkret, das Teil unserer heutigen Realität ist, so dass man sich angesprochen fühlt, dass man von dieser Tragödie ergriffen wird und sich zu fragen beginnt: „War ich selbst schon einmal in so einer Situation? Hab ich selbst schon einmal jemanden so sehr gehasst, dass ich beinah auch so reagiert hätte?“ Ich wollte erreichen, dass man sich diese Frage stellt: „Wie wäre es mir ergangen? Wie hätte meine Entscheidung ausgesehen?“
Für mich waren dieser Mythos und dessen musikalische Umsetzung viel mehr als eine dramatische Geschichte, die man erzählt bekommt und wo man sich sagt: Okay, das und das hat Euripides sich einfallen lassen und so und so hat Theodorakis das musikalisch verarbeitet. Ich habe mich gefragt, wie ich mit meinen künstlerischen Mitteln, mit den Ausdrucksmitteln des Tanzes erreichen kann, dass das Publikum an diesen Punkt kommt, sich diese Frage zu stellen: „Wie hätte ich mich verhalten? Was hätte ich getan in so einer Situation?“ Das macht diese Sache so lebendig, so hochaktuell, so real.
Asteris Kutulas: Diese Musik … der Tanz … Euripides, die Antike, die Moderne … Wie bringst du das alles zusammen?
Dancing Medea: Emotion und Minimalismus
Renato Zanella: Es war eigentlich eher die Frage, wie diese Welt der Kunst und das Publikum zusammenkommen. Als Choreograph stehen mir mein Können und mein Fachwissen zur Verfügung, aber auch das, was mich innerlich bewegt, meine Gefühle – eine breite Palette an Möglichkeiten, mit denen ich arbeiten kann, um meine künstlerische Vision sichtbar werden zu lassen. In diesem Ballett steckt ungeheuer viel, und gleichzeitig gibt es da auch den Minimalismus.
Es ist ja nicht einfach eine Art musikalische Untermalung oder Begleitung, was man da hört. Es ist eine Oper. Ein sehr reiches melodisches Material. Hochdramatisch. Da sind die Bewegungen ab und zu dann sehr minimal. In solchen Augenblicken ist die Singstimme das Wichtigste, und die Aufmerksamkeit gilt vor allem ihr. In anderen Momenten ist es so, als laufe die Musik im Hintergrund und als erzeuge sie dadurch eine bestimmte Stimmung, eine spannungsvolle Situation, in der sich der Konflikt entspinnt. Und an wieder anderen Stellen ist die Choreographie zum Beispiel exakt auf das Wort abgestimmt, und der Text tritt in den Vordergrund.
Asteris Kutulas: Warum dieser Stoff? Was und wen wolltest du erreichen mit diesem Ballett?
Renato Zanella: Ich fühlte bei der Arbeit eine enorme Freiheit. Wie jemand, der ein Buch liest, das ihn begeistert, und der die Handlung vor dem inneren Augen ablaufen sieht, der sich also beim Lesen seine eigene Vorstellung vom Geschehen macht. Ich sah in diesem Mythos etwas ungeheuer Aktuelles. Das wollte ich den Menschen nahe bringen. Ich kann ganz sicher die Theatergeschichte nicht umschreiben.
Ein mythologischer Stoff wird immer als ein solcher wahrgenommen werden. Es wird immer wieder so sein, dass man seinen Blick auf die Vergangenheit richtet, wenn man es mit solch einem Material zu tun hat. Trotzdem – das war in diesem Fall nicht mein Anliegen. Ich habe versucht, das zusammenzubringen, eine Überleitung zu schaffen, also etwas weit Zurückliegendes in die Gegenwart zu holen … oder es sich in der Gegenwart offenbaren zu lassen. Ich glaube, man muss heute außerdem wieder den Mut haben, sich diese Freiheit zu nehmen: sich nicht ewig zu fragen und vornehmlich damit zu beschäftigen, wie, in welcher Art und Weise man ein Thema am idealsten umsetzt, sondern es vor allem endlich zu tun.
Asteris Kutulas: Ausgangspunkt deiner Arbeit ist natürlich die Musik. In diesem Falle die Opernmusik von Mikis Theodorakis zu „Medea“.
Renato Zanella: Theodorakis’ musikalische Vorlage ist sensationell. Die Ouvertüre zum Beispiel, die ich gewählt habe – die hat etwas sehr Hymnisches, sie trägt die Dimension von etwas Unermesslichem, Unerreichbarem in sich, die Dimension des Unendlichen. Als entfalte sich ein Universum, ein Himmel voller Sterne. Und dann plötzlich diese Rhythmen, diese ethnischen Motive, dieses Erdennahe, Akzentuierte, Metrische, das uns Zeit und Raum ermessen, erfahren, erleben lässt. Das empfindet man als Tänzer extrem stark. Der Körper bewegt sich wie von allein. Dieses Werk ist enorm poetisch. Gigantisch – dieser Theodorakis. Seine Musik gestattet einem alle Freiheiten, derer man bedarf, um dieses Material zu ergreifen, damit zu arbeiten, die Botschaft, die es enthält, zu entschlüsseln und zu überbringen. Ich weiß nicht mehr, wie viele Stunden ich diese Musik gehört habe, aber jedes Mal hat sie mich erreicht. Sie hat etwas transportiert, in mir ausgelöst und mich mitgerissen.
Diese Komposition gab mir „grünes Licht“, ich fühlte mich frei genug, in jede Richtung gehen zu können, die ich einschlagen wollte. Ich habe den Impuls bekommen und wusste: Das muss gemacht werden.
Asteris Kutulas: Und jenseits der Musik? Wie ist es zu diesem „leeren“ Bühnenraum gekommen?
Renato Zanella: Manche Mittel habe ich bewusst sparsam eingesetzt. Das Boot auf der Bühne zum Beispiel. Das haben wir auf einem Müllplatz gefunden. Für mich war das symbolisch. Und zugleich war das Boot selbst ein Symbol. Ebenso der leere Raum. Wo sich eine Wüste ausbreiten könnte, Niemandsland, das Nichts, ein riesiger Freiraum.
Wir fangen bei Null an, und das, was zunächst aufsteigt und anwächst, das sind vor allem die Emotionen und die Beziehungen, die sich ergeben zwischen der Musik und den Tänzern. Zwischen der Musik und der Geschichte. Zwischen den Tänzern und der Geschichte. Zwischen Vergangenheit und Heute. Das war für mich wirklich faszinierend. Mich hat das sehr begeistert. Ich hoffe, dass das Werk das Publikum erreicht … Es braucht nur einen einzigen Moment, da etwas die Zuschauer berührt, und sie fühlen sich auf einmal als ein Teil dieses Stücks und denken: „Das könnte mir auch passieren. Auch ich könnte Medea oder Jason oder Glauke sein. Ohhh, ich versteh das, ja!“ Wenn das passiert, hab ich als Choreograph das Ziel erreicht.
A film by Asteris Kutulas | Music by Mikis Theodorakis | Choreography by Renato Zanella | Written by Asteris & Ina Kutulas | With Maria Kousouni as Medea
Announcement by the Municipality Chania, the Goethe Institute & the Chania Culture KAM
ELECTRA 21 Greek Premiere: Liquid Staging Installation to the music of Mikis Theodorakis – Chania 10th and 11th December
This Liquid Staging Installation by Asteris Kutulas to the music of Mikis Theodorakis is an absolutely new kind of live experience!
WHEN: 10th and 11th December WHERE: Mikis Theodorakis Theatre, Venetian Harbour, Chania
With Jannis Papatzanis live on percussion
The Liquid Staging experience of ELECTRA 21 consists of the overall experience of the music, four documentaries running simultaneously and an installation. The audience decides for itself: Visitors can direct their attention in each case to whatever captivates them at the moment. In doing so, everyone perceives more than one thing at the same time.
This Liquid Staging show installation moves away from the one-dimensional seeing of the 19th century and offers the audience the polydimensional seeing, which corresponds much more to the complexity of our epoch. A new kind of live experience.
Electra, a timeless thriller. The father sacrifices the eldest daughter for power and fame. His wife slays him for it years later. Their children Electra and Orest kill her to avenge the father. A circle of hatred and destruction. No happy ending.
ELECTRA 21 | A musical recording, a ballet performance, a film production, a liquid staging installation
Credits ELECTRA 21 installation
Music by Mikis Theodorakis Choreography by Renato Zanella | Electra: Sofia Pintzou Cinematography by James Chressanthis ASC, GSC Art Direction by Achilleas Gatsopoulos Music Production, Editing & Mastering by Alexandros Karozas Scenography by Georgios Kolios Concept by Asteris & Ina Kutulas Created & Directed by Asteris Kutulas
On the music of Mikis Theodorakis „In general, Theodorakis understands the meaning and concept of setting to music differently from most opera composers: the text does not consist in an alternation of recitatives and arias, but in a classification of almost every vocal part into a continuous melismatic fabric, which is of course interrupted by choral parts and some orchestra introductions. Theodorakis sets to music by literally painting characters, emotions, situations, even contents with sounds.“ (Ilias Giannopoulos)
The ELECTRA storyline The story begins early in the morning (where we experience Electra bemoaning her fate) and ends the same evening with Clytemnestra’s and Aigisthos‘ death, murdered by Orestes and his cousin Pylades.
Shortly after sunrise two strange men appear (but in fact it is Orestes and Pylades who have disguised themselves) and inform Queen Clytemnestra that her son Orestes has died in exile in a chariot race. Clytemnestra, who together with her lover Aigisthos has killed her husband Agamemnon and therefore fears that her son Orestes, although he fled years ago, could still be dangerous to her, is delighted to learn of his death. Now Clytemnestra sends a messenger to invite the two men to the palace to celebrate this positive news in the evening. When her daughter Electra learns of her brother Orestes‘ fatal accident, she tries in vain to persuade her sister Chrysothemis to revenge their father’s death. Electra is convinced that the mother and her lover must finally die, because they murdered Agamemnon and thus took from the children their father. Now believing that Orestes has been killed in an accident, Electra and Chrysothemis, the two daughters, are to carry out the act of revenge. The „strangers“, Orestes and Pylades, reveal their true identity to Electra, whereupon she instigates her brother to murder Clytemnestra. Orestes finally enters the palace, kills Clytemnestra and then, when he appears, her lover, Aigisthos.
Film Credits (4 movies)
Music by Mikis Theodorakis | Ballet Choreography by Renato Zanella | Cinematography by James Chressanthis ASC, GSC | Editing by Yannis Sakaridis, Asteris Kutulas & Stella Kalafati | Music Editing & Mastering by Alexandros Karozas | Art Direction by Achilleas Gatsopoulos | Cameras by Vasilios Sfinarolakis, Mike Geranios, Zoe Chressanthis, Hara Kolaiti, Dionissia Kopana, Stella Kalafati, Asteris Kutulas | Additional filming with Katherina Markowskaya by Sarah Scherer | Sound by Klaus Salge | Assistance to James Chressanthis by Hara Kolaiti | Still photography by Robin Becker | Production Management by Vassilis Dimitriadis | Associated Producer Christopher Kikis
Written & produced by Asteris & Ina Kutulas | Directed by Asteris Kutulas
Music Edition by Schott Music | Special thanks to Peter Hanser-Strecker & Margarita Theodorakis
Cameras provided by Alternative Digital Cinema, Los Angeles & Canon, USA | Special thanks to Joe Lomba & Tim Smith
Soundtrack with kind permission of Mikis Theodorakis & SCHOTT MUSIC, Mainz
Special thanks for the support to the Strecker-Stiftung, Frank Wunderatsch, Internationale Hofer Filmtage, Rafaela Wilde, Dimitris Koutoulas, Tim Dowdall, Gerd Helinski, Rena Parmenidou, Jörg Krause, Christian Jansen, Nana Trandou, Nikos Vlachakis, Jan Perray, Oliver Schulze, Lefteris Veniadis, Alexander Kutulas, Rafika Chawish, Hofer Filmtage Team & Thorsten Schaumann
ELECTRA 21 | A musical recording, a ballet performance, a film production, a liquid staging installation
– created and directed by Asteris Kutulas to the music of Mikis Theodorakis
Electra, a timeless thriller. The father sacrifices the eldest daughter for power and fame. His wife slays him for it years later. Their children Electra and Orest kill her to avenge the father. A circle of hatred and destruction. No happy ending.
The live experience of ELECTRA 21 consists of the overall experience of the music, four documentaries running simultaneously, some of them hybrid, and an installation. The audience decides for itself: Visitors can move, sit or stand in this liquid staging installation and direct their attention in each case to whatever captivates them at the moment. In doing so, everyone perceives more than one thing at the same time.
This show installation moves away from the one-dimensional seeing of the 19th century and offers the audience the polydimensional seeing, which corresponds much more to the complexity of our epoch. A new kind of live experience.
ELECTRA 21 | Eine Musikaufnahme, eine Ballettaufführung, eine Filmproduktion, eine Liquid Staging Installation
– von Asteris Kutulas zur Musik von Mikis Theodorakis
Electra, ein zeitloser Thriller. Der Vater opfert die älteste Tochter für Macht und Ruhm. Seine Ehefrau erschlägt ihn dafür Jahre später. Ihre Kinder Electra und Orest töten sie, um den Vater zu rächen. Ein Kreis des Hasses und der Vernichtung. Kein Happy End.
Das Live-Erlebnis ELECTRA 21 Produktion besteht aus dem Gesamt-Erlebnis der Musik, vier zeitgleich ablaufenden – zum Teil hybriden – Dokumentarfilmen und einer Installation. Das Publikum entscheidet selbst: Die Besucher*innen können sich in dieser Liquid-Staging-Installation bewegen, sitzen oder stehen und ihre Aufmerksamkeit jeweils auf das richten, was sie gerade fesselt. Dabei nimmt jede*r immer mehreres zugleich wahr.
Diese Show-Installation bewegt sich weg vom eindimensionalen Sehen des 19. Jahrhunderts und offeriert dem Publikum das polydimensionale Sehen, das der Komplexität unserer Epoche viel mehr entspricht. Ein neuartiges Live-Erlebnis.
ELECTRA 21 CREDITS
A Liquid Staging Installation by Asteris Kutulas on the Music by Mikis Theodorakis
Choreography by Renato Zanella with Sofia Pintzou as Electra | Cinematography by James Chressanthis ASC, GSC | Art Direction by Achilleas Gatsopoulos | Music Production, Editing & Mastering by Alexandros Karozas | Scenography & Production by Georgios Kolios | Concept & Produced by Asteris & Ina Kutulas | Created & Directed by Asteris Kutulas
Special appearance by Katherina Markowskaya & Maria Zlatani | With the music directors Phaidra Giannelou, Andrianna Neamoniti, Clément Nonciaux, Lefteris Veniadis | With special thanks to Frank Wunderatsch
Ballet Credits
Music by Mikis Theodorakis (from his opera „Electra“) | Choreography by Renato Zanella | Film sequences by James Chressanthis ASC, GSC | Music Editing by Alexandros Karozas | Lighting Design by Uwe Niesig | Costumes by Olgica Gjorgieva | Concept & Direction by Asteris Kutulas & Renato Zanella
In cooperation with Europaballett St.Pölten | Ballet performances filmed at the „Apollo“ Theater of Hermoupolis (Syros) | International Festival of the Aegean | Presented by MidAmerica Productions of New York and the Municipality of Syros-Hermoupolis | General & Artistic Director Peter Tiboris
St. Petersburg State Academic Capella Orchestra & Choir | Directed by Mikis Theodorakis | Music Production, Editing & Mastering by Alexandros Karozas | Produced by Alexandros Karozas & Asteris Kutulas | Music Edition by Schott Music & Romanos
Film Credits (4 movies)
Music by Mikis Theodorakis | Ballet Choreography by Renato Zanella | Cinematography by James Chressanthis ASC, GSC | Editing by Yannis Sakaridis, Asteris Kutulas & Stella Kalafati | Music Editing & Mastering by Alexandros Karozas | Art Direction by Achilleas Gatsopoulos | Cameras by Vasilios Sfinarolakis, Mike Geranios, Zoe Chressanthis, Hara Kolaiti, Dionissia Kopana, Stella Kalafati, Asteris Kutulas | Additional filming with Katherina Markowskaya by Sarah Scherer | Sound by Klaus Salge | Assistance to James Chressanthis by Hara Kolaiti | Still photography by Robin Becker | Production Management by Vassilis Dimitriadis
Written & produced by Ina & Asteris Kutulas | Directed by Asteris Kutulas
Music Edition by Schott Music & Romanos | Special thanks to Peter Hanser-Strecker & Margarita Theodorakis
Cameras provided by Alternative Digital Cinema, Los Angeles & Canon, USA | Special thanks to Joe Lomba & Tim Smith
Soundtrack with kind permission of SCHOTT MUSIC, Mainz & Romanos
Special thanks for the support to the Strecker-Stiftung, Frank Wunderatsch, Internationale Hofer Filmtage, Rafaela Wilde, Dimitris Koutoulas, Tim Dowdall, Gerd Helinski, Rena Parmenidou, Jörg Krause, Christian Jansen, Nana Trandou, Nikos Vlachakis, Jan Perray, Oliver Schulze, Lefteris Veniadis, Alexander Kutulas, Rafika Chawish, Hofer Filmtage Team & Thorsten Schaumann
*** *** ***
„The public LIQUID STAGING project ELECTRA 21 by Asteris Kutulas provided a preview of a cinema format of the future.“
We are delighted that with the support of our sponsors, we are able to award the HANS VOGT FILM AWARD of the city of Rehau at the 55th Hof International Film Festival. The prize is aimed at filmmakers whose great innovation and diligence have lent a special quality and value to their films, paying particular attention to film music.
This year, the prize goes to author, filmmaker and producer Asteris Kutulas.
Asteris Kutulas published his own works as an author and worked as a film, music and event producer. In 2014 he began with the production of his film project DANCE FIGHT LOVE DIE – WITH MIKIS ON THE ROAD, which celebrated its world premiere at Hof International Film Festival in 2017. At this year’s 55th Hof International Film Festival, he is presenting his Liquid Staging installation ELECTRA 21.
The installation consists of four films running simultaneously, all based on the same musical recording of the Electra opera music by Mikis Theodorakis. Absolutely synchronously, the four films are played on four screens, showing different ballet scenes and orchestra rehearsals.
The Hans Vogt Film Prize was established to commemorate the pioneering work of Hans Vogt, an engineer born in the Rehau district in 1890, who played a decisive role in the invention of sound film and brought about a new era in the history of cinema.
Previous award winners: Edgar Reitz, Wim Wenders, Michael Verhoeven, Doris Dörrie, Dominik Graf, Veit Helmer, Caroline Link, Emily Atef
HANS-VOGT-FILMPREIS 2021
Wir freuen wir uns sehr, dass wir bei den 55. Internationalen Hofer Filmtagen 2021 auch in diesem Jahr, mit der Unterstützung unserer Sponsoren, den HANS-VOGT-FILMPREIS der Stadt Rehau vergeben können. Der Preis ist an Filmschaffende gerichtet, die mit Innovation und Sorgfalt ihren Filmen besondere Qualität und Wertigkeit mit auf den Weg gegeben haben und dabei besonders auf ihre Filmmusik achten.
In diesem Jahr geht der Preis an den Autor, Filmemacher und Produzenten Asteris Kutulas.
Asteris Kutulas wurde am 5. April 1960 in Oradea, Rumänien als Sohn griechischer Emigranten geboren. Nach dem Umzug seiner Familie in die DDR ging Kutulas in Dresden zur Schule und absolvierte dann ein Studium in Germanistik und Geschichte der Philosophie in Leipzig. Er war lange als Übersetzer tätig und bearbeitete dabei unter anderem diverse Schriften von Mikis Theodorakis. Im Laufe der Zeit veröffentlichte er als Autor eigene Werke und arbeitete als Musik- und Eventproduzent sowie als Manager. 2014 begann er mit der Produktion seines Filmprojekts „Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis“, welches 2017 Weltpremiere bei den Internationalen Hofer Filmtagen feierte.
Bei den diesjährigen 55. Internationalen Hofer Filmtagen präsentiert Asteris Kutulas seine Liquid-Staging-Installation ELECTRA 21. „Schon lange hatte ich die Vision, die Welt des Kinos mit der Welt des Balletts und der Show-Welt zu verbinden: in einem Kunstwerk für das 21. Jahrhundert.“ Die Installation besteht aus vier gleichzeitig laufenden Filmen, die alle auf derselben Musik-Aufnahme derselben Electra-Opern-Musik von Mikis Theodorakis basieren. Absolut synchron werden dazu auf vier Leinwänden vier Filme abgespielt, die verschiedene Ballett-Szenen und Orchester-Proben zeigen.
Mit dem Hans-Vogt-Filmpreis soll an die Pionierleistung des 1890 im Rehauer Ortsteil Wurlitz geborenen Ingenieurs Hans Vogt erinnert werden, der entscheidend an der Erfindung des Tonfilms beteiligt war und für eine neue Ära in der Geschichte des Kinos sorgte.
Bisherige Preisträger: Edgar Reitz, Wim Wenders, Michael Verhoeven, Doris Dörrie, Dominik Graf, Veit Helmer, Caroline Link, Emily Atef
Asteris Kutulas is active as an author, filmmaker, polymedial artist, creative director, event and music producer. Liquid Staging is, among other things, an answer to the outdated and „museum-like“ form of many show formats, which no longer correspond to the reception habits of the younger postmodern generations.
In his masterclass, Asteris Kutulas will present – with the help of many examples – the Liquid Staging technology as a new way of thinking for the digital age and what role the medium of film plays in this. Followed by a discussion with the audience.
über die „Verräumlichung des Films“ als Basis zur Entwicklung neuer Show-Formate
Apple, TikTok, Netflix und Co. haben in einem rasanten Tempo das Freizeitverhalten, die Entertainment-Industrie, unsere gesamte Gesellschaft verändert. Die neu entstandene hybride Welt wird bestimmt vom Internet und vom Smartphone. Mit dem Smartphone wurde die kleinste zur größten Bühne des 21. Jahrhunderts. Alles wird beherrscht vom bewegten Bild.
Liquid Staging ist u.a. eine Antwort auf die überholte und „museale“ Form vieler Show-Formate, die nicht mehr den Rezeptionsgewohnheiten der jüngeren postmodernen Generationen entsprechen.
Welches sind die neuen Show-Formate des 21. Jahrhunderts, eines Jahrhunderts, das sich in rasanter digitaler Transformation befindet? Kann Liquid Staging als Denk-Ansatz dienen, um innovative Event- und Showformate sowie eine modulare und „hybride“ Inszenierungsform zu entwickeln?
Asteris Kutulas präsentiert in seiner Masterclass – anhand von vielen Beispielen – die Liquid-Staging-Technologie als einen neuen Denkansatz für das digitale Zeitalter und welche Rolle dabei das Medium Film spielt. Anschließende Diskussion mit dem Publikum.
55. Internationale Hofer Filmtage 2021 | Masterclasses
Mit unserem Format halten wir uns an die gleichnamige, amerikanische Lernplattform, und bieten Zuschauer*Innen, Filminteressierten, und auch Filmschaffenden eine einzigartige Möglichkeit des Austausches. Mit „Master Class“ bieten wir die Chance auf einen Einblick in die kreativen Köpfe der Vortragenden. Welche Tipps und Kniffe verraten sie uns? Alle Geheimnisse rund um die Welt der Kunst, des Films und Theaters werden enthüllt, wenn wir einladen … zur Master Class. Kommt vorbei und lasst euch inspirieren.
ASTERIS KUTULAS MASTERCLASS am Mittwoch, 27.10., 16 Uhr
ABEL FERRARA MASTERCLASS am Freitag, 29.10, 11 Uhr
Der Künstler Asteris Kutulas führt uns ein in die Kino-, Ballett- und Show-Welt durch eine Installation auf der Basis von Mikis Theodorakis‘ ELECTRA Opern-Musik.
Das Live-Erlebnis besteht aus dem Gesamt-Erlebnis der Musik, vier zeitgleich ablaufenden – zum Teil hybriden – Dokumentarfilmen, die in einer Liquid-Staging-Installation. Das Publikum entscheidet selbst: Die Besucher*innen können sich in dieser Liquid-Staging-Installation bewegen, sitzen oder stehen und ihre Aufmerksamkeit jeweils auf das richten, was sie gerade fesselt. Dabei nimmt jede*r immer mehreres zugleich wahr. Diese Show-Installation bewegt sich weg vom eindimensionalen Sehen des 19. Jahrhunderts und offeriert dem Publikum das polydimensionale Sehen, das der Komplexität unserer Epoche viel mehr entspricht. Ein neuartiges Live-Erlebnis.
Heute ist es wieder soweit, die neue CAVALLUNA-Show „CELEBRATION!“ hat in Riesa Premiere. Auf den Tag genau vor zwei Jahren, am 23.10.2019, hatte ich begonnen, den 4. Teil meiner Apassionata-Story zu veröffentlichen, der das Ende der Massine-Ehlers-Apassionata beschrieb. Damals ahnte ich noch nicht, dass sehr bald eine Corona-Pandemie die Welt von Grund auf verändern würde: Ich studierte gerade die „Antigone“ von Sophokles für unser neues Ballett-Projekt mit Renato Zanella in Trento (Italien) und konzipierte meine erste Liquid-Staging-Inszenierung einer Oper für den Juli 2020 in Wien, nämlich Richard Wagners „Der fliegende Holländer“. Doch auch diesen „Flug“, wie so viele andere, cancelte Corona.
