Margarita Theodorakis, Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Paradiesische Höllen

Mikis Theodorakis – Paradiesische Höllen

Gedichte & Liedtexte

Übersetzt von Ina & Asteris Kutulas
Mit Geleitworten von Konstantin Wecker, Hans-Eckardt Wenzel, Ina Kutulas & Guy Wagner
Illustrationen von Angela Hampel & Fotos von Margarita Theodorakis
Herausgegeben von Asteris Kutulas & Raphael Irmer
Gewidmet Ariel Parker & Guy Wagner
Hardcover mit Lesebändchen, 184 Seiten, 26,00 €
axel dielmann-verlag, Frankfurt am Main 2025

100 Jahre Mikis Theodorakis! Ein Komponistenleben zwischen Himmel und Hölle, auf Leben und Tod wie kein zweites. Seine Musik, seine Texte seine Biografie, sie reflektieren die Dramatik eines Jahrhunderts der Kriege und der Innovationen. Roger Willemsen hat es auf den Punkt gebracht: „Europa hatte keinen Che Guevara … es hatte Mikis Theodorakis“. Theodorakis, der charismatische Künstler, nicht zuletzt wegen der Filmmusik zu „Zorbas“ weltweit bekannt, stand auch für die Freiheit seines Landes und die Freiheit des Wortes auf der Bühne. Nicht den Elfenbeinturm suchte er, sondern den Dialog mit dem Publikum. Mit diesem teilte er die Erkenntnis von der „Sehnsucht jedes Menschen, Tänzer zu sein“.

Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Ina Kutulas, Paradiesische Höllen, Konstantin Wecker, Angela Hampel
Foto © Margarita Theodorakis

Am 29. Juli 2025 begehen wir seinen 100. Geburtstag. Ihm zu Ehren erscheint im axel dielmann verlag erstmals ein Band mit all seinen Gedichten in deutscher Übersetzung. Ina Kutulas und Asteris Kutulas haben die Gedichte versammelt und ins Deutsche übertragen, Asteris Kutulas und Raphael Irmer haben den Band editiert. Konstantin Wecker, der Theodorakis mehrfach begegnet ist, hat eines der zwei Grußworte zu dem Band geschrieben. Das andere Grußwort kommt vom Liedermacher, Autor, Komponisten und Sänger Hans-Eckardt Wenzel. Zwei wunderbar seelenverwandte und Theodorakis auch musikalisch und ästhetisch verbundene Stimmen.

Die Zeichnungen der Dresdner Künstlerin Angela Hampel illustrieren den außergewöhnlichen Zyklus „Sonne und Zeit“. Und was wäre dieser Band ohne eine Auswahl von Fotos, die seine Tochter Margarita Theodorakis zur Verfügung gestellt hat!

Margarita Theodorakis, Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Paradiesische Höllen, Myrto Theodorakis
Photo © Margarita Theodorakis

Die Lektüre von „Paradiesische Höllen“ macht es möglich, Theodorakis‘ Entwicklung als Lyrik-Autor mitzuverfolgen. Seine Dichtung umfasst Texte aus den frühen Vierzigerjahren, Texte, deren Atmosphäre den philosophierenden, jugendlichen, schwärmerischen Geist eines Verliebten erleben lässt, aber auch Texte, die Theodorakis viel später, in Zeiten extremer existenzieller Bedrohung schrieb, um nicht verrückt zu werden, um etwas gegen einen „toten Punkt des Seins“ aufzubieten, Texte für Lieder-Zyklen und Texte, die fast schon Lang-Gedichte sind. Erotische und Liebes-Gedichte wie auch Kämpferisch-Politisches lassen die innere Stimme des rebellischen jungen Mikis wie auch die des gar nicht viel ruhiger gewordenen älteren Theodorakis vernehmen, immer mit kraftvoller Wachheit für das Ungenügende, Ungerechte und Unmenschliche, stets mit einem zärtlichen Gefühl für das Schöne und Großartige, für das Menschliche.

Angela Hampel, Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Paradiesische Höllen
© Angela Hampel

Gegliedert ist der Band in drei Teile: die Gedichte, die Liedtexte und der Zyklus „Sonne und Zeit“. Ihnen folgen ein Text-Tryptichon zu Theodorakis von Ina Kutulas und ein informatives Nachwort des Luxemburger Theodorakis-Biografen Guy Wagner.

Theodorakis vertonte die Lyrik dutzender Dichter und Dichterinnen und machte sie weltweit bekannt. Mit „Paradiesische Höllen“ geht es jetzt um ihn selbst als Autor. Hier werden seine eigenen Texte in den Fokus gerückt, denn wie seine Musik sind auch sie Zeugnisse seines so bewegten Lebens in einem stürmischen Jahrhundert.

Margarita Theodorakis, Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Paradiesische Höllen, Myrto Theodorakis
Photo © Margarita Theodorakis

Aus den Geleitworten

Hier also seine Gedichte. Seine Lyrik will gehört werden, und ich rate allen Leser:innen, die noch keinen Zugang zur Lyrik gefunden haben, sich die Worte von Mikis Theodorakis auf der Zunge zergehen zu lassen und sich seine Gedichte selbst vorzutragen. Gedichte sind Musik, und genauso sollte man sie in sich aufnehmen.
Konstantin Wecker

Musik setzt ein. Etwas zwischen Sonne und Zeit, Suppenlöffel und Navigationssystem. Die Schwalbe findet nicht zurück. Musik setzt aus. Aber die Ameisen auf ihrem Hochzeitsflug werden das System verraten. Felsbrocken stürzen, ich und ich, in Sonne und Zeit. Delphin, save our souls! Man schreibe das Jahr Jetzt-und-Hier, das Jahr Theodorakis, das Jahr Du.
Ina Kutulas

Mikis Theodorakis, Bruder Schuberts und Eislers im Schlepptau der Lieder, der Volkslieder, die, anders als die Songs der Pop-Artisten, sich am Schicksal der Verlierer, Ausgegrenzten und Unterdrückten formen, Mikis, deine Sprache weiß alles darüber, auch ohne das große Orchester. Still sind die Poeme und doch wecken sie den Widerstand.
Hans-Eckardt Wenzel

Margarita Theodorakis, Mikis Theodorakis, Asteris Kutulas, Paradiesische Höllen, Myrto Theodorakis
Photo © Margarita Theodorakis

In den paradiesischen Gärten meines Schädels
reist eine gelbe Sonne auf den Flügeln der Zeit

es folgen Vögel mit hölzernen Flügeln
es fliegen Engel in Jets voraus

pompöse Prozession über Bananenbäumen
über Eukalyptusbäumen und Tannenbäumen die überschatten
meines Hirns linke Hälfte

überschattet die rechte Hälfte von Nymphen Himmelshuren
rote Eidechsen unter Jasmin
hören die Wasserfälle die verschwinden
in den Kloaken meines Rückenmarks
es beginnt dort die Erde endet das All.

Plötzlich erstarrt die pompöse Prozession
sechs Uhr Nachmittag
genau um sechs
stoppen Prozession Sonne Zeit

nur die Vögel reisen
mit ihren Holzflügeln schlagend
und die Jets
ebenfalls engelsgleich.

Mikis Theodorakis, aus: Sonne & Zeit, 1967

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Photo © Margarita Theodorakis