LIQUID STAGING – Ein Manifest (2016)
Die „Verräumlichung des Films“ als Grundlage einer neuen Bühnen-Aufführungsform und für neue Show- und Film-Formate
Liquid Staging
… ist die Grundlage für neue, innovative, räumlich produzierte Show- und Event-Formate
… bedient die emotional-geistigen Bedürfnisse und Anforderungen unseres digitalen Zeitalters
… ermöglicht „hybride Gesamtkunstwerke“, basierend auf den neuesten technologischen Errungenschaften des 21. Jahrhunderts
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Das „Liquide Bühnenbild“ ist ein alle gestalterischen Komponenten vereinigendes hybrides „Medium“. Zu diesen Komponenten gehören Film, Bühne, Schauspiel, Tanz, Gaming, Musik, Sound, Licht, Design, Architektur, digitale Kunst, virtuelle Realität etc.
Das „Liquide Bühnenbild“ ist ein sich ständig wandelndes und unablässig seine Rolle wechselndes „Medium“.
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Das „Liquide Bühnenbild“ ist ein von der ersten bis zur letzten Sekunde der Show oder des Events durchkomponierter „Film“.
Das „Liquide Bühnenbild“ bespielt nicht nur den Bühnenhintergrund, sondern auch die gesamte Bodenfläche, die Bühnenraum-Deckenfläche, die Seitenwände und – je nach Storyboard – den gesamten Zuschauerraum.
Das „Liquide Bühnenbild“ bezieht die Architektur des „Theaterbau“-Innenraums und – wenn erforderlich – der „Theater-Außenfassade“ mit ein und „definiert“ sie neu.
Mit dem „Liquiden Bühnenbild“ entsteht ein „hybrider Erlebnis-Raum“, in dem sich eine neue „osmotische“ Aufführungsform mit den technisch-digitalen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts realisieren lässt. („Hybrid“ meint hier immer die räumlich produzierte, unauflösbare Verbindung von filmisch-visueller und realer Handlung.)
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Liquid Staging überwindet vollständig die Grenzen zwischen „Bühne“ und „Film“.
Das „Liquide Bühnenbild“ erschließt dem Medium Film neue, genreübergreifende Einsatzmöglichkeiten und begründet eine neue Art von räumlicher Show-Produktion. Mit „Show“ sind in diesem Zusammenhang alle möglichen Aufführungsformen gemeint (z.B. Event, Theater, Konzert, Ballett, Oper, Musical, Performance, Ausstellung, Keynote, Produktpräsentation, Modenschau usw.).
Durch „Liquid Staging“ ergeben sich viele innovative Optionen, wobei folgende Aspekte ausschlaggebend sind:
- Das sich jeden Augenblick wandelnde „Liquid-Staging-Bühnendesign“ kann, der Show-Dramaturgie folgend, sowohl eigenständig als auch simultan statisch und/oder filmisch und/oder eingebettet und/oder interaktiv eingesetzt werden.
- Die Kino-Illusion löst immer wieder die Theater-Illusion ab (entsprechend den Vorgaben des Storyboards), um schließlich hinter dieser zu verschwinden und abermals in den Vordergrund zu rücken – ein fortlaufender, organischer Prozess während der gesamten Show. Auf diese Weise wird das „Bühnenbild“ phasenweise zum „Kinofilm“ und der „Kinofilm“ dann wieder zum „Bühnenbild“.
- Die Darsteller auf der Bühne werden ihrerseits immer wieder zu Protagonisten einer „Filmhandlung“. Sie sind während der Aufführung sowohl Theater- als auch „Filmdarsteller“ und wirken wie das verbindende Element in diesem neuen Liquid-Staging-Erlebnisraum.
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Das Medium Film kann – in seiner Funktion als wichtigstes Element des „Liquiden Bühnenbilds“ – in mindestens vierfacher Weise eingesetzt werden:
1) als großes erzählendes „Kino“ (z.B. einzelne Filmsequenzen, Szenenübergänge)
2) als eingebettetes „Bewegtes Bühnenbild“ (mit variierender Dynamik, Erzählform, Ästhetik etc., in Abhängigkeit von der Storyline und der Musik)
3) als ein mit den Darstellern bzw. diversen Bühnenelementen und Props interagierendes Medium (Mapping-Effekte etc.)
4) als ein Medium, das den Zuschauerraum in die Show mit einzubeziehen vermag
Der von der ersten bis zur letzten Sekunde mit Musik, Licht, Bewegung, Text, Props und Kostüm etc. korrespondierende „Liquid-Staging-Film“ braucht völlig neue Ansätze, damit er „funktioniert“ und damit die emotionalen Wirkungsmöglichkeiten, die „Kino“ hat, für das Bühnengeschehen genutzt werden können.
Das Konzept der „Verräumlichung des Films“ führt zwangsläufig zu einer ganz neuen Definition des Berufsbildes
… des Autors – Drehbuchautor, Theaterschriftsteller, Dramaturg und Choreograph in einer Person
… des Regisseurs – der sowohl Theater- als auch Show-, Tanz-, Gaming- und Filmregie beherrschen muss
… des Bühnenbildners – der zugleich Filmregisseur, Art Director, Szenograph und Motion-Grafiker sein sollte
… des Projektions-Künstlers und Licht-Designers – deren verschiedene Arbeitsbereiche zu denen des Liquid-Stage-Designers verschmelzen
Durch die Liquid-Staging-Ästhetik verändern sich folglich auch Aufgabenumfang und Arbeits-Methodik in den Bereichen Kostüm-Design, Musik/Sound-Komposition sowie -Produktion, Prop-Entwicklung und -Herstellung etc.
Liquid Staging – das bedeutet zugleich eine neue Herausforderung für alle involvierten technischen Gewerke.
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Das „Liquide Bühnenbild“ impliziert eine neue Show/Event-Philosophie.
Asteris Kutulas, 2010/2016
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Danksagung
In seiner Ausgabe 5/2021 veröffentlichte das PMA – Das Reportage-Magazin für die Veranstaltungsbranche erstmalig in Deutschland mein „Liquid Staging“ Konzept, und zwar als Titelstory. Von meinem Herzen Dank an Ray Finkenberger-Lewin, an Lisa Schaft, Ralph Larmann und dem PMA Magazin.
Aber die #liquidstaging Ästhetik hätte ich ohne den Input von Ina Kutulas, Achilleas Gatsopoulos, Gerd Helinski, Alexander Strizhak, Ross Ashton, Michalis Argyrou, James Chressanthis, Alto Metzger & dem PRG: Deutschland Team, Lars Krückeberg und den Graft Architects, den PIXOMONDO-Kreativen und dem BLACKSPACE-Team niemals soweit entwickeln können. Mein Dank geht für die Unterstützung in den Jahren 2016 und 2017 auch an die Apassionata World GmbH.
Dank auch für den Abdruck der griechischen Fassung des Liquid Staging Manifests der Zeitschrift HARTIS und für seine Übersetzung & seinem Einleitungstext Paris Konstantinidis.
Schliesslich geht mein Dank an Thorsten Schaumann und den Internationalen Hofer Filmtagen für die Weltpremiere unserer Liquid Staging Installation Electra 21 und der Verleihung des Hans-Vogt-Filmpreises.
Asteris Kutulas, November 2021