Zur selben Zeit schickte sich die neue Pferdeshow „Mondwind – Der Zaubermantel“ an, mit Manfred Hertlein als Veranstalter, der mächtigen Cavalluna/Apassionata Konkurrenz zu machen. Aber wegen der Corona-Pandemie werden die zwei „Kontrahenten“ ihre Schwerter erst Ende 2022 kreuzen. Dann wird man sehen, was die beiden künstlerischen Direktoren Klaus Hillebrecht (Cavalluna/Apassionata World GmbH) und Holger Ehlers (Mondwind/Manfred Hertlein Veranstaltungs GmbH) dem Publikum – im direkten Vergleich – präsentieren werden. Die Mondwind Entertainment GmbH, die mit Unterstützung des ehemaligen Apassionata-Eigentümers Peter Massine am 30.4.2019 gegründet wurde, hat Holger Ehlers als Geschäftsführer sowie dessen Ehefrau Katrin Ehlers (mit 75% Anteil) und den Finanzberater Jens Grimm (mit 25% Anteil) als Gesellschafter. Beide Shows – Cavalluna & Mondwind – entstanden aus dem Korpus der 2019 untergegangenen Apassionata.
Apassionata – Das Nachspiel
Da mich in den letzten beiden Jahren viele Fragen über den weiteren Verlauf der Causa „Apassionata & Mondwind“ erreichten, werde ich in diesem journalistisch recherchierten Blog-Artikel aufzeigen, was seitdem passierte. Ich finde das Ganze jedoch nicht nur unter journalistischem Blickwinkel äußerst spannend – immerhin kannten über 70% der Menschen in Deutschland die Apassionata-Show –, sondern mich interessiert das Ganze auch um zu sehen, wie die Berliner Justiz mit solch einem Fall umgeht, bei dem eine Handvoll Menschen viele Millionen „verdient“, und zwar auf dem Rücken dutzender ehemaliger Kollegen, Mitarbeiter und Partner, die einen finanziellen Schaden von insgesamt über 13 Millionen Euro erleiden. Immerhin verbergen sich hinter diesen „13 Millionen“ zum Teil sehr tragische Einzelschicksale. Für einige ehemalige Apassionata-Mitarbeiter waren die finanziellen und psychischen Folgen der Apassionata-Liquidation verheerend und existenzvernichtend.
31.12.2021, mittags
Der letzte Tag des Jahres 2021. Nach einem sehr kreativen und ereignisreichen Jahr ist jetzt etwas Ruhe eingekehrt, und ich kann meine Apassionata-Aufzeichnungen vom Oktober 2021 endlich vervollständigen, die man allerdings nur ganz versteht, wenn man meinen Artikel vom Oktober 2019 kennt. Hier folgt nun die Fortsetzung dieser Geschichte und vor allem die Veröffentlichung neuer Fakten in der Causa „Apassionata/Mondwind“.
Zur Erinnerung: Peter Massine war Mitbegründer und bis 2019 Produzent der Pferde-Show „Apassionata“. Holger Ehlers war seit 2009 Autor, Regisseur und – laut eigenen Angaben – „Komponist“ aller Apassionata-Produktionen bis zur letzten Show „Der magische Traum“ in der Saison 2018/19. Seit 2017 war Holger Ehlers auch Executive Producer der beiden letzten Shows „Der Traum“ (2017-18) und „Der magische Traum“ (2018-19). Peter Massine und Holger Ehlers bestimmten als Hauptakteure nicht nur die geschäftliche und die künstlerische Entwicklung der „Apassionata“ der letzten zehn Jahre, sondern sie verantworteten durch ihre Handlungen und Entscheidungen auch das dramatische und abrupte Ende derselben.
Apassionata-Wirtschaftskrimi
Nach dem Bankrott sämtlicher Apassionata-Firmen von Peter Massine im Jahr 2019 haben die Insolvenzverwalter und einige Gläubiger mithilfe ihrer Rechtsanwälte recherchiert und viele Fakten und Zeugenaussagen zusammengetragen, die ich teilweise bereits in meinem Artikel vom Oktober 2019 festgehalten hatte. Diese Recherchen, an denen ich vor allem aus journalistischem Interesse heraus beteiligt war, liefen bis zum Herbst 2021 weiter, und sie brachten eine Menge neuer Fakten ans Tageslicht. Eine Kollegin von mir, die als investigative Journalistin arbeitet und sich für die „Causa Apassionata/Mondwind“ interessiert und dazu recherchiert hat, gab mir einige Dokumente, die viele offene Fragen beantworteten und Licht ins Apassionata/Mondwind-Dunkel brachten.
Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass Peter Massine 2019 zahlreiche seiner Gesellschaften in eine geplante und systematisch vorbereitete Insolvenz geführt und dabei Gläubiger mit Tabellenforderungen in Höhe von insgesamt über 13,1 Millionen Euro bei einer Gesamtmasse von ca. 25.000 Euro zurückgelassen hat. Der Begriff „Tabellenforderungen“ bedeutet, dass sich die 13,1 Millionen nur aus sogenannten „angemeldeten“ Forderungen zusammensetzen, was nichts anderes heißt, als dass der Schaden, den Peter Massine hinterlassen hat, noch viel höher ist – um einige Millionen höher –, da viele Gläubiger ihre Forderungen nach der Insolvenz gar nicht angemeldet, sondern „abgeschrieben“ haben. Zu diesen 13,1 Millionen Euro kommen noch Forderungen vom Finanzamt in noch unbekannter Höhe hinzu. Bei den uns bekannten insolventen Massine-Gesellschaften – es gibt derer noch mehr – handelt es sich um folgende:
Ein Wirtschaftsanwalt kommentierte diese Tabelle wie folgt:
„Das krasse Missverhältnis von Insolvenzverbindlichkeiten i.H. von 13,1 Millionen Euro und „Freier Masse“ i.H. von 25.000 Euro in der Zusammenschau mit dem Inhalt der vier Insolvenzgutachten und dem aus ca. 25 verschiedenen Gesellschaften bestehenden Firmengeflecht des Herrn Peter Massine in Deutschland, Österreich und auf Malta sowie einer österreichischen Privatstiftung liefert den Beweis des ersten Anscheins, dass Herr Massine und seine Helfer mit hoher krimineller Energie zu ihrem eigenen Vorteil und zum Nachteil der betroffenen Gläubiger gehandelt haben.“
Das Firmengeflecht von Peter Massine: 25 Firmen in 5 Ländern für 1 Apassionata-Show
Im Oktober 2019 sind wir noch von 15 Gesellschaften in 3 Ländern ausgegangen, tatsächlich umfasste das Firmen-Netzwerk von Peter Massine insgesamt ca. 25 Unternehmen in 5 Ländern (Deutschland, Österreich, Malta, Ungarn, China).
Hier kommen jedoch noch zwei weitere Firmen ins Spiel, die offensichtlich das „Überleben“ von Peter Massine nach dem Apassionata-Aus garantieren sollten: die im April 2019 mit seiner Hilfe neu gegründete Mondwind Entertainment GmbH von Katrin Ehlers (75%) und Jens Grimm (25%) als Gesellschafter und mit Holger Ehlers als Geschäftsführer sowie die key4talent GmbH.
Das Unternehmen key4talent GmbH soll bis 2017 Softwarelösungen für die Analyse von Arbeitskräften entwickelt haben, wobei die letzten veröffentlichten Abschlüsse auf eine chronische Überschuldung hindeuten. 2017 hatte Peter Massine die key4talent GmbH „stillgelegt“, um sie im April 2019 als „Zwischenstation“ für die Verschiebung der ersten Tranche i.H. von 2,7 Mio Euro aus dem Apassionata-Asset-Deal mit Hongkun zu verwenden, obwohl die key4talent GmbH gar nichts mit der Apassionata und dem Hongkun-Vertrag zu tun hatte. Diese Transaktion wird durch mehrere Insolvenzverwalter und Gläubiger vor Gericht angefochten. Holger Ehlers war – nach eigenen Angaben – in genau dieser Zeit als „Berater“ für die key4talent GmbH tätig, was nichts anderes bedeutet, als dass er an dieser zwielichtigen Transaktion beteiligt war, zumal die key4talent GmbH 2019 keine andere Tätigkeit ausser dieser finanziellen Verschiebung von 2,7 Millionen Euro aus der Apassionata-Schatulle nachweisen kann.
Dieses verwirrend „komplexe“ Massine-Firmengeflecht wurde aber auch von Holger Ehlers, Katrin Ehlers, Jens Grimm und ihrer Mondwind Entertainment GmbH als „Tarnung“ genutzt, um mit der fertig produzierten Show „Apassionata – Der magische Traum“ und der vorproduzierten Show „Apassionata – Der Zaubermantel“ ein neues Geschäft und in Saudi-Arabien mit „Der magische Traum“ einen hohen Profit von ca. 1 Million Euro zu generieren – ohne aber vorher die Rechte an diesen Produktionen zu erwerben und auch ohne die Schulden zu begleichen, die die APASSIONATA-Produktionen „Der Traum“ (2017/18), „Der magische Traum“ (2018/19) sowie „Der Zaubermantel“ bei der SenseUp Entertainment GmbH und der Apassionata GmbH (Wickberg) hinterlassen hatten.
„Tarnung“ deshalb, weil aufgrund dieses hochkomplexen Firmennetzwerks nur schwerlich nachvollziehbar ist, welche Rechte und Anlagegüter aus den unzähligen Massine-Firmen auf der Grundlage welcher Rechtsgeschäfte in die Mondwind Entertainment GmbH transferiert worden sind und ob sie überhaupt rechtsgeschäftlich transferiert wurden, oder ob die Mondwind GmbH sich die Assets und Rechte nur rechtswidrig angeeignet und genutzt hat – was sich eindeutig aus den uns vorliegenden Beweismitteln ergibt.
Das Ergebnis der „Apassionata“-Liquidation: etwa 100 Gläubiger „verlieren“ mindestens 13 Millionen Euro und 4 Personen „verdienen“ 7,5 Millionen Euro, „geschützt“ vor Strafverfolgung durch ein Firmengeflecht von 25 Unternehmen in 5 Ländern
*****
Hier eine Auswahl der Massine/Apassionata-Unternehmen außerhalb Deutschlands:
In China
In den Unterlagen der Wibbeltstein GmbH taucht ein „Darlehen“ an eine Massine Group Asia Ltd. auf. Ein unterschriebener Joint Venture Vertrag vom 28.01.2016 offenbart zwei weitere Peter-Massine-Firmen in China: die Massine Asia Ltd. sowie die Beijing Massine Apassionata Entertainment Company Ltd. Und nicht zu vergessen die Hongkun International Holdings Ltd. (Hong Kong), den Investor von Peter Massine und Eigentümer der Apassionata World GmbH (inklusive der Cavalluna Show und des Cavalluna-Parks in München).
In Ungarn
Diverse Massine-Apassionata-Firmen kooperierten mit den ungarischen Gesellschaften Rivalda bzw. Experidance, Ko-Produzenten der Apassionata-Shows, über die mehrere Millionen Euro an Steuer-Vergünstigungen vom ungarischen Staat flossen.
Auf Malta
Marken-, Lizenz- und Urheberrechtseinnahmen (letztere offiziell: für Holger Ehlers‘ Musikrechte von auskunftsgemäß jährlich über 1,5 Millionen Euro) flossen in Peter Massines Taschen über seine maltesischen Firmen: – DaVinci Publishing Limited – Tyrell Corporation Limited – St. George Edition Limited – Bel Brand Entertainment Limited – Bright Stone Holding Limited
In Österreich
An der Spitze der Firmenpyramide standen Peter Massine und die in Innsbruck (Österreich) angesiedelte „Peter und Karen Massine Privatstiftung“, deren Verbindung zu seinen anderen Firmen er in der Präsentation vom 25.9.2018 mit dem Titel „APASSIONATA Der magische Traum – Darstellung der Rahmenbedingungen für eine Finanzierung“ wie folgt skizzierte:
Bei der Massine Group GmbH (Innsbruck), inzwischen firmierend als Brockdorff GmbH i.L., handelt es sich – trotz der Namensgleichheit – nicht um die Massine Group GmbH (Berlin) – inzwischen firmierend als Holt GmbH.
*****
Die insgesamt ca. 25 Massine-Firmen hatten ein einziges – und, unternehmerisch gesehen, sehr überschaubares – Produkt, welches Umsatz und Gewinn generierte, nämlich die Pferdeshow Apassionata und deren Auswertung als Live-Show und als Merchandising-Umsatz. (Und dafür hätte ein kleines Büro mit einer Handvoll von Mitarbeitern gereicht, wie jeder Profi aus der Unterhaltungsbranche weiß. Peter Massine brauchte dieses Firmen-Monstrum offenbar aus ganz anderen Gründen.)
Insolvenz-Tsunami (reduced)
2019 führte Peter Massine allein in Deutschland folgende 13 seiner 25 Firmen innerhalb von 4 Monaten in die Insolvenz (weitere folgten etwas später):
SenseUp Entertainment GmbH am 15.02.2019
Holt GmbH (vormals MassineBoecker GmbH) am 31.03.2019
– Massine Company GmbH
– Peter Massine Productions GmbH
– 12 Mnkys
– fbtk GmbH
– Massine Group GmbH (gegr. 2016, vormals Massine Holding GmbH)
Wibbeltstein GmbH (vormals Apassionata Massine GmbH) am 20.06.2019
Die Schulden, die Peter Massine mit diesem Insolvenz-Tsunami innerhalb von vier Monaten hinterließ, belaufen sich (wie aus der Tabelle oben ersichtlich) auf mindestens 13,1 Millionen Euro . Dieses Ergebnis ist – laut Finanzexperten – ohne Insolvenzstraftaten überhaupt nicht möglich.
Peter Massine „reduzierte“ sehr kreativ aber auch die Anzahlseiner Insolvenzen: Er meldete in Deutschland für 4 Gesellschaften zwischen Februar und Juni 2019 Insolvenz an:
1) SenseUp GmbH am 15.02.2019
2) Holt GmbH am 31.03.2019
3) Wickberg GmbH am 18.06.2019
4) Wibbeltstein GmbH am 20.06.2019
Tatsächlich führte er jedoch – wie oben beschrieben – 13 Gesellschaften innerhalb dieser vier Monate in den Konkurs, die allesamt plötzlich weder seinen Namen noch den von „Apassionata“ trugen.
Peter Massine macht sich „unsichtbar“
Peter Massine tilgte nicht nur systematisch und jeweils unmittelbar vor der jeweiligen Insolvenz-Anmeldung die Bezeichnungen „Apassionata“ und „Massine“ aus allen diesbezüglichen Firmennamen, sondern einige dieser Gesellschaften wurden zudem teilweise mit „betriebsfremden“ Firmen verschmolzen. Auch diese neu entstandenen Firmen wurden allesamt umfirmiert und erhielten völlig neue Namen, um sie – nur Wochen später – in die Insolvenz zu schicken. So geschehen mit:
– Peter Massine Productions GmbH … zu Holt GmbH – Massine & Company GmbH … zu Holt GmbH – MassineBoecker GmbH … zu Holt GmbH – Massine Group GmbH, Berlin … zu Holt GmbH – Massine Group GmbH, Innsbruck … zu Brockdorff GmbH – Apassionata Massine GmbH … zu Wibbeltstein GmbH – Apassionata GmbH … zu Apassionata Produktions GmbH … zu Wickberg GmbH – Apassionata München GmbH … zu Futurecom Service GmbH … zu
CleanSmartSolutionsGermany GmbH
Diese Gesellschaften, die sich allesamt in der Liquidation befinden, gehörten zwar Peter Massine, aber durch die Umfirmierungen ging „offiziell“ keine einzige „Massine“- oder „Apassionata“-Firma Konkurs.
Peter Massine wollte offensichtlich seinen „Namen“ und auch den seiner „Apassionata“ für zukünftige Geschäfte „reinhalten“ und sich selbst durch diverse Umfirmierungen und Verschmelzungen kurz vor Insolvenz-Anmeldung „unsichtbar“ und „unverfolgbar“ machen.
Betrug als „Kunstwerk“ & als Sinn des Lebens
Peter Massine erzeugte durch diese von langer Hand vorbereitete und ausgeklügelte „Exit-Strategie“ – nach seinem 6-Millionen-Deal mit Hongkun am 1.3.2019 – eine extrem komplexe firmenübergreifende Insolvenz-Konstruktion. Undurchschaubar für Behörden, Staatsanwaltschaft, die Insolvenzverwalter und Gläubiger.
Der Insolvenzverwalter der Apassionata Massine GmbH (2019 umfirmiert in Wibbeltstein GmbH) stellt z.B. in seinem Insolvenzgutachten 12 Darlehens-Forderungen von 11 verschiedenen Massine-Gesellschaften fest:
Wie man an diesem Beispiel sieht, ließ Peter Massine viele Gelder als „Darlehen“ über sein Firmengeflecht „versickern“, indem er je nach Bedarf Darlehen zwischen seinen Firmen hin und her schob.
Ein weiteres Zeugnis dieses „systemischen Verwirrspiels“ ist die Antwort der Direktorin der Malteser Verlage von Peter Massine und Holger Ehlers vom 29.01.2019 auf Nachfrage von Jens Grimm, dem Finanzberater von Peter Massine und dem Partner von Holger Ehlers, über die Zahl-Ströme diverser Massine-Firmen auf Malta:
For year 2016 we need bills amounting to € 900k For year 2017 please note that we have a deferred income from the previous year of€ 1.9mil and have invoiced a further € 2.5mil, bills for these amounts should also beissued asap Payments in 2017 from Mendelsohn as follows Peter Massine Productions € 565,036 Apassionata Massine GmbH € 2,665,156 Apassionata Munich GmbH € 690,032 Payments in 2017 from Tyrell as follows Peter Massine payment for BSH shares € 45,000 Massine Group Austria € 30,995 Peter Massine Productions € 167,012 Apassionata München GmbH € 195,000
Diese Darlehens-Strategie diente u.a. dazu – „erfolgreich“ – die Zahlungsunfähigkeit und den Bankrott vieler Massine Firmen über Jahre zu verschleiern und viele Mitarbeiter sowie Geschäfts-Partner zu täuschen. Dabei war die einzige Einnahme-Quelle all dieser Firmen stets nur die jeweils laufende Apassionata-Show, in unserem Fall „Der Traum“ (2017-18) und „Der magische Traum“ (2018-19).
*****
Dieses undurchsichtige und komplexe Firmengeflecht ermöglichte es Peter Massine, diverse Rechte, Anlagegüter, Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen all diesen – längst insolventen – Gesellschaften nach gerade „aktuellem Bedarf“ hin- und herzuschieben sowie beliebig „Darlehen“ untereinander zu vergeben, Gelder „versickern“ zu lassen und im Nachhinein rückdatierte Vereinbarungen aufzusetzen etc. etc.
*** *** ***
Wenn man sich ansieht, wie „liebevoll“ und bis ins letzte Detail diese Firmen-Architektur von Peter Massine und seinen Helfern entworfen und umgesetzt wurde, wieviel Zeit, Energie und Knowhow sich in dieser „Betrugs-Sinfonie“ bündelt, dann kann man schon von einem wahren Gesamt-Kunstwerk sprechen.
Ich erinnerte mich, dass ich als Germanistik- und Philosophie-Student Anfang der achtziger Jahre eine Buchkritik über den Erzählband „Alle meine Hotel-Leben“ von Fritz-Rudolf Fries schreiben musste. Ich bin mir sicher, dass Peter Massine, der allein zwischen 2016 und 2019 in über 100 Gerichtsverfahren verwickelt war, seine Autobiografie unter dem Titel „Alle meine Gerichts-Leben“ veröffentlichen könnte. Aus gut informierter Quelle weiss ich, dass die beiden Parteien (Peter Massine und Hongkun) in diesen vier Jahren die astronomische Summe von über 10 Millionen Euro an Anwalts- und Gerichtskosten aufbringen „mussten“.
Ab 2007 – und bis zum heutigen Tag – hat Peter Massine seinen Freund und Partner Holger Ehlers in diesen Gerichts-Strudel von „Recht und Unrecht“ mit hineingezogen, wie u.a. im Artikel von Stephan Handel in der Süddeutschen Zeitung vom 13.6.2018 nachzulesen und in unzähligen Gerichtsprozessen, die die beiden Männer Seite an Seite ausgefochten haben, nachzuvollziehen ist. 2019 nahm Holger Ehlers dann auch seinen Finanzberater und Managing Director Jens Grimm, seine Ehefrau Katrin Ehlers und seinen neuen Partner Manfred Hertlein mit auf eine neue gemeinsame „Mondwind-Reise“ mit Peter Massine. Die Fakten und die Umstände dieser abenteuerlichen Road-Show werden hier in meinem Blog bald zu lesen sein. Sobald ich wieder Zeit dafür finde. Und sobald die neuen Recherchen zur Causa „Mondwind“, die gerade laufen, abgeschlossen sind.
*** *** ***
Persönlicher Nachtrag, Silvester 2021
Als ich im Oktober 2019 anfing, über das Ende der Apassionata zu recherchieren und zu schreiben, war ich gerade von einer großen Produktion aus Südkorea zurückgekehrt und bereitete als künstlerischer Direktor die „Songs for Humanity“ Welttournee vor, die dem 75. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager gewidmet war – allerdings unterbrach die Pandemie im März 2020 jäh diese Tour mit Maria Farantouri aus Griechenland und Assaf Kacholi aus Israel. Wir mussten die Konzerte in Australien, Österreich und in den USA absagen. Die Beschäftigung mit der Apassionata/Mondwind-Causa parallel zu diesen wunderbaren Projekten war zwar sehr ärgerlich, aber da einige meiner alten Apassionata-Kollegen, die brutal betrogen worden waren, mich um Hilfe gebeten hatten, wollte ich sie nicht hängen lassen.
Zwei Jahre später, im Oktober 2021, wiederholte sich das Ganze. Unser Projekt ELECTRA 21 – vier parallel laufende Filme zu einem Soundtrack – hatte Weltpremiere bei den Hofer Filmtagen, und das Goethe-Institut veranstaltete die griechische Uraufführung dieses Werks in Chania auf Kreta am 11. und 12.12.2021. Im November 2021 veröffentlichte das Production Manager (pma) Magazin erstmals in Deutschland mein Liquid Staging Konzept als Titelstory. Genau in dieser Zeit erhielt ich von Journalisten-Kollegen weiteres aufschlussreiches Material und neue Fakten über die Apassionata-Liquidation und die Umstände der Gründung der Mondwind Entertainment GmbH – und wieder beschäftigte uns diese Angelegenheit für eine Weile. Das Ergebnis habe ich in diesem Blog-Beitrag zusammengefasst.
[Liquid Staging – „Film spatialization“ as a basis for new forms of performances and spectacles | | Asteris Kutulas Masterclass & Lecture || On the genesis of Liquid Staging aesthetics through various examples and visions. How Liquid Staging changes the way to develop and produce a live show. || 11.10.2021 || INNOVATHENS || TECHNOUPOLIS || ATHENS]
LIQUID STAGING
Μια διαφορετική βάση για νέες μορφές παραστάσεων και θεαμάτων (Liquid Staging Masterclass Greece)
Η Ρευστή Σκηνογραφία έρχεται ως απάντηση-πρόταση στη σημερινή, παρωχημένη και «μουσειακή» μορφή θεαμάτων που δεν ανταποκρίνεται πια στους τρόπους πρόσληψης ερεθισμάτων των ανερχόμενων Post-Millenial γενεών.
Ο Αστέρης Κούτουλας θα αναδείξει μέσα από την παρουσίασή του τις νέες προοπτικές που ανοίγονται μπροστά μας και θα μας ξεναγήσει στη γένεση, το παρόν και το μέλλον της Liquid Staging αισθητικής. Στην παρουσίαση και συζήτηση με τον Πάρι Κωνσταντινίδη, ο Αστέρης Κούτουλας θα αναλύσει πώς πρέπει να αλλάξουν οι live παραστάσεις στη νέα ψηφιακή εποχή. Τα σύγχρονα θεάματα θα πρέπει πλέον να συμβαδίζουν με τον τρόπο ζωής και τις αντιλήψεις των σημερινών νέων και των μελλοντικών γενεών αλλά και της παρατηρούμενης δυσκολίας να κερδίσει κανείς την προσοχή τους (βλ. τη συζήτηση για το «Attention Economy»), δεδομένης της ριζικής αλλαγής συμπεριφοράς που επέφεραν οι πλατφόρμες κοινωνικής δικτύωσης όπως το TikTok, το YouTube, το Instagram κλπ.
Η χρήση μυθοπλαστικών τεχνικών που διευρύνουν τη σκηνή σε κάθε δυνατή επιφάνεια, η διάσπαση της γραμμικής αφήγησης, το ξεπέρασμα των ορίων μεταξύ ζωντανού και μαγνητοσκοπημένου, δημιουργούν ένα υβριδικό, συνολικό έργο τέχνης που φιλοδοξεί να διασώσει τα ζωντανά θεάματα στον 21ο αιώνα.
INNOVATHENS: Κόμβος Καινοτομίας & Επιχειρηματικότητας της Τεχνόπολης Δήμου Αθηναίων, Δευτέρα 11 Οκτωβρίου 2021, 5 μ.μ.
Asteris Kutulas: Liquid Staging Manifesto (Greek)
Η «χωροποίηση του φιλμ» ως βάση για νέες μορφές παραστάσεων και θεαμάτων
Η Ρευστή Σκηνογραφία
Αποτελεί βάση για νέες, καινοτόμες μορφές event και θεαμάτων. ———
Υπηρετεί τις συναισθηματικές και πνευματικές ανάγκες της ψηφιακής μας εποχής. ———
Καθιστά δυνατή τη δημιουργία υβριδικών «συνολικών έργων τέχνης», βασιζόμενη στην αιχμή των τεχνολογικών επιτευγμάτων του 21ου αιώνα.
——— ≈ ———
Η «ρευστή σκηνογραφία» αποτελεί ένα υβριδικό «μέσο» που ενώνει όλα τα στοιχεία που συνδημιουργούν μία παράσταση. Αυτά τα στοιχεία μπορούν να είναι ο κινηματογράφος, το θέατρο, ο χορός, η μουσική, ο ήχος, ο φωτισμός, η θεατρική σκηνή, το design, η αρχιτεκτονική, η ψηφιακή τέχνη, το gaming, η Augmented Reality τεχνολογία και όχι μόνο.
Η «ρευστή σκηνογραφία» αποτελεί ένα διαρκώς μεταβαλλόμενο «μέσο» που αλλάζει ακατάπαυστα τον ρόλο του.
Η «ρευστή σκηνογραφία» αποτελεί μία «κινηματογραφική ταινία» που έχει σχεδιαστεί λεπτομερώς από το πρώτο μέχρι και το τελευταίο δευτερόλεπτο του event ή του θεάματος.
Η «ρευστή σκηνογραφία» δεν περιορίζεται μόνο στην πλάτη του σκηνικού, αλλά επεκτείνεται και σε ολόκληρη τη σκηνή (στο δάπεδο, την οροφή και τους πλαϊνούς τοίχους), ή ακόμα και ― ανάλογα με το σενάριο ― στον χώρο των θεατών.
Με τη «ρευστή σκηνογραφία» δημιουργείται ένας υβριδικός «βιωματικός χώρος», στον οποίο μπορεί να λάβει χώρα μία νέα «οσμωτική» μορφή παράστασης με τις τεχνικές-ψηφιακές δυνατότητες του 21ου αιώνα («υβριδικό» εδώ σημαίνει την πάντοτε άρρηκτη σύνδεση μεταξύ της κινηματογραφικο-οπτικής δράσης και της φυσικής δράσης).
——— ≈ ———
Το Liquid Staging υπερβαίνει πλήρως τα όρια μεταξύ «σκηνής» και «ταινίας».
Η «ρευστή σκηνογραφία» ανοίγει νέες πολυεπίπεδες δυνατότητες χρήσης του μέσου του κινηματογράφου και φέρνει έναν νέο τρόπο παραγωγής θεαμάτων. Με τον όρο «θέαμα» εδώ εννοούνται όλες οι πιθανές μορφές «παράστασης» (π.χ. event, όπερα, μπαλέτο, μιούζικαλ, συναυλία, θεατρική παράσταση, περφόρμανς, έκθεση, ομιλία, επίδειξη μόδας, παρουσίαση προϊόντων, κτλ).
Η «ρευστή σκηνογραφία» ανοίγει νέες προοπτικές, εκ των οποίων οι παρακάτω είναι οι πλέον καθοριστικές:
——— Η ανά πάσα στιγμή μεταβαλλόμενη «ρευστή σκηνογραφία» μπορεί, ακολουθώντας τη δραματουργία του εκάστοτε θεάματος, να χρησιμοποιηθεί είτε ανεξάρτητα, είτε συγχρονισμένα, στατικά ή/και κινηματογραφικά ή/και ενσωματωμένα ή/και διαδραστικά.
——— Η κινηματογραφική ψευδαίσθηση υποκαθιστά ξανά και ξανά τη θεατρική ψευδαίσθηση (ανάλογα με τις απαιτήσεις του σεναρίου), ώστε στο τέλος να εξαφανιστεί, ώσπου να επανέλθει στο προσκήνιο ―πρόκειται για μία εξελισσόμενη, οργανική διαδικασία καθόλη τη διάρκεια του θεάματος. Με αυτόν τον τόπο το «σκηνικό» μετατρέπεται σταδιακά σε «κινηματογραφική ταινία» κι η «ταινία» ξανά σε «σκηνικό».
——— Οι ηθοποιοί επί σκηνής γίνονται ξανά και ξανά πρωταγωνιστές μιας «κινηματογραφικής πλοκής». Κατά τη διάρκεια του θεάματος δρουν τόσο ως ηθοποιοί μιας θεατρικής παράστασης όσο και μιας κινηματογραφικής ταινίας, και λειτουργούν ως το συνδετικό στοιχείο σε αυτόν τον νέο, βιωματικό χώρο της ρευστής σκηνογραφίας.
——— ≈ ———
Το μέσο της κινηματογραφικής ταινίας (φιλμ) ― πρόκειται για το σημαντικότερο μέσο της ρευστής σκηνογραφίας, ως προς τη λειτουργία του ― μπορεί να χρησιμοποιηθεί με τουλάχιστον τέσσερις τρόπους:
1) ως μεγάλος αφηγηματικός «κινηματογράφος» (π.χ. μεμονωμένες σεκάνς, μεταβάσεις σκηνών).
2) ως ενσωματωμένη «κινούμενη σκηνογραφία» (με μεταβαλλόμενη δυναμική, αφηγηματική φόρμα, αισθητική, κτλ, σε συνάρτηση με το σενάριο και τη μουσική).
3) ως μέσο που αλληλεπιδρά με τους ερμηνευτές ή με τα διαφορετικά στοιχεία του σκηνικού και της σκηνής (εφέ χαρτογράφησης, κτλ)
4) ως μέσο που έχει τη δυνατότητα να συμπεριλάβει τον χώρο των θεατών στην παράσταση.
Η «ρευστή σκηνογραφία της ταινίας», που από την πρώτη μέχρι και την τελευταία στιγμή αλληλεπιδρά με τη μουσική, το φως, την κίνηση, το κείμενο, τα σκηνικά και τα κοστούμια, χρειάζεται εντελώς νέες προσεγγίσεις, ώστε να μπορέσει να «λειτουργήσει», αλλά και για να μπορέσει να αξιοποιήσει τις δυνατότητες συναισθηματικής επίδρασης που προσφέρει ο «κινηματογράφος» στη σκηνική δράση. Η ιδέα της «χωροποίησης της ταινίας» οδηγεί αναγκαστικά σε έναν αναπροσδιορισμό του ρόλου των παρακάτω δημιουργικών επαγγελμάτων:
——— Συγγραφέας:
πρέπει να μπορεί να συνδυάζει σε ένα πρόσωπο τις ιδιότητες του σεναριογράφου, του θεατρικού συγγραφέα, του δραματουργού και του χορογράφου.
——— Σκηνοθέτης: πρέπει να κατέχει τα μυστικά της σκηνοθεσίας όχι μόνο του θεάτρου, αλλά και του θεάματος, του χορού, του gaming και του κινηματογράφου.
——— Σκηνογράφος: οφείλει να είναι ταυτόχρονα σκηνοθέτης, art director και σχεδιαστής κινούμενων γραφικών.
——— Projection artist και σχεδιαστής φωτισμού: δύο διαφορετικοί ρόλοι που συγχωνεύονται σε αυτόν του Liquid-Stage-Designer
Μέσω της αισθητικής του Liquid Staging επομένως αλλάζει τόσο το εύρος των καθηκόντων όσο και η μεθοδολογία της εργασίας στους τομείς του σχεδιασμού κοστουμιών, της παραγωγής/σύνθεσης ήχου και μουσικής, καθώς και στην ανάπτυξη και δημιουργία σκηνικών.
Το Liquid Staging αποτελεί μία νέα πρόκληση για τους επαγγελματίες του θεάματος.
——— ≈ ———
Η ρευστή σκηνογραφία σηματοδοτεί μία νέα φιλοσοφία των events και των θεαμάτων.
LIGHTS OF HOPE Olympiacos FC event – Karaiskaki Stadium | Piraeus | Greece | July 19th, 2020
Olympiacos FC Liquid Staging Event 2020 was short listed for the AV Awards 2021 in London in the category: Events and Entertainment Project of the Year – AV magazine
Testimonials
Tim Dowdall
I have had the pleasure to work with Asteris Kutulas over a period of thirty years, starting way back in the 1980s. We cooperated on numerous major productions all over the world often with extraordinary success. I have also witnessed during this time how, in his parallel life, he has realized his many book, film and art projects.
In his „Lights of Hope“ project for Olympiacos FC in the summer of 2020, Asteris Kutulas combined art and sport in a visionary concept, giving Olympiacos Piraeus and the football world a wonderful gift. It became very clear at this event that Asteris Kutulas is not only a very experienced producer, but also an inspired and inspirational filmmaker.
Asteris Kutulas wrote a detailed script for the event, using Ross Ashton’s fantastic projections, Achilleas Gatsopoulos’s and Daniel Brune’s graphic laser projections, and the live act with children’s choir and DJ, to build an emotional work of art celebrating the Olympiacos team and their fans. As the basis for what he calls his „liquid staging concept„, Asteris Kutulas chose music by Marios Joannou Elia that gives the impression of having been created especially for the event. Asteris Kutulas fused all of these elements together with the impressive lighting design of George Tellos. The result is simply sensational.
In addition, I know from my own experience what it means to produce such a project in just two weeks, and moreover under pandemic conditions. For this superhuman effort, my respect goes to Asteris Kutulas and all those involved.
Tim Dowdall, Berlin Impresario | One-time Executive Vice President Live Nation Central and Eastern Europe (2005-2013)
Knut Foeckler: „A digital orchestration – right into the hearts of millions of viewers“
In a time, when pandemic has become another word for limitation and frustration, a team around Asteris Kutulas has created a masterpiece of multifaceted performance bringing joy into the hearts of so many football lovers. When the heroes of Olympiacos, the Piraeus based football club, had won the Greek Super League mid 2020 for the 45th time, they wanted to share their victory with all their fans. But the pandemic got in their way. However, the marketing management of Olympiacos had a spontaneous idea. They called Asteris Kutulas and asked him to do the mission impossible: He was asked to create a breathtaking event that conveyed the electrifying atmosphere of a football stadium – but without audience – and to have it ready to roll within 3 weeks‘ time.
He agreed and created a convincing concept within a few days. He pulled the best of the best together and sweating under their Covid Masks they orchestrated a „liquid staging“, projections, laser motion design, fireworks, live acts, music and much more to finally create „Lights of Hope“. Kutulas directed an international team of top talents to present a masterpiece sending the joy of a victorious football team and a light ray of hope into the world that has been darkened too long by the pandemic.
Knowing Asteris for many years, I was convinced that he would master the mission impossible, when he told me about the project sometime in July 2020. I have seen so many fantastic productions coming out of his experience and creativity. He is a master of show orchestration, music dramaturgy, stage design, concept art, and many other disciplines that make an event a great event. I was very touched when I saw „Lights of Hope“ – a fusion of football enthusiasm, art, and TV show. I hope to see many more of his creations in the future.
Prof. Knut Foeckler, Munich Founding Member & Professor Service Management – Cologne International School of Design | Honorary Professor Cultural and Media Management – Hanns Eisler School of Music Berlin | Former Managing Director Marketing Philip Morris – Munich | Former Executive Vice President Deutsche Telekom AG – Bonn
Nana Trandou
I have seen, and see again in “Lights of Hope”, an urgency, a self-sacrificing effort, a focus of the highest degree in Asteris’ work. Yet, it is not this drive or passion which fascinates me, but rather the meanings and concepts that incite such complete focus on giving to others, which must be noted. Asteris is using his mastery in stage-production techniques to share an idea which he holds within himself, making this project of the highest level of Stage- Production and Art simultaneously. Such ideas, having given Asteris meaning, purpose, inspiration etc. now seem to drive him, at all costs, to giving it back to the World.
… In this work, Asteris masterfully assists us in witnessing the Olympiacos team as the present embodiment of the faith and achievement which is the intended result of the mythological messages their emblem boasts. They represent all such message-passing, “Lights of Hope” in any circumstances, and it is the Artist’s job (accomplished superlatively) to guide us to comprehending that truth ourselves; to finding the message implied in the action of the team, and how and why we should do the same …
Nana Trandou, Athens Former CEO of DiDi Music SA | Founder, owner and CEO of High Priority Promotions PC, Greece Concert and Festival Promoter
Mike Finkelstein
2020 will always be remembered as stumbling block in the sport and music industry.
This year, when the majority of events in sport and music were cancelled or postponed worldwide, the Olympiacos 45th championship ceremony in Piraeus was a surprising and unexpected exception.
When I first watched the video – LIGHTS OF HOPE – I could not believe my eyes. Who would have thought this show could be possible in this very dull and pessimistic 2020 year?
A message transmitted from Piraeus to the Olympiacos FC community and to the world was a message of hope and optimism. LIGHTS OF HOPE – the name of the ceremony – is the exact description of brining this message into the world.
And we see the result – the unforgettable, created in no time, show in the full of art and emotions stadium transmitted to the entire world. I really hope we will see more shows like that created by Asteris Kutulas in the years to come.
Mike Finkelstein, Hadera (Israel) CEO MAFTEX Light & Multimedia Solution
Lisa Schaft
In July 2020, the Greek soccer club Olympiakos Piraeus won against local rival AEK Athens and became the Greek champion for the 45th time. The pma magazine reported on this in a nicely edited article in connection with the double event LIGHTS OF HOPE. In this report, it becomes clear how the director and show designer Asteris Kutulas was called to Athens only three weeks before the event and set up a spectacular double event.
Lisa Schaft, Editor for the pma magazine, Germany
Alexander Strizhak
LIGHTS OF HOPE for Olympiacos Piraeus was a very spectacular event. An effective and impactful use of all technical possibilities, a huge video screen with fantastic projections, unique laser graphics, a very well used light show, impressive pyro and special effects, a children’s choir as a human element. The LIGHTS OF HOPE show created a strong emotional involvement in the action on the stadium field. I have seen many stadium productions before – Asteris Kutulas as an experienced director managed to stage this TV show breathtakingly and to convey the celebration of the victory of the Olympiacos football club in a unique way: he combined tradition, symbolism, music, sport, passion, and a modern staging in the stadium of Olympiacos FC.
Alexander Strizhak Owner and Managing Director JSA Europe / Stage Company Latvia/Riga & Ukraine/L’viv & Kyiv
Giovanni Broccu
Producing such an event as LIGHTS OF HOPE for Olympiacos Piraeus FC requires not only courage, but also a high level of intelligence, know-how, as well as a great deal of creativity and professionalism. I have had the privilege of working with Asteris Kutulas on various projects, so I know what I am talking about. We concert and tour promoters and festival organizers can often only be compared as „choir boys“ compared to those who realize such events.
Giovanni Broccu Concert Tour Promoter & Festival Organizer Kultur Depot GmbH, Herten, Germany Sardinia Entertainment Srl, Posada, Italy Art & Craft Ltd, London, United Kingdom
Hans-Conrad Walter
Johann Wolfgang Goethe already called for „more light“ to make reality more visible. The artist and producer Asteris Kutulas succeeds in doing just that. With his polymedia events, he ignites fireworks of real emotions that inspire thousands of people worldwide. With his individual signature, Asteris Kutulas is without a doubt one of the greats in the entertainment industry and the aesthetics of „Lights of Hope – Olympiacos“ is one of his polymedia masterpieces.
Hans-Conrad Walter Cultural manager and CEO of Causales, Berlin
Gerd Helinski
I got to know Asteris in 1999 as a business partner and producer of the light architect Gert Hof. Since then, I have worked with him as a technical director on over 30 events worldwide. On exciting, large-scale projects, including the Millennium events at the Acropolis in Athens and in Beijing in 2000, but also on the development of a new show format in 2016/17 based on Asteris‘ liquid staging theory.
Asteris has not only worked together with Gert Hof, but also for decades with the Greek composer legend Mikis Theodorakis. He knows both the world of art and the world of production. He incorporated this experience into his „Lights of Hope“ show – a sensational event staged at the stadium of the Olympiacos Piraeus football club to celebrate their 45th title win.
Asteris used the „bridge of music“ as the basis for his show and confidently combined a children’s choir live act with projections, laser graphics, light and pyro designs. In doing so, he put the footballers and especially the very young fans of Olympiacos Piraeus in the centre of attention and simultaneously projected onto the pitch iconically everything that stands for the values of Olympiacos Piraeus. The euphoric feedback from this show proved that the visual combination of closeness and great expanse was superbly successful.
As a filmmaker, Asteris thinks in images. As a show producer, he thinks about the effect of these images on television. I think it is very extraordinary that he has realised the football fiesta of Olympiacos Piraeus in such an artistic and emotional way. The „Lights of Hope“ event at the Piraeus stadium was a great job by both the creative and technical teams.
Gerd Helinski Technical Director at Gert Hof Productions (1999-2010) Senior Account Manager | Special Events at Production Resource Group AG
LIGHTS OF HOPE
From Olympiacos FC to the World Karaiskaki Stadium | Piraeus | Greece | July 19th, 2020 A Liquid Staging Show
Created & Directed by Asteris Kutulas Music by Marios Joannou Elia
Projection Art: Ross Ashton Laser Motion Design: Achilleas Gatsopoulos Light Design: George Tellos Laser Design: Daniel Brune Pyro Design: Pavlos Nanos Musical Director: DJ Antonis Dimitriadis Choir of Municipal Conservatory of Piraeus Solist: Alexandra Dermati | Chormaster: Maria Spanou
Many thanks to Olympiacos FC & NOVA TV Special thanks to Penny Langka, Alexandros Karozas, Kostas Karapapas, George Mandalos, Dimitris Tsingos, Athina Gkizi, Ina Kutulas, Ralph Larmann, MEGA TV, Dimitris Koutoulas and to many others
[Gert Hof war der „Beethoven des Lichts“, erschuf die Bühnenshows der Band Rammstein – in unserer Titelstory berichten wir in einer Retrospektive über sein Leben und seine Arbeit.] (pma-Magazin 03/2021)
pma: Herr Kutulas, Sie haben ab 1998 gemeinsam mit dem Licht-Künstler Gert Hof gearbeitet. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande? Kannten Sie sich davor schon länger?
Asteris Kutulas: Genauso wie Gert hatte auch ich in der DDR gelebt und so kannte ich ihn als Regisseur seit Ende der 80er Jahre durch seine Theaterinszenierungen und vor allem durch seine Kooperation mit Bands wie Silly, City oder Pankow. 1990 organisierte ich eine Metasinfonik- Europa-Tour mit Mikis Theodorakis, bei der auch zwei Pankow-Musiker mitspielten, nämlich Stefan Dohanetz am Schlagzeug und Rainer Kirchmann am Klavier. Ein paar Jahre später produzierte ich mit Rainer Kirchmann und Jannis Zotos eine neue Version des Liedzyklus‘ „Sonne und Zeit“ von Theodorakis, wobei Rainer Kirchmann die Cover-Versionen anfertigte und neben Maria Farantouri die Songs sang. Als wir im November 1998 für unseren ARTE-Film „Sonne und Zeit“ – bei dem ich zusammen mit Klaus Salge Regie führte – das Konzert aufzeichnen wollten, kam Rainer auf die Idee, dass Gert das Lichtdesign dafür machen sollte.
So lernte ich Gert im September 1998 zum ersten Mal persönlich kennen. Gert, der kurz davor das Wuhlheide-Konzert „Live in Berlin“ von Rammstein inszeniert hatte, entpuppte sich als großer Verehrer der Musik und der Persönlichkeit von Mikis Theodorakis, und so wurde „Sonne und Zeit“ im November 1988 unser erstes gemeinsames Projekt. Da ahnten wir noch nicht, dass wir – wie im „Rausch“ – zwischen 1999 und 2010 ca. 50 Events und Konzertprojekte weltweit realisieren und dabei eine neue Event- Ästhetik und eine neue „Kunstform“ entwickeln würden.
pma: Das Ergebnis Ihrer Zusammenarbeit ist tatsächlich sehr beeindruckend. Was war die Essenz dieser Kooperation?
Asteris Kutulas: Am Anfang war das Wort: Gerts Vision einer Lichtarchitektur am Himmel – „Art in Heaven“, wie wir das Ganze 1999 nannten. Gert sagte mir damals, dass er all seine inszenatorischen und licht-ästhetischen Ideen und Möglichkeiten auf den Theater- und Konzertbühnen ausgeschöpft hatte. Darum wolle er diese „Fesseln“ sprengen und den Himmel als Bühne benutzen.
Um Gerts Vision einer „Kunst am Himmel“ zu verwirklichen, brauchte es zweierlei: Es musste eine neue Inszenierungsphilosophie sowie die technische Grundlage (z.B. eine neue Art von Lichtequipment) geschaffen, und zugleich mussten die Anlässe, die Auftraggeber und die „Himmels-Bühnen“ für solche Events gefunden werden. Es bedurfte also zweier Verrückter, die wirklich daran glaubten, dass das umgesetzt werden kann. Wir hatten uns gefunden: Gert war für die „Kunst“ und das „Artwork“ zuständig und ich für die Vermarktung und die Produktion. Natürlich konnte ich diese Herausforderung nur darum bewältigen, weil ich von Gerts künstlerischer Vision regelrecht durchdrungen war. Das war die Voraussetzung.
pma: Ihr Projekt fing unglaublich furios an: Innerhalb eines Jahres – zwischen dem 31.12.1999 und dem 31.12.2000 – haben Sie vier Millennium-Events gemacht: an der Siegessäule in Berlin, auf der Akropolis in Athen, am China Millennium Monument in Peking und am Ungarischen Parlament zwischen Ketten- und Margareten-Brücke in Budapest. Hinzu kam für die EXPO 2000 der Eröffnungs-Event von Ferropolis bei Dessau. Wie ist das möglich gewesen?
Asteris Kutulas: Durch die Verwirklichung von Gerts Vision entstand eine neue Eventform, die die Chance bot, eine ganze Landschaft mit einzubeziehen und hunderttausende von Menschen live zu entertainen. Gerts Konzept verband auf originelle Weise einen hohen ästhetischen Anspruch mit einer großen Publikumsaffinität. Hinzu kam, dass Gert selbst ein absolutes Unikum war, dem durch seine Zusammenarbeit mit Rammstein, Blixa Bargeld und dem Maler Gottfried Helnwein sowie durch sein kompromissloses und zuweilen schroffes Auftreten stets auch etwas „Skandalöses“ und „Genialisches“ anhaftete.
Dieses flirrende und spektakuläre „Gesamtkunstwerk“ – bestehend aus einem abgefahrenen Künstler und seinem revolutionären Event-Konzept – vermarktete ich über das Netzwerk, das ich mir zuvor in fünfzehn Jahren (u.a. mit Hilfe von Tim Dowdall, dem Vice President von Live Nation für Osteuropa) aufgebaut hatte. Ich agierte dabei nicht wie eine Event-Agentur, derer es ja tausende gab, sondern als Künstler-Agent. Darum beteiligten wir uns nie an einer Ausschreibung: Wir hatten diese neue Eventform erfunden, und wer das Original wollte, der kam direkt zu uns. Ich konnte also damals, 1999, etwas so noch nie Dagewesenes und „Revolutionäres“ anbieten … Unsere Kunden – Regierungen, Institutionen, Konzerne – erkannten das, und sie griffen zu.
pma: Können Sie uns einen Einblick geben, wie es von Anfang bis Ende einer Produktion war, mit Gert Hof zu arbeiten?
Asteris Kutulas: Für Gert waren drei Dinge zu Beginn einer jeden Produktion ausschlaggebend: erstens die Landschaft, also die Event-Location, zweitens der Anlass (das Motto) des Events als Basis für die Storyline und drittens die Musik. Das waren für ihn wichtige Inspirationsquellen.
Ich gebe drei Beispiele zu jedem dieser Aspekte. Die Events, bei denen die Landschaft ausschlaggebend war: die Akropolis in Athen, die Uferhügel in Gallipoli, die Burg Siegmundskron in Bolzano. Wichtige Anlässe fürs Storytelling: „Lights of Freedom” in Atlantic City, das Closing-Event des Jerusalem-Music-Festivals in Israel, „Light from the Arab World” in Oman. Die Musik bzw. die Komponisten als Basis für Gerts Inszenierungen: Roger Waters für das Welcome-Europe- Event auf Malta, Mike Oldfield für die Berlin-Millennium-Show, die Scorpions für den Moskau-Event auf dem Roten Platz und Westbam für den Aida-Diva-Event in Hamburg.
Das Ganze lief wie folgt ab: Gert ließ sich inspirieren von der Landschaft und entwickelte vor Ort sofort seine „Gemälde“, seine Lichtskulpturen und „existenziellen Bilder“. Einige dieser Bilder visualisierten wir, und zugleich schrieb Gert eine Story zu seinem geplanten Event. Parallel dazu klärten wir, welche Musik-Stücke genommen werden bzw. wer die Musik zum Event komponieren würde – eine für Gert äußerst wichtige Frage. Wir sprachen außerdem sehr ausführlich mit unseren potenziellen Auftraggebern. Da wir aber, wie schon erwähnt, nicht als Agentur, sondern als Künstler-Unit auftraten, hatten unsere Auftraggeber kaum die Möglichkeit, ins Konzept einzugreifen oder irgendwelche „Veränderungen“ vorzunehmen. Gert stellte von vornherein immer klar, dass er sich nicht reinreden lassen würde. In gewisser Weise gehörte auch das zu unserem Alleinstellungsmerkmal.
Ich entwickelte parallel dazu das Produktionsdesign entsprechend Gerts Konzept einerseits und andererseits entsprechend den finanziellen und organisatorischen Bedingungen. Es lief fast immer auf die Frage hinaus, was machbar ist und was nicht. Gert reagierte stets sehr realistisch und konstruktiv, obwohl er ein Maximalist und Perfektionist war. Sobald feststand, WAS man von Gerts Ideen unter den konkreten finanziellen und organisatorischen Vorgaben umsetzen konnte, sagten wir zu oder ab.
pma: Gab es im Produktionsablauf auch andere Dinge, die in der Zusammenarbeit mit Gert Hof speziell waren?
Asteris Kutulas: Gert schrieb nach Auftragserteilung auf der Grundlage der Musik eine detaillierte Event-Partitur. Dafür arbeitete er zunächst mit den Komponisten bzw. Musikern zusammen, die die Musik für den Event produzieren sollten oder bereits aufgenommen hatten, um sie seinen Vorstellungen entsprechend zu ändern. Gert wusste ziemlich genau, welchen Charakter und welche Orchestrierung die Musik haben sollte, für wie viel Zeit er musikalische Phrasen brauchte, wann es welche Soundeffekte geben sollte etc.
Mike Oldfield schilderte seine diesbezügliche Zusammenarbeit mit Gert wie folgt: „Ich schrieb eine 14minütige Komposition für sinfonisches Orchester und Rock Band. Gert gab mir einen sehr genauen Ablaufplan und eine sekundengenaue Gliederung seiner Lichtshow. Ich habe einfach meine Musik dementsprechend komponiert.” Da für Gert die Musik mit das Wichtigste war, dauerte dieser Prozess oftmals Wochen oder sogar Monate, weil immer wieder korrigiert und modifiziert wurde.
Mit der Musik als emotionalem Leitfaden legte er dann auf die Sekunde genau alle anderen Medien entsprechend seiner Inszenierungs-Konzeption fest. Das hieß – in den meisten Fällen –, dass eine perfekte Synchronisation von Licht, Pyro, Feuerwerk, Laser etc. erfolgen musste, um genau jene Bilder entstehen zu lassen, die Gert im Kopf hatte. Stellen Sie sich einen „Slowmotion-Film“ vor, in dem ein „Gemälde“ dem anderen folgt – mit einer klaren Dramaturgie. In diesem Prozess musste Gert wiederholt mit den diversen Programmierern bzw. Designern zusammenarbeiten, z.B. mit Sven Asamoa oder Markus Katterle für Pyro und Feuerwerk, mit Jens Probst oder Stephan Aue für das Lichtdesign, mit Daniel Brune für die Programmierung der Laser etc., um nur einige unserer Mitarbeiter zu nennen.
Parallel zu diesem schöpferischen Prozess organisierte ich die gesamte Produktion, verhandelte mit unseren Partnern, schloss Vereinbarungen und unterschrieb die Verträge mit allen Beteiligten. Ich kümmerte mich darum, dass die ganze Maschinerie lief, wobei bei den meisten unserer Projekte Gerd Helinski bzw. technische Direktoren von Procon das Produktionsmanagement übernahmen und Norman Bauer die Logistik. Ohne diese Partner wäre ich aufgeschmissen gewesen.
Sehr speziell war auch der Umstand, dass bei uns, sobald ein Event bestätigt wurde, folgende Überlegung einsetzte: Was können wir tun, um einen Event, für den wir „100 Euro“ zur Verfügung haben, so aussehen zu lassen, als wären es „1.000 Euro“? Da Gert als begnadeter Regisseur wusste, wo man den Hebel ansetzen musste, um die höchstmögliche Wirkung zu erzielen, konnten wir diese Aufgabenstellung sehr oft zu unserer Zufriedenheit – und der unserer Kunden – lösen.
pma: Tatsächlich hatten einige Ihrer Events eine immense mediale Reichweite, wie z. B. der AidaDIVA-Event mit über 2.300 Printmedien-Veröffentlichungen oder der Dresdner Semperoper-Event mit über 400 TV- Beiträgen. Wie erklären Sie das?
Asteris Kutulas: Unser Ziel war es, mit einem exklusiven und „radikalen Kunstwerk“ das Publikum zu begeistern und eine sehr große Öffentlichkeit zu erreichen. So bestand meine wichtigste Aufgabe darin, im ständigen Kontakt mit unseren Auftraggebern und den lokalen Produzenten und Partnern alles so vorzubereiten, dass die Events nicht nur technisch und organisatorisch ohne Probleme abliefen, sondern dass sie auch perfekt und effektiv vermarktet werden konnten. Das heißt, wir sorgten von vornherein dafür, dass ein Event auch medial zum Erfolg wurde.
Basis dafür war Gerts rigoroser Anspruch, seine Ablehnung von Kompromissen und auch, dass er stets am Limit operierte. Hinzu kam, dass Gert als „Starlichtarchitekt“ eine schillernde Persönlichkeit war und jedem Event ganz klar seinen Stempel aufdrückte. Das alles ließ sich sehr gut medial „verkaufen“ und hatte eine eigene Energie – ganz anders, als sehr viele Events von Agenturen, die nach einem gewonnenen Pitch darauf bedacht waren, ihre 20% Gewinnmarge zu sichern. Deren Produktionen waren in der Regel „langweilig“, kraftlos und „anonym“, also in gewisser Weise „beliebig“. Unsere Shows hatten das „Gesicht“ und die Energie von Gert und ließen sich deshalb viel besser vermarkten.
Wir kümmerten uns auch um die richtige Bebilderung unserer Events. Gert hatte von Anfang an Fotografen und Filmemacher an sich gebunden und ihnen bei vielen Treffen über Jahre hinweg seine Ästhetik erklärt: Er machte klar, was ihm wichtig war und was wie fotografisch festgehalten werden sollte. Ich möchte nicht behaupten, dass Gert die „Bilder“ wichtiger waren als der Event selbst. Da wir aber eine neue Event- Form erfunden hatten, kam es ihm sehr darauf an, dass auch deren Abbildung adäquat war. So wurden folgende Fotografen zu einer Art „festem Team“ von Gert: Guido Karp, Ralph Larmann, Anja Pietsch, Jens Rötzsch, Sabine Wenzel, um nur die wichtigsten zu nennen.
Wenn man sich unsere beiden Bücher ansieht, die wir 2003 und 2006 herausgebracht haben, dann erkennt man sofort, dass Gert „seine Bilder“ quasi wie ein Maler entwarf. Er hat in den ersten zwei Jahren, also bis 2003 seinen Stil entwickelt und diesen fortan variiert.
pma: Sie waren lange Zeit der Manager von Gert Hof – wie war die Person Gert Hof als Licht-Künstler?
Asteris Kutulas: Die wichtigste Charakterisierung von Gert Hof als „Licht-Künstler“ ist die, dass er ein visionärer KÜNSTLER war. Gert hat all seine Events als Gesamtkunstwerke inszeniert. Er verwendete u.a. das Medium Licht in all seinen Facetten, um jene Bilder zu produzieren, die er im Kopf hatte.
Wie unkonventionell er „Licht“ als Mittel einer Inszenierung benutzte, erkannte ich bei unseren ersten beiden gemeinsamen Events Ende 1999. Beim Mauthausen-Konzert im Holocaust-Memorial-Museum in Washington verwendete er kein technisches Licht, sondern hunderte Kerzen „für die Ermordeten“. Und einen Monat später beim Millennium-Event auf der Akropolis, wo es nur einen einzigen Großraum-Scheinwerfer gab, benutzte er neben blauen Neon-Röhren fast ausschließlich nur monochromes Pyro und Feuerwerk. Gert ging es immer um Lichtarchitektur in der Bauhaus-Tradition. Flake von Rammstein brachte diese spezifische Licht-Ästhetik von Gert Hof auf den Punkt: „Gert würde nie auf die dumme Idee kommen, eine Band gut auszuleuchten. Deshalb bin ich ein Fan von Gert Hof.“
Der andere wichtige Punkt ist, dass Gert sich von Anfang an für technische Innovationen interessiert hat. Er wusste über jede Lampe, über jeden Scheinwerfer Bescheid, kannte jede Feuerwerksbombe, jeden Nebel- und Pyroeffekt und drängte seit 1999 auf die Weiterentwicklung der Show-Lasertechnologie. In den ersten zwei Jahren unserer Eventtätigkeit setzten wir keinen Laser ein, weil z.B. die langsame Bewegung eines Lasergitters da noch nicht möglich war. Was ich mit alldem sagen will: Gert entwickelte Ideen und verlangte die für deren Umsetzung nötige Hard- und Software, die es zu Beginn unserer Zusammenarbeit nicht gab.
Ich erinnere mich, wie wir 1999 mehrmals zu Bruno Baiardi nach Italien gefahren sind, um Baiardi darin zu unterstützen, aus den zwei Prototypen der 7-kW-Ireos von Space Cannon funktionierende, DMX-gesteuerte Movinglights mit effektiver Lichtausbeute (auch in problematischen Farbspektren) zu machen.
Oder wie Hansgeorg Kehse völlig entgeistert erwiderte: „Das kann ich nicht so machen, das hat noch nie ein Feuerwerker so gemacht!“ – nachdem ihn Gert aufgefordert hatte, die gesamte Akropolis mit monochromem Rot-Pyro zu umgeben und wie sehr Gert sich für monochromes Feuerwerk als sein „Markenzeichen“ engagierte.
All diese technischen und ästhetischen Innovationen waren notwendig, damit die künstlerischen Visionen von Gert umgesetzt werden konnten.
pma: Abschließend möchten wir gerne wissen, mit welchen Worten Sie selbst Gert Hof beschreiben würden.
Asteris Kutulas: Gert war eine ambivalente Persönlichkeit. Er hatte einiges im Leben durchgemacht, war als Jugendlicher von der Stasi für 18 Monate wegen sogenannter „staatsgefährdender Hetze“ inhaftiert worden. Das hatte Spuren hinterlassen. Er war ein durch und durch introvertierter genialischer Künstler, zugleich aber auch ein extrovertierter Mensch, mit dem wir sehr oft gelacht haben. Gert lebte in vielen Welten, in denen er sich wohlfühlte: die Welt der Musik, die Welt des Theaters, die Welt der Architektur und des Designs, die Welt der Malerei. Er kannte fast jedes Werk von Bach, Mozart, Richard Wagner, jeden Song der Beatles, von Nina Simone oder Nick Cave. In den Siebziger Jahren forschte er im Brecht-Zentrum und verfasste mehrere Publikationen über Brechts dramatisches und ästhetisches Werk. Er verschlang dutzende Architektur-Bücher. Er kannte sich sehr gut in der Malerei aus und ließ sich von ihr bei fast all seinen Events inspirieren. Er inszenierte in den 1980er und 1990er Jahren sowohl Klassiker als auch moderne Theaterautoren und entdeckte Bernard-Marie Koltès für das deutsche Theater.
Gerts Welt passte absolut zu meiner Welt, da ich ja Germanistik und Philosophie studiert, viele Bücher und Texte publiziert, ein absoluter Theater-Freak war, zahlreiche Werke aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt, Events und CD’s produziert und vor allem durch Mikis Theodorakis die gesamte Welt der Musik in mich aufgenommen hatte – von Kammermusik über Ballett, Oper bis hin zu Sinfonien und Oratorien. Jeder von uns wusste, wovon der andere sprach. Wir waren also künstlerisch auf derselben Wellenlänge. Und mit Gerts beißendem Humor lernte ich schnell umzugehen – dieser Humor war der Kitt unserer Freundschaft, so dass sie nicht nur, wenn es besonders gut lief, sondern auch alle Zeiten der Auseinandersetzung und der unvermeidlichen Kontroverse hindurch bis zum Schluss bestehen blieb. Jeder hatte seinen eigenen Kopf, und so tauchten wir vor zehn Jahren, im Juni 2010, ein Stück in die Vulkanaschewolke auf Island ein, und so hätten wir uns auch in die Kälte am Nordpol gewagt – Gerts Pläne waren fertig, mein Netzwerk bereit.
Text & Interview: Lisa Schaft
Licht-Architekt Gert Hof – Fotos: Ralph Larmann, Asteris Kutulas, Mihalis Patsouras, Jens Rötzsch, Sabine Wenzel
Politische Diaspora – Ein Leben zwischen Systemen, Ideologien, Sprachen, Kulturen, Mauern
[„Asteris Kutulas ist bekannt als Autor, Übersetzer, Filmemacher sowie als Event– und Musikproduzent. Als Sohn griechischer Emigranten in Rumänien kam er 1968 mit seiner Familie in die DDR. In seinem Essay »Mein griechisches Niemandsland DDR. Ein Leben zwischen Systemen, Ideologien, Sprachen, Kulturen, Ländern und Mauern« nimmt er die persönliche Lebensgeschichte zum Anlass, um über die Wechselbeziehungen zwischen den Verheißungen der kommunistischen Utopie und den Gegebenheiten des real existierenden Sozialismus, doppelter Fremde und doppelter Heimat, politischer Unfreiheit und geistiger Freiheit nachzudenken.“ Marco Hillemann & Miltos Pechlivanos (Aus dem Vorwort zum Buch „Deutsch-Griechische Beziehungen im ostdeutschen Staatssozialismus (1949-1989)“, Freie Universität Berlin 2017)]
I Unsere Eltern … (Gesellschaftssysteme und Ideologien)
Unsere Eltern – fast alle kamen sie vom Dorf – kämpften zuerst gegen die deutschen Besatzer, dann (ab Dezember 1944) gegen die „Briten“. Diese hatten die griechischen Kollaborateure der Nazis als neue Verbündete übernommen und sie mit neuen Waffen und englischem Knowhow ausgestattet. Diese bis-eben-noch-Nazi-Kollaborateure bekamen zudem Regierungsgewalt.
Die britische Kolonialmacht führte in dieser Zeit am Mittelmeer zwei Kriege: einen gegen die jüdischen – vorwiegend zionistischen – Partisanen in Palästina; den verloren sie, so dass der jüdische Staat Israel am 14.8.1948 entstehen konnte, und den anderen Krieg führten sie gegen die linken griechischen Partisanen, den sie mit Hilfe der USA 1949 letztendlich für sich entscheiden konnten. Daraufhin wurde Griechenland bis 1974 von einem quasi monarchofaschistischen Staatsgebilde beherrscht.
Theo Angelopoulos schuf mit seinem großartigen Streifen „Die Jäger“ das zutiefst melancholische Zeugnis von einem Land, in dem von 1936 bis 1977 (als sein Film entstand) dieselben faschistoiden Personen, dieselben parastaatlichen Strukturen den Machtapparat bildeten und mit der siebenjährigen Diktatur zwischen 1967 und 1974 ihrer Herrschaft schließlich die Krone aufsetzten. Einer der Höhepunkte dieser staatlich gelenkten Gewalt gegen Andersdenkende war 1963 die Ermordung des unabhängigen Parlamentsabgeordneten Grigoris Lambrakis, deren Umstände in dem Oscar-prämierten Film „Z“ von Costa-Gavras verewigt wurden.
Unsere Eltern,
die in den Bergen als Partisanen zuerst gegen die deutsche Wehrmacht und die SS und gleich anschließend bis 1949 gegen die „Briten“ und „Amerikaner“ gekämpft hatten …, unsere Eltern fanden sich wieder in Verbannungslagern, in Gefängnissen und viele von ihnen in den sozialistischen Ländern hinter einem eisernen Vorhang. Sie wurden mit Kalkül von einem übergeordneten Schicksal, das den Namen Hitler oder Churchill oder Stalin oder Tito trug, hin- und hergeschoben, bis sie irgendwo in Osteuropa eine Bleibe fanden, in kleinen Orten und Dörfern oder in fernen Großstädten mit für sie exotischen Namen: Bratislava, Oradea, Radebeul, Taschkent, Zgorzelec etc. etc.
Unsere Eltern, hatten hier keinerlei Besitz, das Geld war stets am Ende des Monats alle, aber sie empfanden Dankbarkeit dafür, dass man ihnen Wohnung und Arbeit gab. Sie waren in Textilbetrieben tätig, im Bau- und Handelsgewerbe, viele studierten und wurden Ärzte und Ingenieure, aber sie blieben doch Entrissene und im Innern immer „heimatlos“.
Heimatlos,
weil Griechenland sie als „Vaterlandsverräter“ stigmatisierte, sie dauerhaft aussperrte und häufig im Fall der Rückkehr mit dem Tod bedrohte – und weil die neuen Gefilde auf sie zunächst wie „Transit-Hotel-Leben“ wirken mussten, gastfreundlich und fremd zugleich.
Sie hatten persönlich nichts davon – ihr halbes Leben verbrachten sie wegen einer Chimäre in kalten Landschaften und lebten von der Hand in den Mund. Sie wurden in der Weltgeschichte herumgereicht, von Mächten, auf die sie keinen Einfluss hatten und deren Kalkül und Pläne nicht zu durchschauen waren … Sie kommen mir heute vor wie aufgewirbelte Staubkörner der Weltgeschichte. Aber sie machten das Beste daraus, sie kämpften, sie bildeten sich weiter. Sie waren stark. Trotzdem: Unsere Eltern waren keine Akteure, sie waren Getriebene. Diese Eltern, ich betrachte sie und kann sie nicht in den Himmel heben. Immer fiel aus diesem Himmel das Wasser von oben nach unten, machte ihre Flügel schwer und verwies sie zurück auf den Boden der Tatsachen.
Glaube & Utopie
Wofür das alles? Und: Warum? Einerseits, weil unsere Eltern keine Wahl hatten, andererseits wegen ihrer Ideologie – ich würde es so sagen: um ihres „Glaubens“ willen. Sie hatten die „Utopie des Kommunismus“ verinnerlicht. Und das Leben im Griechenland der 30er und Anfang der 40er Jahre hatte sie gelehrt, dass man sich wehren kann und muss gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit, und die einzige Ideologie, die diesen Widerstandskampf damals in Griechenland unterstützte, war die kommunistische.
Der Glaube meiner Eltern hatte zweifellos religiöse Züge. Aber diese „kommunistische Religion“ gründete sich nicht auf die Vorstellung vom Mysterium einer höheren, fernen Macht, sondern bezog sich auf ein real existierendes Gesellschaftsmodell, in dem sie ab 1949 dann tatsächlich lebten. Das heißt, immerhin: die Richtigkeit ihres utopistischen Glaubens konnte am Alltag gemessen und geprüft werden.
Und das war zugleich das „Große Dilemma“, weil zum einen diese Wirklichkeit eben nicht das Ziel der Verheißung, sondern weil diese Wirklichkeit voller Widersprüche war. Zum anderen bedeutete diese Realität vor allem die ständige Auseinandersetzung mit einer humanistischen Utopie – die den Menschen im Mittelpunkt hatte – und der Frage, ob der Mensch hier bereits im Mittelpunkt stand. Bei dieser Auseinandersetzung ging es immer – ich zitiere den Heilsbringer dieser Religion, Karl Marx – um die Freiheit des Menschen in einer von Ausbeutung befreiten Gesellschaft.
Mein griechisches Niemandsland DDR
Von den zwei konkurrierenden Gesellschaftssystemen verhieß das eine – der Sozialismus – Freiheit in einer menschlich gewordenen Gesellschaft und das andere – der Kapitalismus – Wohlstand, verknüpft mit einer absolut individuellen Freiheitsauffassung.
Letzteres Gesellschaftssystem konnte seine Versprechen zwischen 1950 und 1989 in gewisser Weise einlösen, es war überzeugender; das andere, das „sozialistische“, Gesellschaftssystem, in dem auch wir lebten, scheiterte, seine Verheißungen erfüllten sich nicht.
In diesem Dilemma lebten unsere Eltern und wir, ihre Kinder. Mit dem Unterschied, dass unsere Eltern bereits gelitten hatten für ihren Glauben und wir nicht, wir mussten nicht leiden. Ich allerdings – denn ich war etwas merkwürdig drauf – litt unter einer „transzendentalen Obdachlosigkeit“, um einen sehr stimmigen Begriff des Philosophen Georg Lukács zu gebrauchen, den er geprägt hatte, als er jung war.
In der DDR stellte sich dieses Dilemma des Festhängens in einem Leben zwischen Utopie und Wirklichkeit graduell anders dar als in den anderen sozialistischen Ländern, denn in die DDR waren vor allem griechische KINDER gekommen. Diese hatten selbst keine „heroische Epoche“ durchgemacht, sondern wuchsen in einem behütenden sozialistischen Brutkasten auf, mit der „erzählten Erinnerung“ von einer Heimat, die sie nicht kannten und die ihnen bis auf weiteres versagt war, und einer neuen Heimat, die eine vorübergehende sei, in der man viel lernen sollte, um irgendwann als kommunistischer Missionar in die alte, eigentliche, zurückkehren zu können.
II Zäsuren … (Heimat- und Vaterländer)
Drei Jahreszahlen – 1967, 1974, 1981 – und die damit verbundenen Ereignisse waren für uns Griechen im sozialistischen Exil von besonderer Bedeutung:
In der DDR waren wir lange Zeit „heimatlose Menschen“. Das Jahr 1974 hat aus uns „Menschen mit zwei Heimaten“ gemacht.
Wir waren bzw. galten in der DDR als „politisch Verfolgte“. Das Jahr 1981 hat aus uns „politische Gastarbeiter“ gemacht.
1974
Fast 30 Jahre lang, bis 1974, konnten viele „politische Emigranten“ (wie wir – Eltern und Kinder – genannt wurden) nicht nach Griechenland zurückkehren. Dann stürzte die Junta. Konstantin Karamanlis brachte Griechenland die Demokratie. Er ließ durch eine Volksabstimmung die Monarchie abwählen, legalisierte die seit 1947 verbotene Kommunistische Partei und ermöglichte den politischen Emigranten die Rückkehr in ihre alte, inzwischen unbekannte Heimat. Bis dahin hatten wir nur einen Fremdenpass und waren „Fremde“, doppelt Fremde, sowohl in der DDR als auch in Griechenland. 1974 erhielten wir unsere Identität zurück, zum ersten Mal bekamen wir einen „echten“ griechischen Pass. Damit hatten wir auf einmal zwei Heimatländer. Wir konnten uns entscheiden, wo wir leben wollten; vor allem konnten wir nach Griechenland reisen und somit endlich aus unserer Zwangssituation, die fast 30 Jahre gewährt hatte, aussteigen – mental und emotional. Plötzlich hattest du die Wahl, und für einige von uns Griechen der „politischen Diaspora“ im Osten entpuppte sich eben dieser Osten als die eigentliche neue „neue Heimat“.
1981
Dann kam das Jahr 1981 und brachte Griechenland Andreas Papandreou und mit ihm die in der Geschichte Griechenlands erste linke Regierung an die Macht. Durch die längst überfällige Anerkennung des antifaschistischen Widerstandskampfes und durch das Repatriierungsgesetz, das endlich auch die Rentenansprüche Zehntausender ehemaliger politischer Emigranten klärte, war man nicht mehr in der Situation, „politisch“ Verfolgter zu sein. So wurde aus uns allen „politische Gastarbeiter“ im sozialistischen Ausland. Einige zogen die Konsequenzen, reisten aus nach Westberlin und Westdeutschland und tilgten das Adjektiv „politisch“, so dass sie von da an einfach nur „Gastarbeiter“ waren.
Für die in der DDR Gebliebenen galt dasselbe: das Politische wurde abgestreift, es gab keinen „Widerstandskampf“ mehr, ein Rückzug ins Private konnte stattfinden. Durch den Sieg von Andreas Papandreou und durch das Repatriierungsgesetz war der „kommunistischen Basis“ der Boden entzogen – ein Prozess, der 1968 begonnen hatte, der aber dann 1981 manifest wurde. Die Machtübernahme durch die PASOK-Partei 1981 bedeutete für die Kommunistische Partei Griechenlands dasselbe wie für die SED 1989 die Öffnung der Mauer – der Anfang vom Ende.
Das hatte aber auch damit zu tun, dass im Lebens-Alltag der DDR seit Ende der 70er Jahre der Sozialismus als UTOPIE keine Rolle mehr spielte und das Ideologische als erstarrt Floskelhaftes immer mehr zur Karikatur verkommen war.
Die Konsumideologie der westlichen Welt wurde in der DDR immer beherrschender, zumal die „SED“ und ebenso – wenn auch ganz anders – die „KP“ in Griechenland ihre Rolle als jeweilige utopistische Instanz längst eingebüßt hatten. Die Bürokratisierung sorgte für verkalkte Strukturen, die SED war zu einem Macht-Apparat geworden, der sich auf starren Herrschaftspositionen eingerichtet hatte, als wären sie aus dem gleichen Zement gewesen wie die Berliner Mauer. Er hielt noch einige Jahre, dann begann er zu bröckeln. Im Grunde wussten es alle seit Ende der siebziger Jahre: Es war vorbei mit dem sozialistischen Experiment. Dieses war an seiner kleinbürgerlichen (anti-kommunistischen) Führung und seiner stalinistischen Machtstruktur gescheitert.
1968
Für uns Griechen im Ostblock war das Jahr 1968 von entscheidender Bedeutung. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte man als Linker, zumal als Kommunist, in einer „fortwährenden Hoffnung“. Ich werde niemals den Silversterspruch meiner Eltern Anfang der sechziger Jahre in Rumänien vergessen: Kai tou chronou stin patrida! „Und nächstes Jahr in der Heimat!“ Aber am 21.4.1967 kam der Putsch der Obristen, und in den folgenden Jahren klang dieser Spruch nicht so optimistisch wie einst.
Das fatalste Ereignis jedoch war die Spaltung der Kommunistischen Partei, die sich im Februar 1968 während des 12.Plenums des Zentralkomitees in Bukarest vollzog. Durch diese Spaltung hatte man plötzlich so etwas wie einen Inneren Feind, man war einem doppelten „Bruderzwist“ ausgesetzt: zu der „unnatürlichen Entzweiung“ zwischen links und rechts seit dem Bürgerkrieg (1946-49) kam nun die noch schmerzhaftere „innere Entzweiung“ zwischen links und links, zwischen „Stalinisten“ und „Revisionisten“. Diese Spaltung führte dazu, dass mein Vater vom Ceausescu-Regime wegen seiner „Moskautreue“ ausgewiesen wurde und zusammen mit seiner Familie ein neues, ein zweites politisches Asyl in der DDR bekam.
III Kulturen & Mauern
Die DDR war ein idealer Lebensort für geistige Anarchisten. Ein Grund war, dass man kaum Geld zum Leben brauchte, oder andersherum gesagt: Geld war nichts wert. Der Lebensunterhalt konnte relativ leicht durch alternative, zum Beispiel künstlerische Tätigkeiten bestritten werden. Vielen Leuten, zu denen ich auch gehörte, ging es darum, einen hohen Grad an geistiger Freiheit zu erringen. So lässt sich der enorme Bücherkonsum erklären, das zum Teil massenhafte Besuchen von Lesungen und Theatervorstellungen, die Bereitschaft sich zu treffen und zuzuhören, der Dialog zwischen einem Großteil der Schriftsteller und einem großen Publikum, die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen – das alles diente nur einem Zweck: seine geistige Unabhängigkeit zu postulieren.
Ich war damals 20, Student in Leipzig, lebte in einer tiefen Melancholie und war von Pessimismus durchdrungen. So entdeckte ich für mich die sogenannte „Dichtung der Niederlage“ aus den fünfzigern, deren meist linke Vertreter, wie Manolis Anagnostakis, Takis Sinopulos, Aris Alexandrou und Michalis Katsaros, sich als eine betrogene Generation, als eine „lost generation“, ohne Perspektive fühlten – genauso wie ich 1981 in der DDR. So konnte ich in der mich damals umgebenden Trostlosigkeit Katsaros‘ Ausruf von 1952 in seinem berühmten Poem „Nach Sadduzäer-Art“ sehr gut nachempfinden: „Toten Wald der Wörter durchschreite ich stumm / entzünde die Laternen die falblichtig lähmen die leeren Straßen / such die zu erheben / die mit ihren Namen aufs Herz mir sind gesunken / in geheimen Konferenzen / die gelynchten Namen die lebenden – weitab gestellt im Vormarsch / Rosa Luxemburg Lenin ihr Lyriker / Thälmann und Tanev / eisklirrend splittern sie hin auf das Teppichrot„.
Jannis Ritsos
Und ich entdeckte für mich und für meine anarchistische DDR Jannis Ritsos und übersetzte die „Monochorde“, viele seiner existentialistischen Gedichte sowie das „Ungeheure Meisterwerk“, wo die Verse stehen:
und auch wir mußten endlich zu einem Schluß kommen zu einem großen roten Vogel zu einem großen Hammer-und-Sichel und andere waren müde und niedergeschlagen und andere hüpften wie lahme Spatzen über die Pfützen das Wasser im schlammigen Vorort und andere hatten Mercedesse erworben und doppelte Dachgartenwohnungen und schauten von oben herab auf Busse Fußgänger auf die zerfetzten Fahnen und andere schliefen in Kleidern und Schuhen immer zur Illegalität bereit und andere erkannten in all dem eindeutige Zeichen eines endgültigen Scheiterns und andere Zeichen der Vitalität der Bewegung und andere in Kaffeehäusern oder Luxussalons beschäftigte immerfort die ewige Schuldfrage und andere dreißig und mehr Jahre zurückgeblieben entlausten ständig ihre Jacken glaubend die Geschichte zu korrigieren und die Zukunft aufzubauen und andere kommentierten unbeteiligt rauchend die Ideen wie Zigaretten und viele Zigaretten waren auf den Fußboden gefallen und jene zerdrückten sie mit schön polierten Schuhen und andere hatten nicht eine Zigarette um ihrer Bitterkeit den Mund zu stopfen und die Soziologie war zu einem Problem der Nuancen geworden und die Philosophie zu einem Problem der grauen Flügel … ich sah die grüne Ader im gelben Blatt ich wollte gehn der Nackte ist der Einsamste der Entschlossenste
Sehnsucht
Etwas später traf ich bei der Arbeit an einem Band mit Gedichten von Georgios Seferis den Hallenser Künstler Fotis Zaprassis, der Grafiken für dieses Buch anfertigen sollte. Zaprassis gehörte zu denen, die aus der Situation heraus, nicht nach Griechenland zu können oder später dort kein Zuhause wiederfinden zu können, sein ganzes Leben sich mit dem Griechenland beschäftigte, das ihm zugänglich war. Er kreierte es in seinen Grafiken und wurde während dieses Prozesses, gerade wegen seiner inneren Zerrissenheit, einer, der anderen den Zugang zu Griechenland ermöglichte. Derjenige, der einige Jahre lang, wenn er in Griechenland war, mit seiner Frau zusammen in einem Boot zwischen Festland und Insel hin und her fuhr, wo ihm auf beiden Seiten eigentlich nichts gehörte, er war eine Brücke, ein Vermittler, einer, der teilte, indem er sich mitteilte. Er fühlte sich einsam, befand sich aber in Gemeinschaft derjenigen, die sich als solche erfuhren, die allein waren.
Die Sehnsucht wurde von Fotis Zaprassis immer wieder thematisiert und damit das Motiv der Reise nach Ithaka, das man nie erreichte. In jedem flüchtigen Augenblick war man zuhaus.
Das traf auf die DDR-Griechen zweifach zu. DDR-Bürger, die eigentlich mehr zuhause waren, als ihnen lieb war, die sich an ihr Zuhause gefesselt fühlten und daran zugrunde zu gehen drohten, waren mit Fotis Zaprassis zumindest in Gedanken unterwegs.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das Unterwegs-Sein im Geiste, die Möglichkeit des Denkens in der griechischen, aber auch in einer weiteren Sprache, Heimat ist. Im ständigen Befragen der Heimat, die uns nicht selbstverständlich gegeben war, erschufen wir sie jeden Tag.
Heimat
„Heimat“ war für viele Exilgriechen im Osten die griechische Sprache und die griechische Kultur – und diese Feststellung erinnert mich an AXION ESTI, eine schwere Doppelschallplatte, zwei schwarze Scheiben, die uns ein Freund meines Vaters 1965, als wir noch in Rumänien lebten, aus Athen mitbrachte. Ich war fünf Jahre alt. Heute ist mir, als wäre mir „Griechenland“ durch Theodorakis’ Vertonung und Elytis’ Text wie mit der Muttermilch eingeflößt worden und mir in Fleisch und Blut übergegangen, als hätte ich diese Musik und diese Verse schon 1965 mindestens tausendmal gehört.
Als würde es jetzt passieren, hier: Die Worte legen sich auf meine Zunge, auf meine Haut, steigen mir in die Nase, hallen in meinen Ohren – sie waren das, was nach Griechenland schmeckte, roch, sie waren eine Antwort während der Suche nach der Heimat, die uns genommen war, sie ersetzten das Rauschen des Meeres, die mir unbekannten Inseln, Berge, Menschen.
Alles das auf zwei zerbrechlichen Schallplatten, über die mein Vater sanft mit der Hand strich. Dann legte er die eine auf den Plattenspieler, der eingelassen war in das große Radiogerät aus der Sowjetunion. Ich bekam die Plattenhülle gereicht. Eine barbrüstige Frau in der Mitte, das Schwert in der Hand, vier geflügelte Jünglinge mit Blumen um sie herum, vier schön exaltierte Engel. Viel später erfuhr ich, dass das ein Bild von Jannis Tsarouchis war, das geheimnisvolle Bild mit den vier Jünglingen, den Musen des homosexuellen Malers. Märchenfiguren aus einer für mich damals total mysteriösen und doch tagtäglich erklingenden Welt.
Axion Esti
„Axion Esti“ ist das poetische und musikalische Zeugnis eines Volks, so eine Art Tempelbau, ein Torso, der Artefakt, von dem auf das Ganze geschlossen werden kann – und ich setze hinzu, da es mich persönlich betrifft: eines Volks der Diaspora, mitten hinein gestürzt in dieses verfluchte 20. Jahrhundert, dem Elytis den Kampf angesagt hatte. Mit seinen überschwänglichen, hymnischen, melancholischen und durch und durch lyrischen Bildern, mit dem Glauben, durch die Kraft des Geistes die Wirklichkeit formen zu können, mit seiner mir unerklärlichen Gewissheit, dass durch die Veränderung des Bewusstseins eines jeden Einzelnen, die Menschheit zu retten wäre.
Seltsam, wie Literatur zu so etwas wie ein Rettungsanker werden kann. Seltsam, wie sich mir, als wär sie ein Schal, die Trauer um Hals und Schultern legte und mit meinem Körper verwuchs, damals Anfang der achtziger Jahre in Leipzig. Und ich lese in meinem Tagebuch von damals folgende Frage, auf die ich immer noch keine Antwort gefunden habe: „Wo ist der Ort, an dem beides zusammenkommt: meine griechische Seele und mein deutscher Geist?“
Eventproduzent & Konzept-Künstler Asteris Kutulas – „Ein Mann für das Polymediale“
[Er war für das visionäre Konzept des Doppel-Events LIGHTS OF HOPE in der griechischen Hafenmetropole Piräus verantwortlich, und er ist ehemaliger Produzent und Geschäftspartner der Licht-Legende Gert Hof. Asteris Kutulas ist ein facettenreicher Künstler und berichtet hier über seine Arbeit. pma Magazin]
pma: Herr Kutulas, Sie sind nicht nur Event- & Musikproduzent, sondern auch Übersetzer, Filmemacher und Autor. Können Sie uns etwas mehr über Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
Asteris Kutulas: Meine Großeltern mütterlicherseits und auch mein Vater waren sogenannte „politische Emigranten“, die nach dem griechischen Bürgerkrieg 1949 zusammen mit etwa 60.000 anderen, vorwiegend linksgerichteten Partisanen und deren Angehörigen in den Ostblock flohen. Ich bin 1960 in einem griechischen Flüchtlingslager in der rumänischen Stadt Oradea geboren. Ich sagte dazu immer „das Schloss von Oradea“, denn wir waren dort Könige in königlichen Klamotten, wie der Roma-Junge Dan und ich feststellten, und Dracula war natürlich nicht weit. 1963 zog meine Familie nach Bukarest. Die für uns damals unerreichbare Heimat Griechenland bestand aus den Büchern und Schallplatten (die meisten von Mikis Theodorakis), die wir zugeschickt bekamen, aus dem täglichen Singen, den Artikeln, die mein Vater schrieb, den Diskussionsrunden, die ich zuhause immer wieder erlebte, dem Beisammensein in der griechischen Community. Ein Leben im Exil.
DDR
1968 mussten wir Rumänien unter abenteuerlichen Bedingungen verlassen und fanden in der DDR ein neues (Fremdenpass-)Zuhause. Ich besuchte in Dresden die berühmte Kreuzschule, für mich ein absoluter Glücksfall, und studierte bis 1984 Germanistik und Philosophie an der Uni in Leipzig. An der Kreuzschule die himmlischen Bachkantaten, die tagtäglich aus einiger Entfernung herüber in die Klassenzimmer drangen, wenn der Kreuzchor probte. An der Uni „eine Schule des Worts“, wie ich sie nicht besser hätte haben können, z.B. bei Professor Dr. Claus Träger, der bei seiner Abschiedsvorlesung sagte: „Ich hoffe, dass ich Ihnen zumindest eines habe vermitteln können: richtig zu lesen.“ Bereits 1981 begann ich, Nachdichtungen und Übersetzungen aus dem Griechischen ins Deutsche sowie eigene Texte zu veröffentlichen. Seit 1983 arbeite ich dabei und bei vielen anderen Projekten mit meiner Frau Ina zusammen. Als wir uns kennenlernten, war sie eine junge Poetin, die Gedichte schrieb und Collagen machte. Als sie kurze Zeit später an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studierte, kam es zu etlichen Begegnungen und Kooperationen mit Malern, Grafikern, Fotografen, Textil- und Schriftgestaltern.
Zwischen 1987 und 1991 publizierte ich zwei Literatur-Zeitschriften, bei denen ich mit sehr vielen (zunächst vor allem DDR-)Künstlern kooperierte. Und bis heute habe ich etwa 40 Bücher herausgegeben, viele davon bei den renommiertesten deutschen Verlagen (z.B. Reclam, Suhrkamp, Kiepenheuer, Insel, Hanser, Wallstein etc.) In die Zeit Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre fiel außerdem meine erste Beschäftigung mit dem Theater.
Von 1982 bis 1984 arbeitete ich an zwei Dokumentarfilmen mit – inzwischen habe ich bei dutzenden von Filmprojekten als Autor, Regisseur oder Produzent mitgewirkt.
Theodorakis, Thomas Anders & Apassionata
1981 lernte ich den griechischen Komponisten Mikis Theodorakis persönlich kennen, mit dem ich hunderte Produktionen (Sinfonik, Ballett, Film, Oper etc.) auf der ganzen Welt realisierte und mit dem ich bis heute sehr eng befreundet bin. Theodorakis wurde in vielerlei Hinsicht zu meinem wichtigsten „Lehrer“.
In den Neunzigerjahren war ich auch oft als Tourleiter und Produzent für verschiedene Bands und Solisten, z.B. Thomas Anders und Demis Roussos, europaweit unterwegs, und ich habe für den Griechischen Rundfunk eine CD-Reihe mit verschollenen sinfonischen Werken griechischer moderner Komponisten aus deren Archiven produziert. Zwischen 2009 und 2019 war ich zunächst Executive Producer und ab 2013 Dramaturg und künstlerischer Berater bei Apassionata, der größten Family-Entertainment-Show in Deutschland. Meine Aufgabe bestand darin, sowohl die Qualität der Show als (dadurch) auch die Anzahl der Ticket-Verkäufe zu erhöhen. Parallel dazu realisierte ich meine Filme und Kunst-Projekte und entwickelte meine eigenen künstlerischen Visionen und Konzepte.
pma: Sie haben als Manager und Produzent des Regisseurs und Licht-Architekten Gert Hof gearbeitet – beispielsweise haben Sie dadurch zur Jahrtausendwende die Millenium-Events an der Siegessäule in Berlin und auf der Akropolis in Athen produziert. Erzählen Sie uns doch noch etwas mehr über die Zusammenarbeit mit Gert Hof.
Asteris Kutulas: Gert begegnete ich 1998. Anlass war ein Konzert in Berlin mit Maria Farantouri und Rainer Kirchmann (von der Gruppe PANKOW), das ich zusammen mit Klaus Salge für unseren ARTE-Film „Sonne und Zeit“ inszenierte. Rainer hatte Gert als Lichtdesigner vorgeschlagen – und so lernten wir uns kennen. Wir haben uns sofort gemocht – trotz vieler Meinungsverschiedenheiten –, und wir bildeten eine „Künstler-Gemeinschaft“, bei der Gert Hof zumeist für die Kunst und ich zumeist für die Produktion verantwortlich war. Allerdings so, wie Gert sich auch um die Produktion scherte, scherte ich mich natürlich immerzu auch um die Kunst. Ich verstand – als Künstler – die Visionen von Gert, die Ausmaße seiner Musik-Kompetenz, konnte aber zugleich auch sein außerordentliches Interesse am Bauhaus, an Caravaggio und am Schweißtuch der Veronika nachvollziehen.
Events, weltweit
Ich entwickelte für uns eine spezifische „artifizielle Umsetzungs-Ästhetik“, eine ganz eigene Vertriebs-Philosophie. Was ich damit meine: Wir traten nicht als ein Unternehmen, nicht als eine „Event-Firma“ auf, sondern als eine eigenständige „Band“, die ihre eigene „Musik“ spielt. Das war damals unikal und führte dazu, dass wir bei keinem der von uns realisierten 40 Mega- und Special-Events zwischen 1999 und 2010 an einem Pitch teilnahmen. Denn wir vermarkteten uns nicht als eine Event- oder Lichtmachfirma, sondern als die, die wir waren: eine Künstler-Unit mit dem Namen Gert Hof. So schaffte ich über mein Netzwerk im Jahr 2000 für uns den internationalen Durchbruch mit den Millennium-Events auf der Akropolis in Athen und an der Siegessäule in Berlin. Es folgten im gleichen Jahr die Eröffnung von Ferropolis bei der EXPO 2000, die 1000-Jahr-Feier Ungarns vor dem Parlament in Budapest und die Millennium-Show in Peking für die chinesische Regierung mit der Live-Übertragung für hunderte von Millionen von TV-Zuschauern. Bis 2010 führten wir Dutzende weitere Events und Shows in über 20 Ländern durch. Als Gert im Januar 2012 nach einer schweren Krebserkrankung starb, verließ auch ich für fast zehn Jahre die Event-Branche.
Gert Hof & Art in Heaven
Ausgangspunkt unserer Erfolgsstory war, dass wir 1999 eine neue Eventform erfanden: die Outdoor-Lichtshow. Das Konzept war innovativ, revolutionär und emotional zugleich. Wir nannten das auch „Licht-Architektur am Himmel“, und damit konnte man hunderttausende Menschen live entertainen. Bevor im Dezember 1999 die ersten 250 Space Cannon 7kW- und 3kW-Xenon-Scheinwerfer von Bruno Baiardi in Italien produziert und für unser erstes Mega-Event nach Berlin geliefert wurden, gab es noch nicht mal die Hardware, um ein solches Konzept überhaupt umsetzen zu können.
Gert entwickelte zudem eine Licht-Ästhetik, die – tausendfach kopiert – inzwischen in jede Fernseh-Show Einzug gehalten hat und längst allgegenwärtig ist. Ich nannte diese Licht-Ästhetik im Jahr 1999: „unsere kopernikanische Wende“, denn es interessierte uns nicht länger, wohin das Licht fiel, um etwas zu beleuchten, sondern uns interessierte, dass man den Lichtstrahl an sich sah, um damit Lichtarchitektur gestalten zu können. Gert hatte erste diesbezügliche Experimente in seinen Theaterarbeiten Anfang der Neunzigerjahre und dann vor allem bei seinen Lichtdesigns für Rammstein gemacht (vor allem beim Wuhlheide-Konzert 1998). Umsetzen konnten wir unsere Vision von „Art in Heaven“ Ende 1999 aber nur durch die Unterstützung des Unternehmers Achim Perleberg und mit Hilfe von Morten Carlsson, dem damaligen Geschäftsführer von Procon.
pma: 2014 haben Sie mit der Produktion Ihres eigenen Filmprojekts „Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis“ begonnen. Wie war es für Sie, dieses Projekt parallel zu Ihren anderen Tätigkeiten zu beginnen und immer weiter voranzubringen, bis der Film schließlich in Hof Premiere hatte?
Asteris Kutulas: 2014 hatte ich die Produktion meines Ballett-Films „Recycling Medea“ beendet, der übrigens in einer überarbeiteten Form ab Sommer 2021 – so Corona es erlaubt – in die deutschen Arthouse-Kinos kommt.
Dance Fight Love Die
Ende 2014 „entdeckte“ meine Frau Ina das 600-Stunden-Filmmaterial, das ich während meiner 30jährigen Zusammenarbeit mit Theodorakis mit nicht-professionellen Kameras aufgezeichnet hatte. Das war ein schlechtes, aber authentisches und spannendes Vintage-Material aus unserer „Rock’n’Roll-Zeit“ mit Mikis aus ganz Europa, Chile, Israel, der Türkei, Australien, den USA, Südafrika etc. Ina überzeugte mich, daraus einen „anderen Film“ zu machen, und so wurde „Dance Fight Love Die“ ein Roadmovie, bestehend aus 60 Stories auf 60 Musiken. Neun Monate brauchte Ina für das Logging, also die Sichtung des Materials, und für den ganzen Film, den wir selbst produzierten, benötigten wir insgesamt vier Jahre, bis er 2018 fertiggestellt war.
Gleichzeitig arbeitete ich als Produzent am Album „Echowand“ mit Johanna Krumin und natürlich als Dramaturg und künstlerischer Berater an den Apassionata-Shows „Im Bann des Spiegels“, „Cinema of Dreams“ und „Der Traum“ bzw. „Der magische Traum“.
Hellas Filmbox Berlin
Unser umfangreichstes Projekt zwischen 2015 und 2018 war jedoch die Gründung und Vermarktung von Hellas Filmbox Berlin, des weltweit größten griechischen Filmfestivals. Das war unsere – sehr erfolgreiche und wirkungsvolle – im Wesen zärtliche, konstruktive und künstlerisch-aktivistische Antwort auf das massive, von 2010 bis 2015 in Deutschland vorherrschende Griechenland-Bashing. All diese parallelen Arbeits-Universen befruchten sich in meinem Kopf gegenseitig, und sie sind für mich als Konzept-Künstler die Voraussetzung für mein kreatives Schaffen. Auch jetzt zum Beispiel arbeite ich parallel an zehn unterschiedlichen Projekten.
pma: Letztes Jahr waren Sie federführend beim Licht-Projekt „LIGHTS OF HOPE“ in der griechischen Hafenmetropole Piräus (wir berichteten in der pma 06/20). Dieses visionäre Event fand in der Corona-Zeit statt – wie haben Sie die Vorbereitungen dafür getroffen, wie hat die gesamte Planung und Durchführung funktioniert, wenn man doch nicht in größeren Menschenmengen zusammen an einem Ort sein durfte?
Asteris Kutulas: Die Mannschaft von Olympiakos Piräus hatte 2019/20 zum 45. Mal die griechische Meisterschaft gewonnen und wollte das gebührend feiern. Ich wurde gefragt, wie man so etwas in einem leeren Stadion und vor allem ohne dort anwesende Fans realisieren kann und ob ich ein Konzept dafür entwickeln könnte. Diese Situation hatte es ja nie zuvor gegeben. Drei Wochen später sollte das Event schon stattfinden. Ich flog nach Athen, schaute mir die Locations an und entwickelte das Konzept für ein Doppel-Event innerhalb weniger Tage. Das alles unter Pandemie-Bedingungen und sehr strikten Auflagen.
Lights of Hope (Olympiacos FC)
Das definitive Go erhielt ich genau zwei Wochen vor der Show. Ich fertigte eine detaillierte Liquid-Staging-Partitur für das Stadion-Event, und dann ging die Arbeit los, zwei Wochen lang bis zum Anschlag: Ross Ashton produzierte in seinem Londoner Studio die Projektionen, Achilleas Gatsopoulos entwarf in Berlin die Laser-Motion-Designs, Pavlos Nanos programmierte in Athen das Stadion-Pyro/Feuerwerk, Daniel Brune besorgte in Hürth die Laserprogrammierung, Georg Tellos designte seine phantastische Lichtshow und Marios Joannou Elia produzierte seine Musik auf Zypern. Ich saß in Athen im Stadion, sprach mit allen, koordinierte, probte den Live-Act mit DJ Antonis Dimitriadis und dem Kinderchor, arbeitete mit Alexandros Karozas an der Musikdramaturgie – und schuf ein Gesamtkunstwerk, dem ich den Namen „Lights of Hope“ gab.
Das Ganze geschah wie im Rausch. Ich habe viele sehr, sehr große Events in meinem Leben produziert, aber in so kurzer Zeit ein solches Werk zu schaffen, das war selbst für mich eine Premiere. Dazu kamen die Masken-Pflicht, die allgemein herrschende Angst vor einer Infektion, die strengen Auflagen durch die Behörden. Aber ich wurde getrieben vom Gefühl, mit diesem Event eine Art „Widerstand“ zu leisten und der Mannschaft, den Fans, dem Publikum eine sehr emotionale und „menschliche“ Show zu offerieren, die Mut machen und Zuversicht geben sollte.
pma: Was macht Asteris Kutulas, wenn er nicht gerade für ein Projekt unterwegs ist und ein wenig Freizeit hat? Wie schaffen Sie sich einen Ausgleich zu Ihren beruflichen Tätigkeiten?
Asteris Kutulas: Mein Glück besteht darin, dass ich mit Ina nicht nur meine große Liebe gefunden habe, sondern auch eine Partnerin, mit der ich mich in künstlerischen und anderen Lebens-Dingen perfekt ergänze. Unter anderem darin, dass wir seit Jahrzehnten keinen einzigen „normalen Urlaub“ zusammen verbracht haben, einfach weil wir beide nicht so gestrickt sind. Wir lieben es, immerzu schöpferisch tätig zu sein. Jetzt gerade arbeiten wir beispielsweise an fünf sehr innovativen Showprojekten, darunter sind erstens ein – wie ich es nenne – „Meta-Musical“ namens „Marlene“, zweitens eine neuartige, exklusive Pferde-Show mit einer vollkommen neuen Philosophie und drittens eine Family-Entertainment-Show, der wir den Namen „Spheros“ gegeben haben. Bei all diesen Konzepten versuchen wir, die Storyline, die Musik und die neuesten technologischen Errungenschaften aus der Film- und der Event- Branche (folgend auch den Prinzipien meiner Liquid-Staging-Ästhetik) so zu vereinen, dass wir tatsächlich von neuen Show-Formaten für das 21. Jahrhundert sprechen können.
All diese Ideen und Konzepte mit Freunden und Partnern zu diskutieren, gehört mit zu meinen Freizeit-Lieblingsbeschäftigungen, z.B. während meiner regelmäßigen Spaziergänge mit unserem 31jährigen Sohn Alexander, der sehr erfolgreich als Tech Recruiter tätig ist, oder während des sonntäglichen Abhängens mit meinem Freund Jörg in unserem Stamm-Café „Heide’s“ in Prenzlauer Berg.
pma: Zum Abschluss würden wir gern von Ihnen wissen, wie Sie die Event- und Veranstaltungsbranche in diesen Zeiten sehen? Durch die Pandemie ist der Bereich Kunst und Kultur besonders stark getroffen – wie, denken Sie, wird sich das auf die Zukunft dieser Branche auswirken?
Asteris Kutulas: Viel mehr als die Pandemie werden die „Weltanschauung“, der „Geschmack“ und die neuen Lebensgewohnheiten der Generationen Z und Alpha die Kultur-Branche innerhalb der nächsten Jahre beeinflussen und radikal verändern. Möglicherweise ist die Pandemie nur ein Zeitraffer-Schmelztiegel für eine Neuordnung und Neuausrichtung dessen, was wir bislang unter „Kultur“ und „Entertainment“ verstanden haben. Auch ohne Corona wäre diese Entwicklung eingetreten, hätte aber vielleicht – vor allem in Deutschland – länger gebraucht, um sich zu vollziehen. Gaming, digitale Technologien, Porno-Entertainment, e-Sports, vertikale Ästhetik, Selbstdarstellung bzw. Selbstinszenierung in den sozialen Medien sowie interaktive und hybride Veranstaltungsformen werden die Lebensweise und das kulturelle Umfeld der Zukunft fortan maßgeblich mitbestimmen. Für diesen neuen – und im Vergleich zum gegenwärtigen – andersgearteten „Content“ braucht es in der Entertainment-Industrie neue Veranstaltungs- und Präsentationsformen.
Die Zukunft der Entertainment-Branche
Denn verglichen mit der traditionellen Avantgarde, die bislang die revolutionären Brüche und die neuen Trends in der Kunst- und Kulturwelt bestimmte und meistens sehr wenige, spezialisierte Ansprechpartner hatte, wendet sich die heutige „Avantgarde“ unmittelbar und ohne zeitliche Verzögerung an ein (potentielles) Millionenpublikum. Das ist etwas ganz anderes! Unsere Branche hat es jedoch – als einzige würde ich sagen – versäumt, in „Zukunfts-Technologien“ bzw. in innovative Konzepte „out of the box“ zu investieren. Genauso wie vor zwanzig Jahren die Major-Plattenfirmen die digitale Revolution verpassten und einen Großteil des Vertriebsmarktes, ihres Contents und ihrer Einnahmequellen an Spotify, Google Play, iTunes, Amazon, also an „betriebsfremde“ Startups und Konzerne verloren haben, wird es auch die großen Produzenten und Veranstalter der Entertainment-Branche treffen. Wer von ihnen investiert denn in Innovations-Forschung für die Event-Industrie? Keiner. Die längst anstehenden Transformationen werden Quereinsteiger oder Unternehmen wie Tesla & Co. (zusammen mit diversen Künstlern) vorantreiben und sich so riesige Marktanteile am immer größer werdenden und sich ständig verändernden Entertainment-Markt sichern.
Live und/oder Virtuell
Das Live-Erlebnis ist allerdings durch nichts zu ersetzen, darum wird auch die Live-Entertainmentbranche, wie sie sich seit den Siebzigerjahren herausgebildet hat, als Gegengewicht zum „virtuellen Leben“ weiterhin eine außerordentlich große Rolle spielen, aber sich sowohl quantitativ als auch „qualitativ“ verändern und teilweise Platz machen müssen für neue hybride Veranstaltungs-Formen. Eins ist sicher: Spannender und herausfordernder als heute war es – auch unabhängig von Corona – noch nie in unserer Branche. Was ich also seit einiger Zeit tue, ist, meine dreifache Erfahrung als Künstler, als Produzent und als Kreativdirektor zu bündeln und Konzepte zu entwickeln, die – unter diesen vollkommen neuen Bedingungen und mit den technologischen Möglichkeiten, die uns das 21. Jahrhundert bietet – die Basis für innovative Shows und Events sind, die das Herz des Publikums berühren. Das ist extrem kreativ. Das ist genau das, was ich machen will.
Text & Interview: Lisa Schaft (für pma Magazin) Fotos: Guido Karp, Ralph Larmann, Gottfried Bräunling, DomQuichotte, Sabine Wenzel, Stefanos Kyriakopoulos, Asti Music – Asteris Kutulas
Heute Vormittag Frühstück am Syndagma-Platz, zusammen mit Hans Marquardt, dem Leipziger Reclam-Verleger. Fast schon Ende Oktober, und noch immer sehr warm. Konnten draußen sitzen. Dunkelgrüne, weiche große Nadelwolken der Kiefernbäume. Neben uns an den kleinen viereckigen Tischen einige ältere Herren, alle im Anzug und mit Krawatte, die über die politische Situation stritten. Hans war neugierig zu erfahren, was das für ein Spektakel ist. Fand es fast sensationell, wie es hier zugeht.
Gegen 12 gingen wir zum Ikaros-Verlag, wo Elytis’ Gesamtwerk erscheint. Wir wollten den Verleger Nikos Karydis bitten, für uns ein Treffen mit Elytis zu arrangieren. Trafen Nikos Karydis in dem kleinen Ikaros-Buchladen in der Voulis-Straße hinterm Syndagma-Platz. Ein hagerer, älterer, sympathischer Herr, mit einer etwas aristokratischen Attitüde. Ich sagte zu Hans: „Ist nicht verwunderlich, wenn man der Verleger von Kavafis, Seferis, Engonopoulos und Elytis ist.“
Nikos Karydis erzählte uns gleich als erstes, dass er Leute aus aller Welt abweist, die versuchen, über ihn an Elytis heranzukommen. Als Höhepunkt seines Berichts folgende Geschichte:
„Während der Obristendiktatur bekam ich 1970 einen Anruf vom damaligen Kulturminister. Er wollte mit mir ein Treffen vereinbaren. Darauf hatte ich absolut keine Lust, weil ich mit der Junta-Regierung nichts zu tun haben wollte. Doch ich konnte mich nicht weigern. Ehrlich gesagt, ich hatte auch Angst. Der Kulturminister kam also am nächsten Tag in den Verlag und sagte zu mir: „Herr Karydis, Sie sind der Einzige, der Elytis davon überzeugen kann, den diesjährigen Griechischen Literaturpreis anzunehmen. Sie müssen mir unbedingt helfen, denn ich habe den Regierungschef, Herrn Papadopoulos, bereits informiert, dass Elytis dieses Jahr den Preis verliehen bekommen und dass dieser ihn annehmen wird.“ Darauf sagte ich sofort, dass es grundsätzlich ein Fehler ist, ohne vorher mit einem Autor gesprochen zu haben, solch eine Aussage zu treffen, und das gelte nun besonders für Elytis, der sowieso Vorbehalte habe, was Preisverleihungen angeht. „Nicht aus politischen Gründen“, sagte ich, „sondern prinzipiell. Ich werde Elytis informieren, daß er dieses Jahr den Preis bekommen soll, aber machen Sie sich bitte keine allzu großen Hoffnungen. Sonst sind Sie nachher enttäuscht.“ Als ich Elytis am nächsten Tag zu 1 Million Drachmen – damals sehr viel Geld – gratulierte, wurde ihm ganz schlecht, und einige Tage später verließ er Griechenland und ging nach Frankreich. Er blieb dort drei Jahre, nur um diesen Preis nicht annehmen zu müssen …“
Hans Marquard erzählte Nikos Karydis daraufhin ein paar Episoden aus der DDR-Verlagslandschaft. Ich übersetzte. Wahrscheinlich kamen wir ihm irgendwie verrückt und exotisch genug vor, sodass er grinsen musste und dann sagte: „Ich ruf mal Elytis an.“ Karydis‘ beide Töchter, die in einem winzigen Büro saßen, kamen herunter und fragten uns, ob wir Wasser und Kaffee haben wollten – wir konnten wählen zwischen griechischem Kaffee oder Nescafe.
Nikos Karydis kam nach fünf Minuten mit strahlendem Gesicht zurück und verkündete: „Herr Elytis erwartet Sie morgen Abend, Punkt 20 Uhr.“ Beim Abschied schenkte Karydis mir einen Band mit seinen eigenen neuesten Gedichten – Titel: „Bis zum Eingang“.
21.10.1984, Athen
Gestern bei Odysseas Elytis gewesen. Hans Marquardt war aufgeregt wie noch nie. Er ähnelte in einigen Augenblicken einem Schüler – das machte ihn mir sympathisch. Dann wieder der bekannte Weltmann mit versierten Manieren. Odysseas Elytis empfing uns sehr herzlich und sprach mit uns ruhig und ausgelassen. Wir hatten zuvor etwa 5 Minuten betreten vor seiner Tür gestanden, weil es noch nicht um 20.00 Uhr war. Wie zwei kleine Kinder, die sich nicht trauen, ans Lehrerzimmer anzuklopfen und einzutreten. Dann war alles sehr schön. Elytis erzählte: „Man sagt über mich, ich sei sehr schwierig im Umgang. Sehen Sie, das stimmt nicht, ich bin nur sehr vorsichtig. Merke ich, dass ich es mit Menschen zu tun habe, die ihre Arbeit ordentlich machen, dann kann man mit mir alles tun.“ Und diese Erlaubnis gab er uns de facto. Besprachen mit ihm einen Lyrik-Querschnitt im Taschenbuch und eine bibliophile Ausgabe seiner Collagen.
Seine Wohnung einfach, überhaupt nicht luxuriös. Ein Videogerät auf einem Tisch. Was mich beeindruckte: dieses in-sich-Ruhende seines Wesens. Glaube, er versuchte, unsere Reserviertheit abzubauen. Seine Bescheidenheit verblüffte mich. Überhaupt hatte ich etwas anderes erwartet. Ein wunderschöner Besuch. Elytis meinte, dass er nicht geahnt habe, wie interessant unsere Begegnung sein würde und er sich sonst bessser darauf vorbereitet hätte.
Elytis hat uns für die bibliophile Ausgabe einen unveröffentlichten Essay über die Collagen-Technik gegeben. Dann erzählte er über das Sappho-Buch, das im November herauskommen soll. Als wir mit ihm, über seine Lizenzen sprechen wollten, winkte er ab und sagte, dass ihm, nachdem er unserer Arbeit als solid und ernst einschätzen könne, die finanzielle Seite nur sekundär interessiere.
Er sagte aber auch etwas sehr bezeichnendes: „Es ist ein reiner Zufall, aber Sie kommen zu einem Zeitpunkt zu mir, da mich zwei Dinge sehr interessieren: einerseits die große Verbreitung meines lyrischen Werks unter vielen Menschen, mein Werk für das Volk also, andererseits genau diese Verschmelzung von Dichtung und bildender Kunst, beispielsweise in bibliophilen Ausgaben. Sie kommen nun zu mir und bieten mir genau das an. Ich kann ihnen sagen, dass ich jahrelang nach so einem Verlag mit solch einem Grundkonzept suchte und ihn nicht fand. Und jetzt kommen Sie.“
17.4.1985, Athen
Habe heute Jannis Ritsos besucht, der gut gelaunt war und mir unter anderem folgendes sagte: „Elytis hat leuchtende, starke Bilder in seinen Gedichten. Sie verlieren bei jeder Übersetzung und müssen verlieren, weil sie nur auf Griechisch „funktionieren“. Als man sie ins Englische, glaube ich, übersetzte, waren Kritiker der Meinung, er würde bereits „vergangene“ Schreibweisen wiederbeleben wollen. Aber das macht er bestimmt nicht. Es gibt sehr viele Elytis-Gedichte, die mir sehr gefallen.“ Ritsos erwähnte, als ich von meinem Gespräch mit Elytis erzählte, dass dieser gesagt hätte, wie sehr ihm die Ritsos-Gedichte auf Französisch gefallen haben. Dass sie sich zur Übersetzung anböten.
4.4.1986, Athen
Gestern Abend für eine Stunde bei Elytis gewesen. Im Gegensatz zu Ritsos ist er fast überhaupt nicht egozentrisch. So wird man selbst auf eine angenehme Weise gefördert. Gefördert/gefordert wird man auch bei Ritsos, doch irgendwie totaler, verkrampfter, absoluter.
Elytis trinkt jeden Abend gegen 20.00 Uhr einen Whisky. Wir sprachen, weil mir das einfiel, kurz über Bunuel. Er sagte: „Mir gefällt Bunuel, ich habe all seine Filme gesehen. Wir gleichen uns auch in einem Punkt: Er hat sich für seine Filme nicht mehr interessiert, nachdem sie fertig waren. Ich bin auch so. Ich will, wenn ich ein Buch fertig habe, das dann auch nicht mehr sehen.“
28.8.1986, Athen
Gestern mit Ina von 20.00 bis 21.00 Uhr bei Elytis. Er war nervös, überspannt, müde. Wie wenn ihn windiges Wetter nicht hätte zur Ruhe kommen lassen. Zum ersten mal in seinem Leben warte er auf den Winter. Gestern gerade von einer Reise zurückgekehrt, sein Bruder krank, zum erstenmal seit dem Krieg war Elytis nicht schwimmen. Während wir uns unterhielten, gewann er langsam seine Ruhe zurück. Dann, einen Abglanz von Frohsinn in den Augen: „Jeden Sommer male ich, so auch jetzt, in Varkiza.“
Ich sagte, dass die Gedichte aus seinem „Tagebuch“ zu einigen seiner Collagen sehr gut passen, da sie selbst collagiert, beides also aus einer Hand ist. „Ja, das kann gut möglich sein. Oft arbeite ich auch so, dass ich Verse aus verschiedenen Texten zu einem neuen Text verschmelze. Mir wurde klar, dass das eine andere Art des Schreibens ist. Ich kann nicht immer dasselbe machen, ich ändere meinen Stil ständig. Das „Tagebuch“ stellt sowieso einen großen Unterschied zu den anderen Gedichtbänden dar. Dieser ist etwas „dunkel“, würde ich sagen.“
Mittwoch, 1
IMMERZU KAUEN DIE PFERDE schlohweiße Laken, immerzu drängen sie triumphierend ins Drohende. Die Äste von Eichen, von Buchen hörte ich schleifen übers Verdeck der alten Kutsche, in die ich mich geflüchtet hatte – irgendwie wegkommen. Spielte wieder in einem Streifen, einst heimlich gedreht und dann vergilbt, von keinem je gesehen. Schnell. Bevor die Bilder verblassen. Oder plötzlich stehenbleiben – und der Film, der abgenutzte, reißt.
Mir fiel auf, dass die Gestalt der Mutter und dass Kindheitserinnerungen eine große Rolle spielen. Elytis: „Ja, für mich war das eine Auseinandersetzung mit dem Alter, die zu den vorgeburtlichen Erinnerungen führt.“
9.9.1986, Berlin
Elytis erzählte über eine Zeit in Paris, da er mit einer Textilgestalterin in einer 1-Raum-Wohung lebte. „Als ich mit ihr in dieses kleine Zimmer zog, dachte ich: Hier schaffst du gar nichts! Wir hatten zwei Schreibtische, jeder einen. Sie breitete immer ihre Entwürfe aus und begann zu zeichnen und ich ihr gegenüber – konnte arbeiten! Ich habe seltsamerweise so viel wie noch nie arbeiten können. Dort entstanden z.B. „Maria Nepheli“ und „Monogramm“.
29.8.1991
Ich las den 1984 den Gedichtband „Tagebuch eines nichtgesehenen April“ von Odysseas Elytis, auf dessen Umschlag eine verblichene Wandmalerei von Pompeji abgebildet ist, gleich nach seiner Veröffentlichung. Ich kannte den Elytis, der „Axion esti“ und das wunderbare Poem „Maria Nepheli“ geschrieben hatte. Aber erst diese Texte berührten mich sofort und anders (so daß ich spontan beschloß, sie zu übersetzen). Sie offenbarten mir apokalyptische Momentaufnahmen einer ganz persönlichen „Geschichte des Todes der Geschichte oder besser einer Geschichte der Geschichte des Todes (und das ist kein Wortspiel)“, wie es im Gedicht vom 16. April heisst.
Die formale Gestaltung der Texte, die Tagebuchform, die Sprache, die poetischen Bilder und die Methode des Abfilmens und Schneidens dieser Bilder, der „monatliche“ Hintergrund – das alles dient dazu, den mysteriösen Raum der Seele eines Menschen abzutasten, der sich damit gleichsam vor seinem Leser entblößt. Dass dieser Mensch nicht nur in der Ich-Form spricht, sondern tatsächlich der Dichter selbst ist, faszinierte mich. Denn wer gibt schon freiwillig sein Innerstes preis? Viele Kritiker befanden angesichts dieser Offenbarung des Elytis, das „Tagebuch“ stelle etwas Neues, „Dunkles“ im Schaffen des Dichters dar. Und damit meinten sie vielleicht nur die formale Seite: die für andere Elytis-Gedichte nicht typische Kargheit der poetischen Bilder, den apokalyptischen Ton der lyrischen Sprache und die Nähe dieser Texte zu seiner Prosa.
Mittwoch, 1b
DORT SAH ICH gegen Mitternacht die ersten Feuer über dem Flughafen. Weiter hierher schwarze Leere. Dann erschien flora mirabilis, aufrecht stehend in ihrem Wagen, und streute Blumen aus dem riesigen Füllhorn. Die Opfer krümmten sich zusammen, nahmen wieder die Haltung ein, als wären sie noch im Mutterleib und mit diesem eins. Am Stengel der Nacht erzitterte Selene.
*** *** *** *** ***
Ich übersetzte das „Tagebuch“ 1987/88, aber zunächst verhinderten technische, später die uns allen bekannten gesellschaftlichen Veränderungen 1989 die bei Reclam Leipzig geplante bibliophile Veröffentlichung. Dem Interesse und Engagement von Niki Eideneier vom Romiosini Verlag in Köln ist das Erscheinen dieses Buches anläßlich des 80.Geburtstages von Odysseas Elytis 1991 zu danken. Im übrigen folgte ich bei meiner Übersetzung dem Rat des Dichters, daß „eine freie Übertragung besser ist, als eine treue Übersetzung“, den er mir nicht nur mehrmals mündlich gab, sondern ihn auch für die eigenen Nachdichtungen beherzigte. Was für mich bedeutete, dass ich um so genauer den Geist und den Ton des „Tagebuches“ im Deutschen zu treffen hatte.
Elytis war der „schwierigste“ griechische Autor für mich als Übersetzer und Nachdichter. Seine teilweise rauschhafte hymnische Sprache ist fast unübersetzbar, denn er stützt sich vielmehr als andere Dichter auf das griechische Element im Klangbild und in der Semantik. Ich habe trotzdem drei Bücher von ihm übersetzt und herausgegeben (allerdings nach langwierigen und „qualvollen“ Übersetzungsversuchen):
– Odysseas Elytis. Tagebuch eines nichtgesehenen April. Mit fünf Collagen des Autors, Übertragen und mit einem Nachwort von Asteris Kutulas; Romiosini Verlag, Köln 1991 – Odysseas Elytis. Der Duft des Mittagsmahls, Übertragen von Asteris Kutulas, Mit Illustrationen von Fränz Dasbourg; editions phi, Luxembourg 1993 – Odysseas Elytis, Köder für Niemand, Mit Original-Illustrationen von Gottfried Bräunling und Fränz Dasbourg, Übertragen von Asteris und Ina Kutulas; editions phi, Echternach 1996
For me and Alexandros Karozas the „Songs of Humanity“ Tour production from January/February 2020 closes a circle.
We had already recorded the concert on the occasion of the 50th anniversary of the liberation of the Mauthausen concentration camp in 1995, exactly 25 years ago, to produce a CD.
Initially we understood this recording as a historical document. But the experience of the liberation celebration in Mauthausen on May 7, 1995 and the impression that this place, the more than 20,000 former prisoners and their families, the speech by Simon Wiesenthal and the music by Mikis Theodorakis made on us, gave us the confidence that this history would continue to occupy us. We very soon realized that the confrontation with the Holocaust would not let us go. But we didn’t know that neo-fascism would again raise its head in Europe and in Germany so quickly.
Mauthausen Trilogy
We therefore decided to publish a MAUTHAUSEN-TRILOGY first: With the support of Elinoar Moav (Tel Aviv), Julie Dennis (London) and Nadia Weinberg (New York), the Hebrew and English versions of the Mauthausen cantata were created. On this first CD release of 1998, they stand next to the Greek live version of Maria Farantouri, the first interpreter of this work with which she began her great career as a singer 55 years ago. At the same time, we held on to our idea of organizing live concerts of the „Mauthausen Cycle“. We did this in January 2020.
Simon Wiesenthal
gave me in 1995 the permission to print his speech and the sketches and collages he had made in Mauthausen concentration camp. In his speech, he uttered sentences that we thought back then, in 1995, were only representing the past. How wrong we were:
„… National Socialism, which wanted to dominate and enslave the world, was de facto a composition of hatred and technology. Hate is something terrible. Hatred preceded the millionfold Nazi crime. We must despise these crimes, not only because they have murdered our families, but because they have crushed human dignity …“ (from: Simon Wiesenthal, Speech in Mauthausen, 1995)
Mikis Theodorakis
And it came so badly that Mikis Theodorakis, the composer of the four Mauthausen songs, in his response to a Holocaust denier in 2013, almost 20 years later, felt compelled to write:
„… The Holocaust – a millennium nightmare, the worst humanity has ever known, a nightmare that already makes you sick, if you only think about it, while in your imagination these victims – especially the children – to become angels, and in the end you only feel the inevitable urge to kneel before them, to ask their forgiveness forever and to say to them again and again: „I am ashamed to have been born a human.“ In Dachau and Auschwitz not only, the Jews were murdered. Humanity itself was murdered. And since then, we are all in a debt to those who have survived.“
We organized the „Mauthausen – Songs of Humanity“ Tour with Alexandros Karozas last year just before the outbreak of the Corona Pandemic. Maria Farantouri from Greece and Israeli tenor Assaf Kacholi were making their first European tour together. The songs and the lyrics I put together for this program in collaboration with the artists told of love and passion, of melancholy and gaiety, of courage and sorrow, of war, hate and the deepest peace. Songs full of strength and humanity.
Maria Farantouri and Assaf Kacholi also meant to shine a bright light into the hall of sombre memories, with the songs from Mikis Theodorakis‘ „Ballad of Mauthausen“. 75 years after the liberation of the concentration camps Auschwitz, Mauthausen, Buchenwald, Dachau, Bergen-Belsen and many others, we commemorated the suffering, but above all the lust for life and the dreams of the future of millions of people.
MARIA FARANTOURI & ASSAF KACHOLI Mauthausen and other songs of Humanity In Memoriam 75 YEARS OF LIBERATION
„On the occasion of the International Day of Remembrance of the Victims of the Holocaust“
With Henning Schmiedt (piano, arr.), Volker Schlott (sax., perc.) and Jens Naumilkat (cello) Recitations by Sandra von Ruffin, Iris Berben & Cem Özdemir Artistic direction by Asteris Kutulas Produced by Alexandros Karozas & Asteris Kutulas
It was a great musical and political event – an event that was unique, because it went to the heart and helped to remember not to forget.
Alexandros and me received support from many friends & partners, especially from Jörg Krause, Ina Kutulas and Sandra von Ruffin. Sandra also took over the recitation in 5 cities. We also thank Iris Berben for her cooperation in Düsseldorf and CemÖzdemir in Berlin. We were supported by the Jewish & Greek communities and by many artists, including Konstantin Wecker and Vicky Leandros and so many others. We thank them from the bottom of our hearts.
Mikis Theodorakis bin ich erstmals 1980 in Ostberlin persönlich begegnet. Nachdem er etwa zehn Jahre in der DDR verboten gewesen war, kam er dorthin, um sein allererstes Konzert in Ostberlin zu geben, im Palast der Republik. Mikis dirigierte den „Canto General“. Es sangen Maria Farantouri und Heiner Vogt. Es folgten Hunderte von Projekten, die wir zusammen seitdem realisierten. Ab 1987 hatte ich immer eine Kamera bei mir, und jedes Mal, wenn ich Zeit hatte, filmte ich, in allen möglichen Situationen.
2013 beschlossen Ina Kutulas und ich, aus diesem vielfältigen und sehr umfangreichen Material einen Film zu machen. Das lag bis dahin im Schrank und wurde dadurch nicht besser. Zwei Kassetten waren bereits hinüber. Also höchste Zeit, diese Dokumente zu retten, aber auch, sie aus ihrem Museumsschachtel-Dasein zu erlösen. Es begann die Arbeit an Dance Fight Love Die – With Mikis on the Road.
Um die schlechte Bild- und Tonqualität zu konterkarieren und um dem Zuschauer nicht ausschließlich die Resultate meiner oftmals miserablen und eigenwilligen Kameraführung zuzumuten, beschloss ich – inspiriert von einer Geschichte aus Theodorakis’ Autobiographie –, eine zweite Film-Ebene einzuführen. Diese fiktionale, narrative, der Einfachheit halber so genannte „Spielfilm-Ebene“ sollte dem gestressten Auge immer wieder ein zeitweiliges Ausruhen und cineastische Eindrücke ermöglichen. Und andererseits gab mir diese Ebene die Möglichkeit, die schönsten Arien aus diversen Theodorakis-Opern als Filmmusik zu implementieren. Anders als mittels dieser schräg-episodenhaften Film-Szenen-Form wäre das gar nicht möglich gewesen.
Der Film entstand, nachdem ich für das Material ein für mich selbst schlüssiges Ordnungsprinzip entdeckte. Und das passierte während meiner Beschäftigung mit Nikos Kazantzakis, der ab 1907 in Paris promovierte und Friedrich Nietzsches Hauptwerk „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ ins Griechische übersetzte. Nach Beendigung dieser Übersetzung begann er, seinen später weltberühmt gewordenen „Zorbas“-Roman zu schreiben, in dem er das dionysische Prinzip (also Zorbas) gegen das apollinische Prinzip (den Engländer) stellte – ein Konflikt, aus dem sich in seinem Buch und später im Film die Frage ergab: Was ist wichtiger im Leben – das Buch oder der Tanz? Die Beschäftigung mit diesem Stoff führte mich zur Lösung für mein ästhetisches Film-Problem. Ich musste also die „Geburt eines FILMS aus dem Geiste der Musik“ zuwege bringen. Das entsprach dem Werk von Theodorakis, dem Leben von Theodorakis und dem Charakter meines Film-Materials, das ich fast 30 Jahre lang produziert hatte.
So gab es auf der einen Ebene den Komponisten pur: „Mikis on the Road“, dirigierend, probend, diskutierend, reisend, schlafend, witzelnd, singend, und ich hatte – auf einer zweiten fiktionalen Ebene – seinen poetischen Kosmos, seine Philosophie, seine Märchen- und Mythenwelt, seine Anbetung des Schönen, des Weiblichen. Und dann merkten wir sehr schnell, dass noch eine dritte Ebene dazu gehörte – nämlich die vom Komponisten losgelöste, die von anderen Musikern oder Künstlern geschaffene, die (obwohl sie oftmals Theodorakis nicht mal kannten) seine Musik in unterschiedliche Sprachen, Stile, Länder, Musikrichtungen weitertrugen.
Wir fanden Musiker, viel jünger als Theodorakis, überall auf der Welt, die Musik von ihm auf ihre eigene Weise interpretierten (die Alternativband Deerhoof aus San Francisco, der junge Komponist neuer Musik Sebastian Schwab aus München, die israelische Ethno-Reggae-Band Anna RF, die Sing-and-Song-Writerin Eves Karydas aus Australien, der Electrohouse-DJ Francesco Diaz aus Barcelona, die Homeopathic-Punk-Band Air Cushion Finish aus Berlin, die Rockmusikerin Maria Papageorgiou aus Athen und viele andere). Das wurde die dritte Ebene des Films.
All das zusammen – Mikis selbst, Mikis’ Fiktion, Mikis’ Adaption – ergibt einen universalen musikalischen Kosmos, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenbringt. Ohne dass Mikis die Musik zu unserem Film Dance Fight Love Die komponiert hatte, so komponierte er doch durch seine Musik den eigenen Film zu seiner Musik. Musikfilmkomponist des eigenen Lebensfilms. Fast ohne Kommentar. Zehntausende Bilder zu etwa sechzig Musiken.
2 | Recycling Medea
Wie musikalische Emotion und bestimmte Bilder, verknüpft mit einer modernen Film-Ästhetik, sich jungen Leuten vermitteln, konnten wir bei Recycling Medea (2014), unserem ersten Musikfilm feststellen. Die Resonanz bei den unter 25jährigen auf die Aspekte Partnerschafts- und Generationenkonflikt, gesellschaftliche Perspektive bzw. Perspektivlosigkeit, politische Gewalt und verdrängte Schönheit in diesem „kein Ballett-Opern-Film“ war für uns sehr beeindruckend. Sowohl in Griechenland als auch in Deutschland, in den USA und Israel hatten die Jugendlichen überhaupt kein Problem, die doch relativ komplexe, anspruchsvolle, fordernde Theodorakis-„Medea“-Opernmusik in Verbindung mit den Bildern anzunehmen – als etwas, das sie angeht und ihr Ureigenstes ausdrückt. Es ist interessant zu sehen, wie der Recycling-Medea-Film an unterschiedlichen Gymnasien und Universitäten in Deutschland, Holland, Griechenland und den USA als etwas Neues und Wahrhaftiges rezipiert wird.
3 | Canto General Film
Anfang der 80er Jahre war ich in der DDR unter anderem auch der Dolmetscher von Theodorakis. Neben sehr vielen öden Begegnungen, bei denen ich übersetzte, gab es durchaus einige äußerst interessante. Zu den spannendsten gehörte die von Theodorakis und Konrad Wolf, dem damaligen Präsidenten der Akademie der Künste in Ost-Berlin. Wolf war ein ganz außerordentlicher Intellektueller. Als einer der wenigen DDR-Regisseure international anerkannt. Mit „Solo Sunny“ hatte er 1979 einen der wichtigsten DDR-Filme gemacht. Ich war zwischen 1980 und 1982 bei drei Begegnungen von Theodorakis und Wolf anwesend, bei denen es darum ging, dass Wolf (der damals an einem Ernst-Busch-Film arbeitete) mit Theodorakis über ein Film-Großprojekt oder „eine Art Lebenswerk“, wie er es nannte, sprach. Er wollte zu Theodorakis’ „Canto General“-Musik (die auf dem mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Poem von Pablo Neruda beruht) einen Film über DIE Revolution machen, ohne Kommentar, ohne Worte, einfach vertrauend auf die aus Dichtung, Musik und Bild resultierende emotionale Kraft.
Es war ein atemberaubendes Projekt, das einen sofort begeisterte. In der Tradition der russischen Avantgarde – Liebe, Kampf, Passion, Aufstand, Opfer, Natur, Tod vereinigend. Konrad Wolf verstarb, bevor er die Arbeit am Drehbuch abschließen konnte, und ich nehme an, dass der 21jährige, der ich damals war, diese ungeheure Inspiration mitnahm und nach 30 Jahren einfließen ließ in DANCE FIGHT LOVE DIE.
Seitdem begleitet mich auch der „Canto General“, dessen Musik übrigens 1973 im Film „Der unsichtbare Aufstand“ (State of Siege) von Costa Gavras zum ersten Mal erklang. Damals gespielt von Los Calchakis. Ein zu seiner Zeit legendärer Film mit einer legendären Musik.
4 | Theodorakis-Werkverzeichnis
Zwischen 1991 und 1997 arbeitete ich in den Archiven von Mikis Theodorakis, um sein Werkverzeichnis zu schreiben, das dann 1998 auch tatsächlich beim Livanis-Verlag in Athen veröffentlicht wurde. Ein 400-seitiges Konvolut. Es brachte einen vollkommen unbekannten Theodorakis ans Licht. Dieser Vorgang war aus mehreren Gründen interessant.
Der interessanteste: Ich war kein Musikwissenschaftler, sondern Germanist, und das Letzte, wovon ich meinte, dass ich imstande gewesen wäre, es zu tun, war: ein Musikwerkverzeichnis herauszugeben. Aber in dieser, unserer seltsamen Heimat Griechenland gab es damals weder das Interesse von Musikwissenschaftlern, sich mit dem Werk von Theodorakis zu beschäftigen, noch gab es den Willen, geschweige denn die Motivation bei etlichen Vertretern der Intelligenz (vor allem so genannten linken), ihre Vorurteile im Hinblick auf einen außerordentlichen und unikalen Komponisten mal beiseite zu lassen und sich objektiv mit dessen Schaffen auseinanderzusetzen, z.B. indem man ein Werkverzeichnis herausgibt, bei dem es darum geht, das Gesamt-Werk eines Komponisten wissenschaftlich für die Forschung und die Musikpraxis aufzuarbeiten. Als das Werkverzeichnis dann herauskam, änderte sich fast alles, würde ich sagen, in Bezug zum Komponisten Theodorakis.
Warum ich hier von Theodorakis’ Werkverzeichnis erzähle, hat folgenden Grund: Ich hatte damals 313 Werk-Einheiten zusammengetragen, die Theodorakis zwischen 1937 und 1997 komponierte, und Mikis gebeten, seinen Werken Opus-Zahlen zu geben. An die 313 gelisteten Werk-Einheiten vergab er nur 135 Opus-Zahlen. Das heißt, dass er selbst nur ein Drittel seiner Kompositionen als seinen Kriterien genügende Werke ansah – eine sehr interessante Feststellung. Bemerkenswert dabei ist, dass er keiner seiner 33 Film-Musiken eine Opus-Zahl gab, nicht mal der Musik zum „Zorbas“-Film.
2010, ein paar Monate vor dem Tod von Michalis Cacojannis (dem Regisseur des Zorbas-Films) hatte ich die Möglichkeit, ein gemeinsames Interview mit Cacojannis und Theodorakis filmisch festzuhalten. Während dieses Gesprächs definierte Theodorakis die Aufgabe des Film-Komponisten so, dass dieser vor allem den Wünschen des Regisseurs bis ins Detail zu folgen und den Bildern des Films zu dienen habe. Das ist offensichtlich der Grund dafür, dass Mikis – obwohl er zum Teil sehr gern für Filme komponiert hat – diese Arbeit nicht als eigenständige Kompositionsform akzeptieren konnte. Jedenfalls nicht für sich selbst.
5 | Theodorakis als Filmkomponist
Theodorakis’ Inhaftierung während der Junta 1967 erregte weltweit Aufsehen, denn mit ihm hatte man jemanden in eine Zelle gesteckt, der als Komponist bereits ein Star war, der längst einen Namen hatte und international Millionen Fans. Zehn Jahre vorher war Theodorakis u.a. als neuer Strawinsky gefeiert worden. Dieser „neue Strawinsky“ saß jetzt in einem elenden Knast, in einer elenden Zelle.
Die Tatsache, dass Theodorakis inhaftiert wurde und später ins Exil gehen musste, verbunden mit der Tatsache, dass er ein anarchischer Freigeist war, führte zu einer weltweiten Sympathie, jenseits von Parteigrenzen. (Später wurde ihm allerdings diese Freigeistigkeit innerhalb des dogmatisch-bipolaren Systems in Griechenland zum Verhängnis.)
Heute ist Theodorakis als PERSON international kaum noch bekannt. Natürlich kennt ihn „fast“ jeder Grieche, und natürlich gibt es Millionen weltweit, die ihn noch kennen und viel mehr, die seine Musik hören. Aber er bleibt der bekannteste unbekannteste Komponist des 20. Jahrhunderts. Theodorakis ist zugleich vielleicht der einzige Komponist „ernster Musik“ des 20. Jahrhunderts, dessen Lieder von Jüngeren weltweit und stetig gecovert werden – und das, obwohl sie nicht aus dem englischen Sprachraum stammen.
Und so kommen wir wieder zu unserem Thema: die meisten dieser gecoverten Lieder oder Musiken sind tatsächlich durch Filme bekannt geworden. Angefangen hat dieser Erfolgsweg Theodorakisscher Filmkomposition in Hollywood, im Jahr 1958, mit Honeymoon, einem Ballett-Film des damals wohl berühmtesten Regisseurs, Michael Powell; Choreograph war Leonide Massine. Der „Honeymoon“-Song wurde in den Jahren 1959/60 ein Welthit, den selbst die Beatles drei Jahre später, 1967, im BBC-Studio von London aufnahmen.
Der nächste große Erfolg für Theodorakis war die Musik zum Jules-Dassin-Film Phädra (1962), mit Melina Mercouri und Anthony Perkins in den Hauptrollen. Im selben Jahr sang Edith Piaf zwei Theodorakis-Songs im Film Les amants de Teruel, für den Theodorakis die Filmmusik schrieb. Regie führte Raymond Rouleau.
Vor seinem endgültigen internationalen Durchbruch mit der Filmmusik zu Zorba the Greek schrieb Theodorakis für den Film – bei dem er erstmals mit Michalis Cacojannis zusammenarbeitete – seine wahrscheinlich interessanteste und beste Filmmusik: Elektra. Überhaupt ist die Antiken-Trilogie von Cacojannis (Elektra (1963), Troerinnen (1971) und Iphigenie (1978) – alle mit Theodorakis-Musik) ein Meilenstein, nicht nur in der Antike-Rezeption des griechischen Kinos, sondern auch in der Auseinandersetzung eines Filmkomponisten mit antiken Mythen im Film.
Theodorakis ist ein Komponist, der Sinfonien und Opern geschrieben hat, dessen Chor- und kammermusikalische Werke überall auf der Welt immer wieder aufgeführt werden, und dessen Lieder und Melodien auch zehn, zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig, sechzig Jahre nach ihrer Entstehung immer wieder gecovert werden von jungen Musikern überall auf der Welt, die oft nicht mal wissen, wer überhaupt der Komponist ist. Diese Tatsache – so scheint mir – macht aus Theodorakis einen einzigartigen Fall unter allen Komponisten des 20. Jahrhunderts.
LIGHTS OF HOPE From Olympiacos FC to the World Piraeus | Greece | July 19th, 2020
For me as an artist this production was something very special although difficult given the conditions of a threatening pandemic. I would like to thank everyone who participated and helped create such a fantastic work of art in such a short time, especially Ross Ashton, Georg Tellos, Daniel Brune, Achilleas Gatsopoulos, Pavlos Nanos and of course Penny Lagka and Antonis Dimitriadis. – Asteris Kutulas, Berlin
Θα ήθελα να ευχαριστήσω από τα βάθη της καρδιάς μου την ομάδα και τους οπαδούς του Ολυμπιακού για τον ενθουσιασμό και τη εκπληκτική υποστήριξή τους όταν τον περασμένο Ιούλιο μου ανατέθηκε να σχεδιάσω τη γιορτή για την κατάκτηση του πρωταθλήματος του 2020 με τίτλο „Lights of Hope“. Για μένα ως καλλιτέχνη αυτή η παραγωγή ήταν κάτι το πολύ ξεχωριστό αν και δύσκολο δεδομένων των συνθηκών μιας απειλητικής πανδημίας. Θα ήθελα να ευχαριστήσω όλες και όλους που μετείχαν και βοήθησαν στη δημιουργία ενός τέτοιου φανταστικού έργου τέχνης σε πολύ σύντομο χρονικό διάστημα.
Αστέρης Κούτουλας, Βερολίνο
LIGHTS OF HOPE From Olympiacos FC to the World Karaiskaki Stadium | Piraeus | Greece | July 19th, 2020
A Liquid Staging Show Created & Directed by Asteris Kutulas Music by Marios Joannou Elia
***
Projection Art: Ross Ashton Laser Motion Design: Achilleas Gatsopoulos Light Design: George Tellos Laser Design: Daniel Brune Pyro Design: Pavlos Nanos
***
Musical Director: DJ Antonis Dimitriadis Choir of Municipal Conservatory of Piraeus Solist: Alexandra Dermati | Chormaster: Maria Spanou
***
Technical Director: Aris Koudouris Music Production: Nick Elia Laser Programming: Merlin Schaadt Light Programming & Operator: Makis Anastasakis Projection Technicians: Bernd Gröger & Robert Foerster Lighting Coordinator: Irene Samartzi
***
Pyro & Fireworks: Nanos Fireworks Greece Laser Equipment: laserfabrik GmbH Local Production, Light & Sound Equipment: Tempo Events Logistics: Oliver Schulze & Uwe Foerster
***
Many thanks to Olympiacos FC & NOVA TV
Special thanks to Penny Langka, Alexandros Karozas, Kostas Karapapas, George Mandalos, Dimitris Tsingos, Athina Gkizi, Ina Kutulas, Ralph Larmann, Nana Trandou, MEGA TV, Dimitris Koutoulas and to many others
***
Cameras: Ralph Larmann, NOVA TV, Asteris Kutulas Editors: Asteris Kutulas, Nikos Arapoglou, Allexandros Alevras
I would like to thank from the bottom of my heart the team and the fans of Olympiacos for their enthusiasm and amazing support when I was assigned to create and to direct the celebration for winning the 2020 championship entitled „Lights of Hope“. A.K.
***
Olympiacos Football Club celebrated their 45th Championship
On the 19th July, Olympiacos Football Club celebrated their 45th Championship title by winning the Greek Super League Trophy. Taking place amidst an unprecedented crisis and pandemic in Greece, Olympiacos FC wanted this event to be a message of hope and optimism from Olympiacos to Piraeus, from Piraeus to Greece, and from Greece to the World.
They brought in Greek-German artist and director Asteris Kutulas to create a double event, both inside and outside the Georgios Karaiskakis Stadium in Piraeus. His brief was to create the cup presentation event, and to send a message of strength, optimism, perseverance and hope.
The event was made up of two parts. The Super League Cup presentation ceremony took place inside the stadium. The cup presentation ceremony inside the G. Karaiskakis Stadium featured 3D projection mapping, lights, lasers and pyro. This was synchronised to a symphonic soundtrack composed by Marios Joannou Elia.
Outside in Piraeus Harbour there was a public event for the fans.
The events inside the stadium were sent out to LED screens, whilst there was a separate show of lasers, lights and pyro around the water’s edge. The music was remixes of iconic Greek film composers: Mikis Theodorakis (Zorba the Greek) and Manos Hatzidakis (Never on Sunday), created by Alexandros Karozas and DJ Antonis Dimitriadis.
Kutulas had less than 14 days to put the entire event together – from go to show. He quickly reached out to an international group of experts to facilitate the event alongside the team from Greece.
Ross Ashton from The Projection Studio in London led on the content creative for the 3D Projection Mapping.
“Creating a show under the present circumstances was something of a challenge. The short time scale and the travel problems due to COVID-19, meant that we were never going to be able to visit the site. Having such a short time for the creative process meant that there had to be a certain level of trust both on the technical side and the creative process, but we are used to working this way from working on events such as the Royal Edinburgh Military Tattoo. We quickly worked up a storyboard based on the concepts that Asteris gave us and we stuck to that. It took some organising to be able to work like this at a distance, but in the end the results looked great. Even though we only had around 8 days for the video creative, we still managed to have the full show with them for the dress rehearsal. I think it went really well and shows what can be done in this new world of events in which we find ourselves.”, said Ashton
Said Asteris Kutulas, “This event was a symbolic act which used art to help overcome the forced distance between people. We wanted to reach hearts, and connect people together using bridges made of light. „Lights of Hope“ was Greece’s optimistic message to the world for a new and brighter future.”
The 1 + 1 = 1 Germany video clip is my artistic (and ironic) commentary on the 30th anniversary of the German reunification on October 3rd, 2020, a video I made together with Sandra von Ruffin, Achilleas Gatsopoulos, Ina Kutulas and many others based on the fantastic music of The Boy. The BRDDR Reunification Clip.
Many thanks to Alexandros Karozas, THE BOY, Heike Hartmann, James Chressanthis, Alma Dowdall, Fabienne Renner, Nicole & Guido Karp & to all our friends in EAST+WEST = GERMANY
Video clip by Asti Music
Berlin, 3.10.2020
… und morgen fressen wir die Mauer auf, vielleicht (Dresden)
Eine Wand, errichtet auf offener Straße in Dresden, ist etwas anderes als eine Wand, errichtet in Berlin, anderes als ein verhüllter Reichstag und anderes als ein Spiegel in China. Das ganze Ausmaß erkennbar vielleicht vom Mond. Eine Wand zwischen der ehemaligen Mokka-Stube und dem ehemaligen Hotel Newa mit seiner berühmten Diskothek, wo die erlesene Fraktion der Dresdner Szene mit Wodka-Cola zechte. Das geschah zumeist nach Mitternacht.
Nachmittags saß man, Kaffee trinkend, mit den Libanesen, die an der TU oder an der Kunsthochschule studierten, in der benachbarten Eis-Bar und musterte die vorbeidefilierenden jungen Mädels. Mit den Jahren verschwanden allerdings – wie durch ein Wunder – die „Libanesen“, die Jolana-Elektrobässe aus den Schaufenstern des Musikgeschäfts, die selbstverloren dreinschauenden Mädchen und die rührigen Abschnittsbevollmächtigten von der Prager Straße. Verschwunden auch das, worauf sie Obacht gaben: selbstgenähte Umhängetaschen, Beutel mit Makrameeknüpfeinsatz oder einem Stück Gobelin mit Motiv des melancholisch rührenden Hirschen. In letzter Zeit tauchen sie nur noch schemenhaft in der Nähe des Herrenausstatters auf, verstohlen Richtung Intershopeingang blickend oder eilig Kreise um das Rundkino drehend.
Die Jagd ist beendet. Der Große Garten leitet den Kaltluftstrom Richtung Hygiene-Museum. Die Gläserne Frau hat ihre Akte verspeist. Das Paradies der Kaffeesachsen steht nun allen offen.
… wir waren weder im Osten noch im Westen, vielleicht (Berlin)
Alle kannten wir das Märchen von dem Land hinter dem Riesengebirge aus Pudding, in dem einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, die Würste von den Bäumen hängen und wo in den Bächen Cola und Limonade fließen. Das Interessanteste an diesem Märchen war allerdings nicht, was hinter und vor dem Pudding-Riesengebirge lag, sondern war dieses Gebirge an sich, das man erst einmal zu überwinden hatte, bevor man von der einen auf die andere Seite gelangte.
Die Mauer war so etwas wie dieses merkwürdige Gebirge. Der Puddingmatsch das eigentümliche Phänomen, mit dem wir es immer wieder aufnahmen. Mit den Jahren wurde der Pudding nicht weniger, sondern eher mehr. Eine süßliche, wabernde Masse, die einem schon morgens das Maul und die Ohren zu stopfen drohte. Freiheit des Wortes. Die hatten wir zu verteidigen gegen das Sandmännchen, Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, den Schokoladenmohr und die Waschmittelmatrone, gegen Stalin, gegen das Neue Deutschland und die Hörzu. Wer behauptet, wir seien im Osten gewesen, hat keine Ahnung. Wer meint, wir seien im Westen gewesen, irrt. Wir waren weder hüben noch drüben, denn für uns gab es kein Hüben und Drüben. Wir waren in der Mauer, im Gebirge, im Puddinghaufen, ein Wunder, dass wir nicht erstickt sind. Wir waren … was heißt: wir waren … Wir sind.
„A spectacle full of art and emotions“ | Olympiacos FC Press Conference Release
Olympiacos Championship Celebrations 2020. Olympiacos presented the celebrations for winning the 45th league title in his history, on July 16th 2020 in an online press conference, three days before the celebration.
The Sport Director of Olympiacos, Christian Karembeu, revealed the title of the festive event and talked about the solution found through technology for the team to celebrate winning the title with its fans.
“We are really happy because today we have the unique opportunity to talk about an important celebration. Our party this year is entitled ‘The lights of hope’. We have the pleasure to celebrate the 45th championship in the history of our club. Like any team in the world, we would like to celebrate the conquest with our fans. Because of the pandemic, we had to find a solution. I would very much like to talk about the great season we had, about our great victories, about our winning streaks and, of course, about the fact that we have the opportunity to add another title to the history of Olympiacos. I want to add at this moment the initiatives of Mr. Evangelos Marinakis, both in Greece and abroad, because he was always present where there was a need. The show you will watch will be unique, it will be great, it will be full of art and emotions, because football is all about emotions. Therefore, stay safe.”
The internationally renowned artist, Asteris Kutulas, gave details about what will be presented on Sunday night at Georgios Karaiskakis Stadium.
“I thank Olympiacos and Christian very much for his words, for inviting me to contribute to the celebration. I’m a Greek living abroad, I live in Berlin and my occupation is show creation. I was invited by Olympiacos to find a solution for how we’ll celebrate the conquest of the 45th championship in an empty stadium under corona circumstances. I developed an emotional concept, that the people of Olympiacos liked and that in the end will take place.
We’ll bring the fans of Olympiacos, who will be outside the stadium, inside it, but without actually entering! This will be made in a way that they can celebrate with the players at the time of the award ceremony. This will be the emotional peak of the celebration we are preparing. Earlier, there will be a huge multimedia show that will consist of video and laser projections, lights, pyrotechnics and fireworks.
We’ll have a children’s choir and Antonis Dimitriadis, who is the musical director of the whole event. Music always plays a big role in these multimedia shows. It’s the cornerstone of the project. It will combine international pieces with a wonderful composition by Marios Ioannou Elia. Upon it will be built all the whole stadium show.
Message of Hope
We want to send a message of optimism and hope, from Olympiacos to the world, from Piraeus to the world, from Olympiacos and Piraeus to Greece. We combine the Liquid Staging event of the stadium with a multimedia show in Pasalimani, which will also be televised. It will connect music with images made of architectural lasers and lots of fireworks and sparklers.
We want Pasalimani to become red and blue. This will be accompanied with the music of the two emblematic composers, Mikis Theodorakis and Manos Hadjidakis, from two emblematic films, “The Children of Piraeus” and “Zorba”. The music has been exceptionally remixed by Antonis Dimitriadis and Alexandros Karozas and will give us the basis for amazing images that will be broadcasted all around the world. Moreover, “The Children of Piraeus” were also filmed on the clock of Piraeus and this way we can remember the 100 years of Melina Mercouri.
I’m a child of East Germany and I was very happy when the Berlin Wall fell. Here symbolically we do something similar. Through Art and Technology, we tear down the wall of pandemic and bring the fans close to the players in the field.
Footbal and art unite people
It is a very special challenge for me. For all of us artists across Europe, it’s a time of crisis, a time of forced contemplation because everything has been cancelled. Under these circumstances, to give such a sign of hope and optimism is something very special. What we are doing here is the first such event to take place across Europe. When I had the first brainstorm sessions on this project, I met Mr. Marinakis and saw on his arm a tattoo that read “dream”, “love”, “create”, “fight”, “win”, words that are a slogan in football, sports, art and life. They apply everywhere and are humanitarian values. I identified with it and I got inspiration to get to this point, because both football and art unite people. Let’s do something for the people of Piraeus, for the Greeks and for the whole world”. – Asteris Kutulas
An Frau Dr. Marion Gräfin Dönhoff / Redaktion DIE ZEIT – bezüglich des Artikels aus der ZEIT vom 12.9.1991: „Vor vierzig Jahren: Aus der ZEIT vom 13. September 1951“
Sehr geehrte Frau Dr. Marion Gräfin Dönhoff,
ich las gestern Ihren Beitrag „Friederike, Friederike“ in der ZEIT vom 12. September 1991, in dem sich Königin Friederike von Griechenland brüsten darf, humanistische Umerziehungslager für Kommunisten Ende der vierziger Jahre geschaffen zu haben. Gestatten Sie mir bitte – da die Aussagen der Königin nicht nur kommentarlos bleiben, sondern durch den Eindruck Ihres ganzen Beitrags erhärtet werden –, Sie darauf hinzuweisen, daß auf den Verbannungsinseln während des Bürgerkriegs (1946-1949) bis zu 150.000 Linke bzw. Sympathisanten bzw. ehemalige Mitglieder der antifaschistischen Widerstandsbewegung EAM deportiert waren. Inzwischen gibt es genug Zeugnisse (auch auf Deutsch), wie es in diesen Lagern zuging.
Kommunistische Umerziehungslager
Die Behauptung der Königin Friederike von Griechenland, es handelte sich um junge Kommunisten, die gezwungen worden seien, ihr bisheriges Leben mit Rauben und Morden zuzubringen, die nicht lachten und noch nie in ihrem Leben gesungen hatten – ist wahrlich ein Hohn gegenüber fast der gesamten linken Intelligenz Griechenlands, die auf den Verbannungsinseln deportiert worden war. Einer ihrer wichtigsten Vertreter, der Dichter Jannis Ritsos, wurde in diesen „Umerziehungslagern“ fünf Jahre (1948-1952) festgehalten und hat diese Schreckenszeit in seinem Band „Tagebuch des Exils“ (Deutsch: Schwiftingen Verlag, 1979) festgehalten.
Mikis Theodorakis & Makronisos
Ein anderer jahrelang auf Ikaria und Makronisos – der „Hölle“ – Festgehaltener, der Komponist Mikis Theodorakis, hat in seiner Biografie ausführlich das Lagerleben beschrieben. Darin kommt er auch an einigen Stellen auf Königin Friederike zu sprechen. Ich habe mir gestattet, Ihnen zwei entsprechende Auszüge aus dem 3. Band seiner Autobiographie DIE WEGE DES ERZENGELS (1987), die im Dezember dieses Jahres beim Luxemburger Verlag editions phi erscheinen wird, zu notieren:
Bürgerkrieg
„… Alle Griechen waren nach dem Bürgerkrieg gebeugt. Nur der Thron, die Fremden, die Oligarchie und die ihnen dienenden politischen und militärischen Eliten sowie die Polizei: sie triumphierten. Für wen wohl hatte Odysseas Elytis geschrieben: „Und sie werden mit Blüten schmücken den Sieger, der leben wird im Gestank der Leichen“? Für Papagos? Oder für Königin Friederike? …
Abfärbe-Technik
… Die sogenannte Abfärbe-Technik wurde eingeführt. Sie bestand in individuellen und Massenfolterungen, Zwangsarbeit, Durststrafen, moralischen und psychischen Erpressungen. Wenn jemand „zerbrach“, musste er, um die „Echtheit“ seiner Reue zu beweisen, seinerseits zum Folterer werden. So kam es zu einer erstaunlichen Situation, in der die meisten der „Prügler“, wie sie genannt wurden, ehemalige Häftlinge waren. Man erzählte sich, daß in der Ersten Abteilung nur zwei Offiziere Nationalisten waren. Alle anderen seien ehemalige Linke, hieß es. Das „Abfärben“ wurde systematisch betrieben: Verleugnung der Kommunistischen Partei; Bekehrungs-Briefe an die Bewohner der Heimatgemeinde: Briefe an Unbekannte, deren Adressen dem Telefonbuch entnommen wurden; Reden während der „Stunde zur nationalen Erziehung“ um 11 Uhr vormittags vor der ganzen Abteilung; Teilnahme an Pogromen gegen die hartnäckigen und uneinsichtigen Gefangenen; Teilnahme an Prügelaktionen und Folterungen. Für all diese Aktivitäten gab es ein Heft, in das der Verantwortliche die genaue Anzahl der Briefe, der Reden, Folterungen usw. eintrug. Der Kommandant der Abteilung gab persönlich die Einwilligung zum ersten Athen-Urlaub, die höchste „Anerkennung für einen Gefangenen“. Der Kommandant sah ihn von oben bis unten an, kontrollierte bedächtig dessen Heft und sagte: „Nur dreimal geprügelt, und du willst schon nach Athen? Mach fünfmal draus und komm wieder.“ Er musste also noch zweimal prügeln, der beaufsichtigende Gendarm trug das kommentierend in sein Heft ein, und dann bekam der Gefangene den ersehnten Athen-Urlaub. Dieser „Abfärbe-Prozess“ dauerte Monate.
Einsamkeit
… So breitet sich das Gefühl der absoluten Einsamkeit aus. Du bist allein, ausgeliefert der Gnade der entfesselten Elemente der Natur und des Menschen. Keiner kann dir helfen. Auf Makronisos starben Mythen und Götter. Es starb auch das Wesen, das du Mensch genannt hattest. Du warst zu einem Wurm und die anderen über dir zu Ungeheuern verkommen.
Makronisos-Tick
Hinzu kommt das ganze Theater, das die Regierung auf Kosten der Gefangenen inszenierte. Und dieses Theater, das „Becken von Siloah“, wie es von den Offiziellen genannt wurde, hatte jeden Tag eine Fortsetzung mit den verschiedenen Verlautbarungen und Besuchen der Königin Friederike und verschiedener Minister bis hin zu ausländischen Journalisten und einheimischen „Persönlichkeiten“. Die Straßen und das Sanatorium wurden weiß getüncht, ins letztere legten sich Gendarmen und spielten die Kranken. Die Zelte mussten gesäubert werden, die Vorderansicht des Lagers wurde hergerichtet. Und hinter dieser Fassade: Dreck und Hunger, Gefolterte, Verkrüppelte und Tote. Du hast keine Chance, dass dein Martyrium bekannt wird. Du bist isoliert, verurteilt, für immer verloren. Du bist allein, der Gnade deiner erbarmungslosen Folterer ausgeliefert. Da drehst du durch. Irgendeine Schraube in deinem Gehirn oder Nervensystem lockert sich, ein Riemen reißt, und dein Kopf oder deine Hand geraten dir aus der Kontrolle. Der Verrückte von Makronisos ist gewöhnlich ein willenloses Geschöpf mit einem Tick. Ein Geschöpf, das sich in Momenten der Erleuchtung seiner Lage bewusst wird, was anschließend den spastischen Mechanismus nur intensiver auslöst. Noch heute gibt es Menschen, die Tabletten nehmen, um nicht wieder vom Makronisos-Syndrom überwältigt zu werden …“ (Mikis Theodorakis)
Entschuldigen Sie die langen Zitate, die sich weiterführen ließen – aber sie stehen doch in solch einem frappierenden Widerspruch zu den Aussagen der Königin Friederike von Griechenland, dass ich nicht umhin konnte, sie Ihnen mitzuteilen.
Übrigens haben französische Intellektuelle um Aragon und Picasso bereits Ende der vierziger Jahre die Praktiken in den griechischen „Umerziehungslagern“ angeprangert und das königliche Ehepaar deswegen angegriffen, aber auch Bertold Brecht und Stephan Hermlin forderten – wenn ich mich nicht irre – die Auflösung dieser Lager in Griechenland.
ich habe erst Ihren Brief und dann jenen Artikel von vor vierzig Jahren gelesen und dabei ist mir dann wirklich ganz bange geworden.
Ich bin überzeugt, dass Ihre Darstellung und die Zitate zutreffend sind und mein Bericht über die königliche Darstellung sich als abwegig erweist. Aber damals konnte man noch nicht reisen und musste das, was Leute einem erzählten, für bare Münze nehmen.
Da man einen Artikel von vor 40 Jahren heute nicht berichtigen kann, ist Ihr Brief als Leserbrief leider nicht geeignet, aber für mich persönlich ist er eine gute Lehre, und dafür danke ich Ihnen sehr.
Mit bestem Gruß
Dr. Marion Gräfin Dönhoff, Sept. 1991
Es ging um folgenden Abschnitt aus dem am 12. September 1991 wieder abgedruckten Artikel vom 13. September 1951:
Rubrik VOR VIERZIG JAHREN (aus der ZEIT vom 13. September 1951)
… „Sie müssen bedenken“, sagte die Königin, „dass die Kinder in Griechenland seit zehn Jahren überhaupt keinen Unterricht mehr gehabt haben. Fast alle Schulen waren zerstört, und die wenigen, die übriggeblieben sind, wurden für andere Zwecke gebraucht. Und Griechenland ist arm; es dauert sehr lange, das Land wieder aufzubauen. Mein Mann aber ist der Meinung, dass die Erziehung der Kinder und die Ausbildung der Jugend wichtiger ist als alles andere, und so ist es uns im vorigen Jahr gelungen, 360 Schulen neu herzustellen. Ah, das ist ein Anblick, wenn man jetzt durch das Land fährt und sieht diese neuen Gebäude in den Dörfern und kleinen Städten! Es sind keine Paläste, aber eigentlich sind es doch die schönsten Häuser überall.“ Und die junge Königin strahlte, so wie wohl nur die Augen ihrer preußischen Vorfahren aufleuchteten, wenn sie an ihre Garnisonen und Regimenter dachten.
„Wie steht es mit der sogenannten Umschulung der Kommunisten?“ fragte ich, auf das Problem lenkend, von dem ich wusste, dass es ausschließlich auf Grund der Initiative des Königspaars in Angriff genommen war. „Wir haben damit schon vor der endgültigen Niederwerfung der Kommunisten begonnen“, antwortete die Königin. „Wenn Sie das einmal gesehen hätten, diese Gefangenenlager, in denen junge Kommunisten von 15 bis 19 Jahren hinter Stacheldraht eingepfercht waren. Kinder, die gezwungen worden sind, ihr bisheriges Leben mit Morden und Rauben zuzubringen, die nie lachten, keine Spiele mehr kannten, noch nie in ihrem Leben gesungen hatten und deren Ausdruck mehr dem böser Tiere als dem eines Menschen glich – wenn man das gesehen hat, dann sagte man sich, was ihnen fehlt, ist menschliche Nähe und Wärme.“
„Und da haben wir auf der Insel Leros“, so fuhr die Königin fort, „ganz einfach Siedlungen und Lehrstätten eingerichtet, wo Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr, die sich freiwillig in den Gefangenenlagern meldeten, in völliger Freiheit leben können.“ – „Das Schöne ist“, fiel König Paul ein, „dass die Bewohner der Insel alle mit Feuereifer und ohne jedes Entgelt mitwirken. Auch sie empfinden, dass man bei diesen Menschen nicht eine Doktrin mit einer neuen Doktrin austreiben kann …“
… – Fast könnte man diese Griechen beneiden um ihr Königspaar, das so schlicht und selbstverständlich zupackt und den Mut hat, es anders zu machen als bisher, das Wagnis eingeht, in einem neuen Geist wiederaufzubauen …“
South Korea Peace Concert „Let’s DMZ“ (Let’s Demilitarize)
South Korea | Goyang & Uijeongbu | Kintex Centre & Centre of Arts | 19 & 22 September 2019
Since 1953, Korea has been divided. A demarcation line coexistence. Now the time for reunification has probably come. It was a challenge and a great honor to be one of the co-producers of the DMZ Festival in Gyeonggi, the province of the demilitarized zone, and to participate in the artistic concept and in the production of the opening and closing ceremonies.
Artists and personalities from around the world had come to Gyeonggi to help build bridges and develop concepts so that a reunification between South and North Korea could one day become a reality. My partner in South Korea and co-producer of the opening and closing ceremonies, the director of the Gyeonggi Province Art Center, told me: „Since American President Donald Trump made the symbolic step across the border, we hope that a reunification with North Korea will be possible. We want to show that the demilitarized zone can change from a symbol of the Cold War to one of Peace … The beautiful sky that now shines above us should also shine over North Korea. We hope to hold the DMZ Forum next year in North Korea … The sky is sadly beautiful.“
For me, as someone who grew up in a divided Germany and whose family history was determined by the Greek civil war, this trip was something very strange. One day or even hours before the „Fall of the Wall“, it was impossible to think that Germany would be united just one year later.
In South Korea, on the other hand, everyone is talking about reunification, everyone wants reunification, everyone is looking for possibilities of cooperation. In the demilitarized zone economic enterprises are founded. Workers from the South and North work together there, a railroad line is being built between the two countries, but it is not (yet) a bilateral connection; for the time being the train only takes the workers into the „zone“.
The DMZ Forum and the South Korea Peace Concert, in which I participated last year, experts from many countries came together to discuss all aspects of the reunification process and to find solutions. Politically, economically, culturally, ecologically, psychologically. Mr. Lee, an entrepreneur from Seoul, told me: „We will have a lot of problems. It will be a long road. There will perhaps also be losers. But none of that is important. All that matters is that reunification comes.“ Mr. Lee added: „South Korea is already one of the top five economies in the world. After unification with North Korea, we will also overtake Japan.“
Phan Thi Kim Phuc
The DMZ Forum was held at the Kintac Center. Suddenly there, in a black dress, Kim Phúc stood in front of me. A happy, always smiling, impressive woman. The photo, which showed her as a nine-year-old in 1972 during the Vietnam War, naked, flying after the bombing of Trảng Bàng, went around the world. The photo helped to end this war. She says to me with a disarming smile: „We had the division between South and North Vietnam. Now I am here to talk about hope. And also about the fact that some things can change very quickly.“ Phan Thi Kim Phuc, now UNESCO Goodwill Ambassador, known as the “Napalm Girl”: it was June 8, 1972 when the then nine-year-old Vietnamese shocked the world with a photograph depicting her naked running to escape a napalm bombing in Vietnam.
Demilitarized zone(DMZ), region on the Korean peninsula that demarcates North Korea from South Korea. It roughly follows latitude 38° N (the 38th parallel), the original demarcation line between North Korea and South Korea at the end of World War II.
I co-produced these South Korea Peace Concert DMZ events commemorating the first anniversary of the Joint Declaration of the Leaders of North and South Korea to ease military tensions between the two countries.
Maria Farantouri, accompanied by pianist Henning Schmiedt, performs well-known and popular songs by Mikis Theodorakis during the opening ceremony of the DMZ Forum. (19.09, Goyang, Kintex Centre).
Peace Maker Concert. In the first part of the concert, soprano Sunyoung Seo with the Gyeonggi Philharmonic Orchestra and the choir of Uijeongbu City & the Grande opera Choir, under the direction of conductor Jung Nara, performs the 3rd Symphony of Mikis Theodorakis. In the second part, Maria Farantouri -with Henning Schmiedt on piano- performs well-known songs by Mikis Theodorakis, including Denial, in poetry by Y. Seferis, in which the Korean composer and singer Jung Tae-choon collaborates, in Korean, with his musicians. (22.09, Uijeongbu, Arts Center).
Many thanks for the excellent cooperation to Susan Keun-Hang Yang, Menas Kafatos, Maria Chatzara and to all other great South Korean Team!
Olympiacos FC – Lights of Hope Event 2020 by Asteris Kutulas (Interview von Lisa Schaft)
Olympiacos FC Championship Celebration
pma: Herr Kutulas, können Sie uns Ihre Showdesign-Grundidee etwas näher erläutern, die Sie entwickelt haben für den Stadion- und den Hafen-Event anlässlich der Siegesfeierlichkeiten der 45. Griechischen Fußball-Meisterschaft in Athen?
Asteris Kutulas: Ich wollte in dieser außerordentlichen Zeit von Covid-19 etwas sehr Emotionales kreieren und die Olympiakos-Mannschaft, ihre Fans und das TV-Publikum wenigstens symbolisch zusammenbringen und sie auf diese Weise gemeinsam feiern lassen. Um das zu erreichen, habe ich bei meinem Liquid Staging Stadion-Event einen Live-Act mit Projektions-Kunst, mit Licht-Design, mit Musik und mit Laser-Kunst zu einem Gesamtkunstwerk verschmolzen.
Als zweiten Akt inszenierte ich den Pasalimani-Hafen in Piräus „amphitheatralisch“, indem ich diese wunderbare Landschaft und die Architektur des Hafens durch 5 symmetrisch angelegte Punkte, die mit Pyro, Feuerwerk und Laser bestückt waren, tatsächlich zum Leuchten gebracht habe.
Ergebnis waren der Stadion-Event und der Hafen-Event am selben Abend. Die polymediale Show im Stadion ergab ein tolles Gesamtbild und zugleich spannende Detailperspektiven. So konnten die Kameraaufnahmen vom Event für das Fernsehen wie ein Videoclip geschnitten und wie ein solcher gezeigt werden. Immerhin haben wir ja in einem Stadion mit pandemiebedingt leeren Sitzreihen für Millionen von Fernsehzuschauern emotionale Botschaften der Freude und der Hoffnung produziert. Auch der Hafen-Event war für das Fernsehen konzipiert, aber durch die Größe des Hafens konnten viele Menschen diese Augenblicke auch live – zusammen mit der Olympiakos-Mannschaft – erleben.
pma: Über welchen Zeitraum reden wir, wenn wir von der Entwicklung der Ursprungsidee und dem Beginn der organisatorischen Vorbereitungen bis hin zur endgültigen Umsetzung dieser fantastischen Show sprechen?
Asteris Kutulas: Es gab gar keinen „Zeitraum“. Ich bekam am 25.6. eine Einladung, am übernächsten Tag nach Athen zu fliegen, mich mit den Verantwortlichen von Olympiakos zu treffen und innerhalb kürzester Zeit ein Konzept vorzulegen, weil der Event drei Wochen später stattfinden sollte. Ich flog nach Athen, entwickelte innerhalb von zwei Tagen das Konzept für einen Doppel-Event im Stadion und im Hafen und erarbeitete dann mit meinem Team und dem Team von Olympiakos die Kalkulation. Die positive Entscheidung fiel am 6.7., also 13 Tage von dem Event.
Es war eine – im wahrsten Sinne des Wortes – Wahnsinns-Herausforderung und eine unglaubliche Leistung des gesamten Teams, in der Kürze der Zeit parallel zwei Events einer solchen Größenordnung zu stemmen. Mir kam sowohl meine frühere Produzententätigkeit bei den mehr als 40 Gert-Hof-Events zwischen 1999 und 2010 zugute als auch der Umstand, dass ich mich in den letzten drei Jahren intensiv mit Liquid Staging Show-Ästhetik, Bühnen-Design und Konzept-Kunst beschäftigt habe. Ich hatte also fertige Ideen im Kopf, die „nur noch“ auf die Umsetzung warteten.
pma: Es steckt viel Arbeit in einem Design für so eine spektakuläre Show wie diese. Wie viele Menschen bzw. Teams waren daran beteiligt? Wer hat an der Erarbeitung des Designs und an der Umsetzung mitgewirkt?
Asteris Kutulas: Ich konnte mich bei diesem Doppel-Event auf phantastische Kollegen stützen, die innerhalb kürzester Zeit wahrlich „gezaubert“ haben. Ich meine den Projektions-Künstler Ross Ashton aus London, den Lichtdesigner George Tellos und den Feuerwerksdesigner Pavlos Nanos aus Athen, den Grafiker Achilleas Gatsopoulos aus Berlin und den Laserdesigner Daniel Brune aus Hürth. Und natürlich die beiden Komponisten Marios Joannou Elia aus Zypern und Alexandros Karozas aus Frankfurt, aber auch DJ Antonis Dimitriadis aus Athen. Für mich ist die Musik immer die „Mutter“ einer jeden Show, weil sie unmittelbar die Emotionen der Zuschauer anspricht und die Dramaturgie für den gesamten Event bestimmt.
pma: Bei jedem Showdesign ist das künstlerische Anliegen von Bedeutung. Was möchten Sie mit dem Showdesign dieses Events bewirken? Welche emotionale Dimension ist Ihnen wichtig?
Asteris Kutulas: Ich habe diesem Doppel-Event den Titel LIGHTS OF HOPE gegeben. Was den Pasalimani-Hafen in Piräus anbelangt, so ist damit erstmals nach der Covid-19-Anfangswelle 2020 ein Public/TV-Event in einer solchen Größenordnung realisiert worden. Ich wollte mit LIGHTS OF HOPE ein Zeichen der Zuversicht von Piräus in die Welt aussenden. Sowohl der Sport als auch die Kunst bringt Menschen zusammen, also habe ich diese beiden Welten „zusammengebracht“, um genau das zu vermitteln: Haltet zusammen! Kämpft! Liebt! Verliert nicht die Hoffnung!
pma: Gab es Hindernisse, die bei der Organisation und Planung (sowohl des Stadion- als auch des Hafen-Events) berücksichtigt werden mussten bzw. mit denen man rechnen musste? Wenn ja – wie konnten diese Schwierigkeiten bewältigt werden?
Asteris Kutulas: Die Situation der Covid-19-Pandemie schwebte ständig über der gesamten Organisation – wie ein Damoklesschwert –, was sehr viele dadurch bedingte Einschränkungen zur Folge hatte. Aber das größte Problem stellte die Kürze der Zeit, die weder für den Stadion- noch für den Hafen-Event eine Generalprobe zuließ. Das nur als ein Beispiel von mehreren. Wir mussten quasi „blind fliegen und landen“. Aber wir haben es geschafft.
Das Olympiakos-Organisationsteam war großartig; ich habe die letzten sieben Nächte vor dem Event fast gar nicht geschlafen, Ross Ashton schickte die letzten Einzelbildsequenzen für die Projektion am Tag der Show, Daniel Brune erfuhr seine finalen Standorte 24 Stunden vor dem Event und war dadurch gezwungen, sein Laser-Design völlig neu zu justieren und zum Teil neu zu programmieren, Oliver Schulze musste im Stundentakt den Projektions-Content neu einspielen und testen lassen, George Tellos stellte 40 Stunden vor Show-Beginn fest, dass falsche Lampen geliefert worden waren, und der ziemlich komplizierte Aufbau am Hafen wurde erst am vorletzten Tag genehmigt. Das alles klingt doch nach einer recht sportlichen Leistung – oder?
Das Interview führte Lisa Schaft (pma)
CREDITS | Lights of Hope From Olympiacos FC & Piraeus to the World
Olympiacos FC Championship Celebration
Created & directed by Asteris Kutulas Music Marios Joannou Elia, Alexandros Karozas & DJ Antonis Dimitriadis
Choir of Municipal Conservatory of Piraeus conducted by Maria Spanou Projection Art Ross Ashton Laser Motion Design Achilleas Gatsopoulos Light Design George Tellos Laser Design Daniel Brune Pyro & Fireworks Design Pavlos Nanos Musical Directors DJ Antonis Dimitriadis & Alexandros Karozas —————————– Technical Director Aris Koudouris | Music Production Nick Elia & Alexandros Karozas | Light Programming & Operator Makis Anastasakis | Lighting Coordinator Irene Samartzi | Laser Programming | Bas Verstraelen & Merlin Schaadt | Media Technician Bernd Gröger | Projection Technician Robert Foerster | Technical Director Light & Video Equipment Oliver Schulze | Logistics Uwe Förster —————————– Pyro & Fireworks Nanos Fireworks Greece | Laser Equipment laserfabrik GmbH | Projection & Ligh